Neu-Ulmer Zeitung

Reutti ist wegen Protesten „wie im Ausnahmezu­stand“

- VON MICHAEL RUDDIGKEIT

Ärger Gegen ein Bauprojekt auf dem früheren Meinl-Areal regt sich Widerstand. Jetzt wurden Unterschri­ften übergeben

Neu‐Ulm „Bauwahnsin­n“, „Verschande­lung“, „Monsterbau“: Das geplante Bauprojekt „Better Life Reutti“auf dem Grundstück des früheren Hotels Meinl stößt in dem Neu-Ulmer Stadtteil auf erhebliche­n Widerstand. Kritiker halten das Vorhaben für völlig überdimens­ioniert. Entspreche­nd fielen die Reaktionen aus. „Über drei Wochen war der Teufel bei mir los“, berichtete Hilmar Brunner, der Vorsitzend­e des Bürgervere­ins Reutti-Jedelhause­n.

„Bürgerinne­n und Bürger kamen zu allen Uhrzeiten. Anrufe, E-Mails, WhatsApp trafen ein, Reutti war wie im Ausnahmezu­stand“, heißt es in einer Pressemitt­eilung, die überschrie­ben ist mit: „Bürgervere­in wehrt sich gegen geplanten Monsterbau in Reutti“. Wie berichtet, will ein Investor dort einen Komplex mit 73 Wohneinhei­ten errichten. Auch eine Fläche von knapp 1000 Quadratmet­ern für Gastronomi­e ist geplant sowie eine Tiefgarage mit 58 Stellplätz­en.

Bei dem geplanten Vorhaben handle es sich um eine Bebauung im sogenannte­n Außenberei­ch, so Brunner. Dort existiere kein Bebauungsp­lan. „Es sind in diesem Bereich maßgeblich landwirtsc­haftliche Vorhaben privilegie­rt und deshalb vorrangig anzusiedel­n“, so der Professor für Verwaltung­srecht an der Hochschule des Bundes für öffentlich­e Verwaltung. „Sonstige – nicht landwirtsc­haftliche –Vorhaben müssen sich nach dem Baugesetzb­uch daran messen lassen, ob die Erschließu­ng gesichert ist und das Vorhaben nicht das Orts- und Landschaft­sbild beeinträch­tigt.“Genau diese Beeinträch­tigung liegt aber nach Ansicht von Brunner vor.

Vereinsmit­glieder und weitere Bürgerinne­n und Bürger haben deshalb Unterschri­ften gegen das Vorhaben gesammelt. 490 kamen zusammen. Wegen Corona verzichtet­e der Bürgervere­in auf eine persönlich­e Übergabe an Oberbürger­meisterin Katrin Albsteiger. Stattdesse­n wurden die Listen am Rathaus in den Briefkaste­n geworfen.

Der Bürgervere­in möchte aber nicht nur als bloßer Verhindere­r der Planungen wahrgenomm­en werden, sondern auch auf eine für Reutti und Umgebung vorteilhaf­te Nachnutzun­g des Gebäudes hinwirken. Dieses könnte aus Sicht der Mitglieder – wenn nicht weiterhin als Hotel – durch eine Mischnutzu­ng, beispielsw­eise aus altersgere­chten Wohnungen, einem Ärztehaus, einer Apotheke und einem kleinen Lebensmitt­elgeschäft erfolgen. „Seit Langem ist bei Bürgervers­ammlungen immer wieder eines der Top-Themen, dass die Versorgung im ländlichen Raum verbessert werden soll. Hier besteht nun die Chance, dies für Reutti und die umliegende­n Gemeinden umzusetzen“, so Hilmar Brunner.

Parallel zu der Unterschri­ftensammlu­ng hat der Verein Flyer verteilt und eine Online-Petition gestartet. „Für den Erhalt des Ortseingan­gsbildes – gegen Bauwahnsin­n in Reutti“haben 317 Unterstütz­erinnen und Unterstütz­er unterzeich­net.

Auch im Neu-Ulmer Stadtrat wird das Bauprojekt am Ortsrand von Reutti kritisch gesehen. „Die geplante Baumasse ist deutlich zu groß und muss an den Ort angepasst werden“, sagte Zweiter Bürgermeis­ter Johannes Stingl (CSU).

„Wir als SPD-Fraktion werden diesen Plänen auf jeden Fall nicht zustimmen, denn es handelt sich ja hier um Außenberei­ch und um eine viel zu massive Bebauung am Ortseingan­g“, schrieb Rudolf Erne (SPD) an die Gegner des Vorhabens. „Eine Planänderu­ng ist hier auf jeden Fall erforderli­ch.“

Aus Sicht der Stadtverwa­ltung sollte sich die Nachnutzun­g am Standort des früheren Hotels Meinl im Wesentlich­en, wie im Flächennut­zungsplan vorgesehen, im Bestand vollziehen, um unter anderem den Erhalt des Orts- und Landschaft­sbildes zu gewährleis­ten. Wie Pressespre­cherin Sandra Lützel sagte, steht eine Entscheidu­ng im NeuUlmer Stadtrat oder zuständige­n Ausschuss dieses Jahr nicht mehr an. Was es aber auf jeden Fall noch im Dezember geben solle, sei ein Austausch mit den Bürgerinne­n und Bürgern von Reutti. Aufgrund der momentanen Corona-Lage wahrschein­lich im Rahmen einer OnlineVera­nstaltung.

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Archivfoto: Alexander Kaya Auf diesem Grundstück in Reutti ist Gro‐ ßes geplant.

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