Weltbild will wieder aus Augsburg versenden
Handel Das Unternehmen reaktiviert sein Logistikzentrum in der Stadt und will es technisch komplett neu ausstatten. Entstehen sollen viele neue Arbeitsplätze, die Investitionen sind hoch. Das Gelände hat eine Vorgeschichte.
München/Brüssel Transport- und Logistikverbände aus ganz Europa haben EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen aufgefordert, wegen der Behinderungen der LkwTransporte durch Tirol „endlich gegen Österreich vorzugehen“. Weil Tirol die Zeitfenster für Fahrten über den Brenner immer kleiner mache, komme es in Bayern regelmäßig zu Staus von bis zu 70 Kilometern Länge. Fahrer müssten zehn Stunden lang ohne Toilette ausharren, Anwohner hätten unzumutbare Belastungen zu ertragen, in Industriebetrieben komme es zu Produktionsstillständen wegen unterbrochener Lieferketten, heißt es in dem veröffentlichten Brief von 13 Verbänden. Bereits im März hatten sie von der Leyen zu einem Vertragsverletzungsverfahren gegen Österreich aufgefordert. „Dieses Schreiben blieb unbeantwortet, und die Präsidentin der EU-Kommission stellt sich seither gegenüber den Forderungen der Transportbranche taub“, kritisierte der Bundesverband Güterkraftverkehr, Logistik und Entsorgung. 2020 fuhren laut BGL 2,3 Millionen Lastwagen über die Brennerautobahn. Um diese Transporte auf die Schiene zu verlagern, wären 428 Züge pro Tag notwendig statt den heutigen 30. (dpa)
Augsburg Das Versandunternehmen Weltbild mit Sitz in Augsburg freut sich seit geraumer Zeit über starkes Wachstum. „Wir sind im Umsatz im Jahr 2020 zweistellig gewachsen, dieses Jahr werden wir wieder ein zweistelliges Wachstum erreichen“, sagte Christian Sailer, Chef der Weltbild D2C Group, unserer Redaktion. Das führt jetzt zu einer überraschenden Nachricht: Weltbild plant in Augsburg ein neues Logistikzentrum, um nicht nur mehr Waren versenden zu können, sondern auch schneller bei den Kundinnen und Kunden zu sein. „Weltbild ist stark auf Wachstumskurs, dabei sehen wir immer mehr, dass wir in der Logistik an unsere Grenzen stoßen“, sagt Sailer. Bisher betreibt das Unternehmen mit der Andreas Schmid Group aus Gersthofen ein Versandzentrum im tschechischen Bor. Das neue Logistikzentrum soll voraussichtlich im Jahr 2024 den Betrieb aufnehmen.
Um die Kapazität für den Versand zu erhöhen, habe Weltbild mehrere Standorte in Deutschland geprüft, berichtet Sailer. Wichtig sei ein zentral gelegener Standort, von dem aus man schnell die Bestellungen zu den Kunden bringen kann.
Das Ziel sei eine Zustellung noch am selben Tag. Hier hat der Branchenriese Amazon den Takt vorgegeben. Für den Standort Augsburg hätten am Ende mehrere Gründe gesprochen: Zum einen liege das neue Versandzentrum als weiteres Logistikdrehkreuz der Weltbild D2C Group in unmittelbarer Nähe zur A8, heißt es. „Von dort aus werden nach seiner Inbetriebnahme Kunden in Mittel- und Westeuropa, vor allem in Deutschland und den angrenzenden Ländern beliefert.“Zum anderen hat Weltbild selbst seinen Sitz in Augsburg. Ab Januar wird eine neue Firmenzentrale bezogen. Da habe es Vorteile, auch die Logistik in der
Nähe zu haben, sagt Sailer. Den Versand in Tschechien will Weltbild auch künftig beibehalten. Das Versandzentrum in Bor, das aufgrund der guten Entwicklung im aktuellen Weihnachtsgeschäft bei hoher Auslastung läuft, sei weiterhin zentraler Bestandteil der Wachstumsplanung, erklärt Sailer.
Weltbild gehört zur Düsseldorfer Droege Group, die das Unternehmen in einer Krise übernommen und neu aufgebaut hat. Heute zählt Weltbild gut 1500 Beschäftigte, davon 400 in Augsburg, betreibt neben dem Versand rund 50 Filialen und schreibt mehr als 500 Millionen Euro Umsatz im Jahr. Ziel der Weltbild-Gruppe ist inzwischen ein Umsatz von mehr als 1 Milliarde Euro im Jahr. Dafür soll das zweite Logistikzentrum die Grundlage bieten. „Wir haben jetzt die rechtliche Basis geschaffen, nun beginnt die Detailplanung“, so Sailer.
Bei dem neuen Logistikzentrum handelt es sich um ein bekanntes Gebäude. Die neue Logistik zieht nämlich in die Gebäude an der Pfaffenhofener Straße in AugsburgLechhausen, wo Weltbild bereits in früheren Jahren sein Logistikzentrum betrieb, bevor dieses nach Tschechien verlagert worden war. Das alte Logistikzentrum war 2017 geschlossen worden. Es befand sich in Besitz des ebenfalls zur Droege Group gehörenden Logistikunternehmens Also. Die Schließung des Augsburger Standorts 2017 war begleitet worden von Protesten der Gewerkschaft Verdi, des Betriebsrates und der Beschäftigten. Die Anlage schien für Beobachter in großen Teilen leer zu stehen. Jetzt wird das Gebäude reaktiviert.
Der Neustart wird fundamental sein. Zwar bleiben die Gebäude, das Innenleben des Logistikzentrums soll aber komplett neu geplant und aus einem Guss gestaltet werden, sagt Sailer. Das beinhalte die größten Teile der Ausstattung, aber zum Beispiel auch die Software. Zwar galt das Logistikzentrum einst bei der Eröffnung als sehr modern, inzwischen hat die Technik aber große Entwicklungen gemacht und die Technik von damals ist längst nicht mehr up to date.
Investieren will Weltbild einen zweistelligen Millionenbetrag. Entstehen könnte eine dreistellige Zahl an Arbeitsplätzen. „Für Weltbild ist dies eine super-positive Nachricht“, freut sich Sailer. „Dies ist praktisch ein Bekenntnis zum Standort Augsburg für die nächsten 20 Jahre.“Das Unternehmen befinde sich längst in einer neuen Ära.