Neu-Ulmer Zeitung

Das ist der Corona‐Plan der SPD

- VON CHRISTIAN GRIMM

Pandemie Die SPD hat für die zweite Not-Konferenz der Ministerpr­äsidenten einen Plan aufgestell­t. Er reicht von impfenden Apothekern bis zu bundesweit geschlosse­nen Bars.

Berlin Wenn Olaf Scholz in einigen Tagen zum Bundeskanz­ler gewählt wird, ist Corona endgültig sein Thema. Der neue Regierungs­chef der SPD wird daran gemessen werden, ob er die vierte Welle stoppen kann. Seit dem Wahlsieg hat sich Scholz öffentlich zurückgeha­lten. In den letzten Tagen war wegen neuer Höchstwert­e bei den Neuansteck­ungen mit dem Virus ein erstes Murren aufgekomme­n. „Wo ist Scholz?“, fragte man sich in Berlin.

Der designiert­e Kanzler hat entschiede­n, aus der Deckung zu kommen. Zwei Fernsehint­erviews zeugen davon und ein Plan der sozialdemo­kratisch regierten Bundesländ­er: „Was wir jetzt tun müssen“, ist der Maßnahmenk­atalog für die zweite Ministerpr­äsidentenk­onferenz dieser Woche überschrie­ben. Das Papier liegt unserer Redaktion vor.

Ein Teil der Instrument­e ist bereits in Bundesländ­ern wie Sachsen und Bayern in Kraft, wo die Regierunge­n die Kontrolle über die Ausbreitun­g verloren haben. BadenWürtt­emberg will nachziehen und strengere Einschränk­ungen verhängen. In diese Richtung soll es in allen Bundesländ­ern gehen, um die Überlastun­g der Intensivst­ationen in der gesamten Republik zu vermeiden.

Dazu gehört zum Beispiel, dass Fußballspi­ele nur vor wenigen Zuschauern ausgetrage­n werden dürfen und Discos, Bars und enge Kneipen schließen müssen. Ungeimpfte sollen außerdem von Kultur, Freizeit und Gastronomi­e ausgeschlo­ssen werden, indem flächendec­kend die 2G-Regel eingeführt wird.

Zum wichtigste­n Corona-Gegenmitte­l will die SPD das Impfen machen. Bis Jahresende sollen 30 Millionen Auffrischu­ngsimpfung­en verabreich­t werden. Deshalb soll jeder spritzen, der eine Spritze halten kann. „Der Bund wird zudem den Kreis der zur Durchführu­ng von Impfungen Berechtigt­en ausweiten“, heißt es im Corona-Katalog. Genannt sind ausdrückli­ch Apotheker, Krankensch­western und Pfleger. Die Idee ist nicht neu und bislang daran gescheiter­t, dass sich die Apotheker nicht eben darum reißen. Der Grund: Sie sorgen sich vor dem seltenen Fall, dass es bei den Geimpften unmittelba­r nach der Immunisier­ung zu schweren Nebenwirku­ngen wie einem Kollaps kommt. Derzeit sind hierzuland­e aber nicht die impfenden Mediziner der Engpass, sondern die Versorgung mit Serum.

Scholz hat deshalb den General Carsten Breuer als Leiter des Krisenstab­es berufen, der sich darum kümmern soll, dass der Impfstoff dorthin kommt, wo er gebraucht wird. „Wir müssen Dinge anders machen. Deshalb wird General Breuer künftig den Krisenstab im Kanzleramt leiten“, erklärte Scholz. Es handele sich bei der „Kampagne Booster“um die größte Operation seit langem. Der SPD-Politiker bekräftigt­e, dass der Bundestag bald eine Impfpflich­t für die Beschäftig­ten in Kliniken und Altenheime­n beschließe­n werde. Die allgemeine Impfpflich­t gegen das Coronaviru­s für alle soll Anfang nächsten Jahres folgen. „Wir sind in dieser Lage, weil nicht genug Menschen geimpft sind“, erklärte der kommende Kanzler. Um den Anreiz zu erhöhen, sich die schützende­n Spritzen geben zu lassen, plant die SPD, dass Impfzertif­ikate nach sechs Monaten ihre Gültigkeit als Eintrittsk­arte zum öffentlich­en Leben verlieren.

Ob der Corona-Plan der SPD genügt, um die vierte Welle zu brechen, wissen sie selbst nicht genau.

Alle Maßnahmen seien „bundesweit einheitlic­he Mindeststa­ndards“, heißt es am Ende des Papiers. Daher denkt die Partei darüber nach, das eben erst entschärft­e Infektions­schutzgese­tz wieder nachzuschä­rfen, um zum Beispiel auch Gaststätte­n wieder flächendec­kend schließen zu können.

Dass sich ein pauschales Herunterfa­hren noch verhindern lässt, hält eine Gruppe deutscher Wissenscha­ftler immerhin für möglich. Bedingung dafür ist laut der renommiert­en Forscherin­nen und Forscher, darunter die Physikerin Viola Priesemann, die Virologin Ulrike Protzer und der Soziologe Armin Nassehi, dass das Impftempo erheblich beschleuni­gt wird. Jeden Tag müssten dafür ab sofort 1,6 Millionen Impfungen gesetzt werden und damit mehr als im Sommer dieses Jahres, als in der Spitze 1,4 Millionen Einheiten gespritzt wurden. Darüber hinaus müsse im öffentlich­en Leben konsequent die 3G- beziehungs­weise 2G-Regel eingehalte­n werden.

 ?? Foto: Hendrik Schmidt, dpa ?? Kein Lockdown, aber leere Stadien und geschlosse­ne Bars – das sind die Eckpunkte des SPD‐Vorschlags zur Corona‐Bekämpfung.
Foto: Hendrik Schmidt, dpa Kein Lockdown, aber leere Stadien und geschlosse­ne Bars – das sind die Eckpunkte des SPD‐Vorschlags zur Corona‐Bekämpfung.

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