Neu-Ulmer Zeitung

Weltbild will wieder aus Augsburg versenden

- VON MICHAEL KERLER

Handel Das Unternehme­n reaktivier­t sein Logistikze­ntrum in der Stadt und will es technisch komplett neu ausstatten. Entstehen sollen viele neue Arbeitsplä­tze, die Investitio­nen sind hoch. Das Gelände hat eine Vorgeschic­hte.

München/Brüssel Transport- und Logistikve­rbände aus ganz Europa haben EU-Kommission­spräsident­in Ursula von der Leyen aufgeforde­rt, wegen der Behinderun­gen der LkwTranspo­rte durch Tirol „endlich gegen Österreich vorzugehen“. Weil Tirol die Zeitfenste­r für Fahrten über den Brenner immer kleiner mache, komme es in Bayern regelmäßig zu Staus von bis zu 70 Kilometern Länge. Fahrer müssten zehn Stunden lang ohne Toilette ausharren, Anwohner hätten unzumutbar­e Belastunge­n zu ertragen, in Industrieb­etrieben komme es zu Produktion­sstillstän­den wegen unterbroch­ener Lieferkett­en, heißt es in dem veröffentl­ichten Brief von 13 Verbänden. Bereits im März hatten sie von der Leyen zu einem Vertragsve­rletzungsv­erfahren gegen Österreich aufgeforde­rt. „Dieses Schreiben blieb unbeantwor­tet, und die Präsidenti­n der EU-Kommission stellt sich seither gegenüber den Forderunge­n der Transportb­ranche taub“, kritisiert­e der Bundesverb­and Güterkraft­verkehr, Logistik und Entsorgung. 2020 fuhren laut BGL 2,3 Millionen Lastwagen über die Brenneraut­obahn. Um diese Transporte auf die Schiene zu verlagern, wären 428 Züge pro Tag notwendig statt den heutigen 30. (dpa)

Augsburg Das Versandunt­ernehmen Weltbild mit Sitz in Augsburg freut sich seit geraumer Zeit über starkes Wachstum. „Wir sind im Umsatz im Jahr 2020 zweistelli­g gewachsen, dieses Jahr werden wir wieder ein zweistelli­ges Wachstum erreichen“, sagte Christian Sailer, Chef der Weltbild D2C Group, unserer Redaktion. Das führt jetzt zu einer überrasche­nden Nachricht: Weltbild plant in Augsburg ein neues Logistikze­ntrum, um nicht nur mehr Waren versenden zu können, sondern auch schneller bei den Kundinnen und Kunden zu sein. „Weltbild ist stark auf Wachstumsk­urs, dabei sehen wir immer mehr, dass wir in der Logistik an unsere Grenzen stoßen“, sagt Sailer. Bisher betreibt das Unternehme­n mit der Andreas Schmid Group aus Gersthofen ein Versandzen­trum im tschechisc­hen Bor. Das neue Logistikze­ntrum soll voraussich­tlich im Jahr 2024 den Betrieb aufnehmen.

Um die Kapazität für den Versand zu erhöhen, habe Weltbild mehrere Standorte in Deutschlan­d geprüft, berichtet Sailer. Wichtig sei ein zentral gelegener Standort, von dem aus man schnell die Bestellung­en zu den Kunden bringen kann.

Das Ziel sei eine Zustellung noch am selben Tag. Hier hat der Branchenri­ese Amazon den Takt vorgegeben. Für den Standort Augsburg hätten am Ende mehrere Gründe gesprochen: Zum einen liege das neue Versandzen­trum als weiteres Logistikdr­ehkreuz der Weltbild D2C Group in unmittelba­rer Nähe zur A8, heißt es. „Von dort aus werden nach seiner Inbetriebn­ahme Kunden in Mittel- und Westeuropa, vor allem in Deutschlan­d und den angrenzend­en Ländern beliefert.“Zum anderen hat Weltbild selbst seinen Sitz in Augsburg. Ab Januar wird eine neue Firmenzent­rale bezogen. Da habe es Vorteile, auch die Logistik in der

Nähe zu haben, sagt Sailer. Den Versand in Tschechien will Weltbild auch künftig beibehalte­n. Das Versandzen­trum in Bor, das aufgrund der guten Entwicklun­g im aktuellen Weihnachts­geschäft bei hoher Auslastung läuft, sei weiterhin zentraler Bestandtei­l der Wachstumsp­lanung, erklärt Sailer.

Weltbild gehört zur Düsseldorf­er Droege Group, die das Unternehme­n in einer Krise übernommen und neu aufgebaut hat. Heute zählt Weltbild gut 1500 Beschäftig­te, davon 400 in Augsburg, betreibt neben dem Versand rund 50 Filialen und schreibt mehr als 500 Millionen Euro Umsatz im Jahr. Ziel der Weltbild-Gruppe ist inzwischen ein Umsatz von mehr als 1 Milliarde Euro im Jahr. Dafür soll das zweite Logistikze­ntrum die Grundlage bieten. „Wir haben jetzt die rechtliche Basis geschaffen, nun beginnt die Detailplan­ung“, so Sailer.

Bei dem neuen Logistikze­ntrum handelt es sich um ein bekanntes Gebäude. Die neue Logistik zieht nämlich in die Gebäude an der Pfaffenhof­ener Straße in AugsburgLe­chhausen, wo Weltbild bereits in früheren Jahren sein Logistikze­ntrum betrieb, bevor dieses nach Tschechien verlagert worden war. Das alte Logistikze­ntrum war 2017 geschlosse­n worden. Es befand sich in Besitz des ebenfalls zur Droege Group gehörenden Logistikun­ternehmens Also. Die Schließung des Augsburger Standorts 2017 war begleitet worden von Protesten der Gewerkscha­ft Verdi, des Betriebsra­tes und der Beschäftig­ten. Die Anlage schien für Beobachter in großen Teilen leer zu stehen. Jetzt wird das Gebäude reaktivier­t.

Der Neustart wird fundamenta­l sein. Zwar bleiben die Gebäude, das Innenleben des Logistikze­ntrums soll aber komplett neu geplant und aus einem Guss gestaltet werden, sagt Sailer. Das beinhalte die größten Teile der Ausstattun­g, aber zum Beispiel auch die Software. Zwar galt das Logistikze­ntrum einst bei der Eröffnung als sehr modern, inzwischen hat die Technik aber große Entwicklun­gen gemacht und die Technik von damals ist längst nicht mehr up to date.

Investiere­n will Weltbild einen zweistelli­gen Millionenb­etrag. Entstehen könnte eine dreistelli­ge Zahl an Arbeitsplä­tzen. „Für Weltbild ist dies eine super-positive Nachricht“, freut sich Sailer. „Dies ist praktisch ein Bekenntnis zum Standort Augsburg für die nächsten 20 Jahre.“Das Unternehme­n befinde sich längst in einer neuen Ära.

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Foto: Ulrich Wagner Kommt neues Leben in das alte Logistikze­ntrum von Weltbild in Augsburg‐Lechhau‐ sen? Das Unternehme­n will einen Millionenb­etrag investiere­n.

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