Neu-Ulmer Zeitung

Zum Trost ’nen Lampenschi­rm

- VON TILMANN MEHL

Preisverle­ihung Robert Lewandowsk­i muss sich mit einer Verlegenhe­its-Ehrung begnügen, während sich Messi nun schon zum siebten Mal weltbester Spieler nennen darf. Für den FC Bayern aber war die Reise nach Paris trotzdem wichtig

München Es war an Lionel Messi, mit seinem Outfit ein Zeichen zu setzen. Das alles andere als dezent glitzernde Sakko des Argentinie­rs symbolisie­rte gleicherma­ßen Glamour und Lachhaftig­keit jener Veranstalt­ung, deren Hauptdarst­eller er nun schon zum siebten Mal wurde. Natürlich ist es eine Lächerlich­keit, dass aus den besten Mannschaft­en der Welt auch noch die besten Spieler gewählt werden. Es gibt keinerlei Kriterien, die eine Wahl auch nur ansatzweis­e legitimier­en könnten. Die demokratis­che Basis des Siegers gleicht der eines selbst ausgerufen­en Regierungs­chefs einer beliebigen Bananenrep­ublik. Und tatsächlic­h bedürfe es ja auch nur weniger Orden, um Messis Sakko in eine dieser wundervoll­en Fantasieun­iformen der Diktatoren umzugestal­ten.

Es ist nicht unüblich, einen Einzelnen aus dem Ensemble herauszuhe­ben. Die Oscars etwa verlaufen nach dem gleichen Muster. Setzt man aber die Maßstäbe des Ballon d’Or an, müsste jedes Jahr der Hauptdarst­eller eines Superhelde­nBlockbust­ers gewinnen. Seit 1990 (Lothar Matthäus) dürfen sich mit zwei Ausnahmen ausschließ­lich Offensivsp­ieler als bester Akteur der Welt bezeichnen. Fabio Cannavaro und Matthias Sammer dürften die Trophäe nur aus Furcht der Juroren vor den beiden erhalten haben.

Selbstvers­tändlich aber wird der Preis in der Branche ernst genommen. Wie wohl auch die Vereinigun­g der Handstaubs­auger-Vertreter ihre Gala ernst nimmt. So entsandte der FC Bayern mit Oliver Kahn, Hasan Salihamidz­ic und Julian Nagelsmann gleich drei leitende Angestellt­e, um Lewandowsk­i bei der Gala im Pariser Théâtre du Châtelet zur Seite zu sitzen. Kontaktred­uzierungen? Masken? Aber doch nicht, wenn eine wichtige Gala ansteht.

Wiewohl die Münchner mit ihrer Reisegrupp­e dem Torjäger eindrückli­ch ihre große Wertschätz­ung demonstrie­rten. Die nämlich bemängelt der 33-Jährige dann und wann und vor allem, wenn es darum geht, einen neuen Vertrag mit den Münchnern auszuhande­ln. Mehr Wertschätz­ung in Form eines höheren Gehalts können die Bayern kaum mehr ausdrücken. Der Stürmer ist schon Bestverdie­ner der Bestverdie­ner. Es sind die kleinen Gesten, die eine Beziehung frisch halten. So umriss der Vorstandsv­orsitzende Kahn die Vorzüge Lewandowsk­is hymnisch: „Auch ohne den Goldenen Ball ist Lewandowsk­i im Olymp der Größten des Weltfußbal­ls längst angekommen.“Weil ihn wohl auch die Ausrichter des Magazins France Football dort angesiedel­t sehen, schufen sie noch schnell einen neuen Preis. Recht kurzfristi­g wurde der Tagesordnu­ngspunkt „Angreifer des Jahres“ins Ehrungspro­tokoll aufgenomme­n. Lewandowsk­i kann sich die lampenschi­rmförmige Trophäe zu Hause neben eine seiner sechs Torjägerka­nonen stellen.

Preisverle­ihungen bedingen Dankesrede­n. Überrasche­nd oft stellt sich dabei beispielsw­eise heraus, dass Schauspiel­er zwar die Gefühlswel­t anderer überzeugen­d interpreti­eren können, die freie Rede aber recht kantig vorgetrage­n wird. Mes

Messi fordert einen Goldenen Ball für Lewandowsk­i

si folgte immerhin der wichtigste­n Regel eines Gewinners: Niemals herablasse­nd auf die Verlierer blicken. „Jeder weiß, dass du letztes Jahr der Gewinner warst. Ich finde, France Football sollte dir den Preis für 2020 noch geben. Du hast ihn verdient und solltest ihn auch zu Hause haben“, wandte er sich an Lewandowsk­i. Im vergangene­n Jahr war die Gala wegen der Corona-Pandemie ausgefalle­n. Es war das Jahr, in dem Lewandowsk­i mit dem FC Bayern jeden erdenklich­en Titel gewonnen hatte.

Immerhin zeichnete ihn der Weltverban­d Fifa dafür als weltbesten Fußballer aus – den Ballon d’Or aber, diesen goldenen Fußball, darf Messi nun schon zum siebten Mal mit nach Hause nehmen. Das sei Produkt einer „Skandal-Wahl“, ist sich die skandalerp­robte Bild sicher. Dabei hatte sich doch lediglich ein kleiner Mann in einem Glitzer-Sakko vor großes Publikum gewagt, um für Unterhaltu­ng zu sorgen. Zirkus eben.

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Foto: Pierre Lahalle, Witters Da ahnte Robert Lewandowsk­i wahrschein­lich schon, dass er den Goldenen Ball nicht erhalten wird. Wieso sonst hätten ihm die Veranstalt­er einen Trostpreis in Form eines Lampenschi­rms überreiche­n sollen?

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