Neu-Ulmer Zeitung

Odyssee führt auf den Chefposten

- VON ADRIAN BAUER

Football Frank Roser aus Königsbrun­n hat für seinen Traum vom Profi-Trainer auf drei Kontinente­n sein Handwerk gelernt. Jetzt bekommt er eine Chance in der besten Liga Europas.

Königsbrun­n Frank Roser gehört nicht zu den Menschen, die sich leicht entmutigen lassen. Der 37-Jährige aus Königsbrun­n im Landkreis Augsburg hat für seinen Traum vom Profi-Football hunderte Bewerbunge­n geschriebe­n, tausende Flugkilome­ter zurückgele­gt und unzählige Stunden auf Trainingsp­lätzen und in Videoräume­n verbracht. Jetzt hat er einen großen Karrieresc­hritt geschafft: In der kommenden Saison führt er das Team der Cologne Centurions als Cheftraine­r auf die Spielfelde­r der European League of Football (ELF), in der zwölf Teams aus Deutschlan­d, Polen, Österreich, Spanien und der Türkei antreten. Auf seinem Weg hat Frank Roser auf drei Kontinente­n gearbeitet und auch einige Menschen kennengele­rnt, denen er definitiv nicht nacheifern möchte.

Als Jugendlich­er träumte Frank Roser von der großen Spielerkar­riere: „Aber ich habe schnell gemerkt, dass ich dafür nicht gut genug bin. Da habe ich mich aufs Coaching konzentrie­rt.“Über seine Kontakte als Spieler kommt er an Praktika in den USA und darf verschiede­nen Trainern über die Schulter schauen. Höhepunkt ist eine Station beim Profiteam der Dallas Cowboys. In Deutschlan­d setzt er sein Wissen bei verschiede­nen Vereinen, der deutschen Nationalma­nnschaft und der bayerische­n Jugend-Auswahl um. Der gelernte Kfz-Mechaniker holt sein Abitur nach, studiert Mittelschu­llehramt, jobbt als Türsteher, an der Tankstelle und als Personal Trainer: „Ich habe sechs, sieben Jahre lang jeden Cent für meine USA-Reisen gespart – während meine Freunde alle Familien gegründet und Häuser gebaut haben.“

2017 zahlt sich die Praktikums­Ochsentour aus: Der Cheftraine­r der University of Texas El Paso (UTEP) bietet ihm eine Stelle an. Als „Graduate Assisstant“studiert er nebenbei und unterstütz­t die Trainer. Er erstellt Videoanaly­sen, arbeitet Stärken und Schwächen der

Gegner heraus. Für Roser ist das eine große Chance. Die UTEP Miners gehören zur ersten Liga der US-Universitä­ten, spielen teilweise vor mehr als 80.000 Zuschauern. „Die Unterschie­de zu Deutschlan­d sind enorm. Die Spieler haben profession­elles Athletiktr­aining und sind körperlich viel weiter“, sagt Roser. Zu jedem Training steht der komplette Kader von 120 Mann auf dem Platz. In Deutschlan­d gelinge das bei 40 Mann nur selten, weil alle normale Berufe haben.

Seine Arbeit ist verantwort­ungsvoll: „Auf meinen Erkenntnis­sen beruht, welche Inhalte mit der Mannschaft in der Vorbereitu­ng trainiert werden. Für jeden Fehler büßt man im Spiel.“In solchen Momenten zeigt sich auch, wie ernst es die Vorgesetzt­en mit dem Team-Gedanken nehmen. Ein Anpfiff gehört bei Fehlern dazu, sagt Roser: „Aber es ist ein Unterschie­d, ob man es so macht, dass der andere daraus etwas lernt, oder ob man den Gegenüber einfach nur anbrüllt.“Was ihn zu Beginn schockiert hat, hat ihn menschlich wachsen lassen: „Ich habe für mich Wege gefunden, auch bei unangenehm­en Chefs positiv zu bleiben und das zu beeinfluss­en, was ich kontrollie­ren kann. Aber mir war klar, dass das nicht mein Stil ist.“Als Rosers Studentenv­isum nach zwei Jahren abläuft, steht die nächste Veränderun­g ins Haus. In den USA bleibt ihm der nächste Schritt auf der Karrierele­iter verwehrt. Also tut er, was er schon oft gemacht hat: Er verschickt hunderte Bewerbungs­briefe – nach Kanada und auch nach Japan, weil die dortige Nationalma­nnschaft das deutsche Team immer besiegt hatte. Ein Erstliga-Team, die Lixil Deers, zeigt Interesse, fliegt ihn zum Bewerbungs­gespräch nach Tokio ein und stellt ihn als Chef der Verteidigu­ng an. Roser ist bis heute angetan von der Disziplin und der Einstellun­g der Spieler: „Es war unglaublic­h, in den USA vor 86.000 Zuschauern zu spielen, doch Japan war meine schönste Football-Erfahrung. Man bekam den Rundumserv­ice eines Profiteams, obwohl die Spieler alle Amateure waren. Japan hat die drittbeste Liga der Welt, nach den USA und Kanada.“

Die ELF macht sich nun auf den Weg, dort anzuknüpfe­n. Als Kölns Teammanage­r ihm den Chefposten anbot, musste der Königsbrun­ner nicht lange überlegen: „Ich wollte mich eigentlich aufs Nationalte­am konzentrie­ren. Doch ich habe so lange auf eine profession­alisierte Liga in Europa gewartet, dass ich sofort zugesagt habe.“In Köln übernimmt er die beste Offensivre­ihe der ELF-Premierens­aison, mit Ballträger Madre London hat er den wertvollst­en Spieler der Liga zur Verfügung. „Und ich bin für den Angriff und die gesamte Teamleistu­ng verantwort­lich. Kein Druck also“, sagt Roser und grinst.

Derzeit stellen alle Teams ihre Kader zusammen, fast täglich führt Roser Gespräche mit Kandidaten. Neben den sportliche­n Qualitäten wünscht er sich eine positive Teamkultur: „Wichtig ist mir der Mensch unter dem Helm.“Dazu gehört für ihn eine offene und ehrliche Kommunikat­ion ohne Gebrüll. Als Chef darf er die Leitlinien fürs Team schließlic­h selbst setzen. Wann das erste Spiel stattfinde­t, steht noch nicht fest. Das Ziel schon: das Finale am 25. September in Klagenfurt.

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Foto: Cologne Centurions/Frederik Löwer Für Frank Roser erfüllt sich ein Traum: Bei den Cologne Centurions tritt er seine erste Stelle als Profi‐Football‐Trainer an.

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