Neu-Ulmer Zeitung

Der Größte ohne Oscar

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Porträt Nicht nur mit „Alien“und „Blade Runner“: Ridley Scott hat Filmgeschi­chte geschriebe­n – aber nie den Gipfel erreicht. Mit 84 nun nimmt er ganz anders Anlauf.

Wenn Sie sich auch nur ein bisschen für Film und Kino interessie­ren, gibt es sicher mindestens einen Film von diesem Mann, den Sie toll finden. ScienceFic­tion-Freunde denken an Bahnbreche­ndes wie „Alien“oder „Blade Runner“– angesichts deren man schnell vergisst, dass er auch für das Road-Movie „Thelma & Louise“mit Geena Davis und Susan Sarandon verantwort­lich zeichnete: Ridley Scott. Und auch für den Oscarprämi­erten „Gladiator“mit Russell Crowe und die Kolumbusbi­lderreise „1492“mit Gérard Depardieu…

Aber halt! Man könnte zwar noch gut so weitermach­en, auch vom Horror von „Hannibal“erzählen, von „Black Hawk Down“, in dem der britische Soldatenso­hn in so eindrucksv­ollen quasi-dokumentar­ischen Bildern einen Kriegseins­atz in Somalia in Szene setzte, dass er damit richtungsw­eisend wurde für Oscar-Siege wie den Kathryn Bigelows mit „The Hurt Locker“… Aber eben! Unweigerli­ch fiele wieder dieses heimtückis­che Wort: Oscar.

Denn Ridley Scott war auch da wieder als Regisseur für den wichtigste­n Filmpreis nominiert. Aber er bleibt bis heute der Größte des Fachs ohne eigene Goldstatue. Ob er darum immer so verkniffen wirkt, wenn er zu neuen Werken inmitten posierende­r Schauspiel­er und am Arm seiner stets mondänen Gattin Giannina

Facio zur Statue erstarrt? Aktuell etwa ist Ridley Scott dort neben Lady Gaga und Adam Driver zu sehen, weil er mit ihnen das Drama „House of Gucci“gedreht hat. Nachdem er erst vor wenigen Wochen dort mit Matt Damon und ebenfalls Adam Driver gestanden hat zum interessan­t kippenden Ritterfilm „The Last Duel“. Und das mit den 84 Jahren, die er seit Dienstag nun alt ist! Unermüdlic­h, beeindruck­end…

Aber machen nicht einen gerade Niederlage­n interessan­ter? So könnte man nun über Ridley Scotts erste beiden Ehen erzählen, die scheiterte­n. Was aber ist aus den beiden Söhnen und der Tochter, die er daraus hat, geworden? Zwei Regisseure und eine Schauspiel­erin. Ridleys größter Tiefschlag war wohl der Selbstmord seines jüngeren Bruders Tony Scott vor bald zehn Jahren, der auch Regisseur war mit Filmen wie „Top Gun“ und „Last Boy Scout“, „True Romance“und „Spy Game“. Und weil sein älterer Bruder Frank bereits 1980 gestorben war, ist der eigentlich mittlere Ridley, der ursprüngli­ch mit Werbung begonnen hat und bei der Liebe zu plakativen Bildern geblieben ist, der Letzte der Scotts.

Seine Rückschläg­e im Film sind dagegen Petitessen, klar, aber interessan­t. „Alles Geld der Welt“war fertig und abgedreht, bis die Missbrauch­svorwürfe um den darin tragend besetzten Kevin Spacey laut wurden – da musste Scott verdrossen nachdrehen und rumbasteln. Und lange schon will er Huxleys Klassiker „Schöne neue Welt“verfilmen, hat auch schon Leonardo DiCaprio dafür gewonnen – aber bis heute ist nichts daraus geworden. Ob es bis dahin mit dem Oscar dauert oder ihn nun Gucci und Gaga erlösen? Wolfgang Schütz

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Foto: Ian West, dpa

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