Eine Präsidentin aus Deutschland
Porträt Kristina Hammer, erfolgreich im Marketing berühmter Autofirmen, wird künftig das Erscheinungsbild der Festspiele in Salzburg schärfen
Als im Spätsommer Michael Sturmingers amüsante Salzburg-Filmsatire erschien und die einheimische Festspielpräsidentin Helga Rabl-Stadler unter gebührender medialer Aufmerksamkeit ihre letzte Saison abgeschlossen hatte, da wurde das Vergrößerungsglas verstärkt auf jene Anforderung an die Festspielpräsidentin gerichtet, die – neben Kontaktpflege und Repräsentationspflichten – verlangt, auch ein Kindermädchen für alle zu sein. Alle: Das umfasst konkret die Künstler-Rasselbande, die mit ihren Ansprüchen und Eitelkeiten ins sommerliche Salzburg einfällt – und hier und da mit Absage-Androhungen berühmter Dirigenten, provokativer Regisseure, gottbegnadeter Sängerinnen eine explosive Gruppendynamik auslöst.
Das nämlich hat Helga RablStadler in ihrer 26-jährigen Präsidentschaft auch geleistet: Befriedung in Krisensituationen, Vermittlungsarbeit, gutes Zureden, wenn kunstbedingt die Emotionen hochschossen ...
Kein Wunder, dass dies nun auch von ihrer Nachfolgerin erhofft wird. Verbrämt durch die Erwartung auf „hohe soziale Kompetenz“– und explizit abgegrenzt gegenüber den künstlerischen Entscheidungen des Intendanten Hinterhäuser beziehungsweise den wirtschaftlichen Entscheidungen des kaufmännischen Direktors.
Kristina Hammer heißt die Nachfolgerin Helga RablStadlers ab Januar 2022 für fünf Jahre. Indem die Wahl – unter 32 Bewerbungen – auf sie fiel, wird auch klar, was das Festspielkuratorium noch vor aller sozialen Kompetenz als besonders dringlich für das Festival ansieht. Denn die 52-jährige promovierte Juristin hat sich in der Wirtschaftswelt ihren guten Namen erarbeitet, indem sie Markenprodukte neu positionierte – speziell in der Autobranche, unter anderem Ford, Jaguar, Aston Martin, schließlich Mercedes-Benz, bevor sie sich mit ihrer Tätigkeit am Zürichsee in der Schweiz selbstständig machte.
Einst Autos und sonstige Luxusgüter, künftig ein großer Kulturbetrieb der öffentlichen österreichischen Hand, wo liegt da die Verbindung? Sie liegt im Schlüsselbegriff „PremiumMarke“, als die sich auch die Salzburger Festspiele nicht unberechtigt begreifen. Und das bedeutet: Schützen, Ausbauen, Schärfen dieser Premium-Marke sowie, ganz wichtig, Pflege der vorhandenen Mäzene und Sponsoren plus Erweiterung dieses illustren Kreises. Kommt zu Audi nun auch noch Mercedes dazu, so darf man zugespitzt fragen.
Bei all dem steht die in Karlsruhe geborene Deutsche Kristina Hammer, verheiratet mit einem Österreicher, zwei Kinder, der Kunst alles andere als fremd gegenüber: Besuche der Salzburger Festspiele seit ihrer Kindheit, erklärt sie, und in der Schweiz war sie in verantwortlichen Positionen zudem am Opernhaus Zürich und bei den Festspielen von Luzern tätig. Jetzt aber wird sie als Präsidentin in Salzburg auch eine Nachfolgerin von Richard Strauss sein. Welche Ehre! Rüdiger Heinze