Odyssee führt auf den Chefposten
Football Frank Roser aus Königsbrunn hat für seinen Traum vom Profi-Trainer auf drei Kontinenten sein Handwerk gelernt. Jetzt bekommt er eine Chance in der besten Liga Europas.
Königsbrunn Frank Roser gehört nicht zu den Menschen, die sich leicht entmutigen lassen. Der 37-Jährige aus Königsbrunn im Landkreis Augsburg hat für seinen Traum vom Profi-Football hunderte Bewerbungen geschrieben, tausende Flugkilometer zurückgelegt und unzählige Stunden auf Trainingsplätzen und in Videoräumen verbracht. Jetzt hat er einen großen Karriereschritt geschafft: In der kommenden Saison führt er das Team der Cologne Centurions als Cheftrainer auf die Spielfelder der European League of Football (ELF), in der zwölf Teams aus Deutschland, Polen, Österreich, Spanien und der Türkei antreten. Auf seinem Weg hat Frank Roser auf drei Kontinenten gearbeitet und auch einige Menschen kennengelernt, denen er definitiv nicht nacheifern möchte.
Als Jugendlicher träumte Frank Roser von der großen Spielerkarriere: „Aber ich habe schnell gemerkt, dass ich dafür nicht gut genug bin. Da habe ich mich aufs Coaching konzentriert.“Über seine Kontakte als Spieler kommt er an Praktika in den USA und darf verschiedenen Trainern über die Schulter schauen. Höhepunkt ist eine Station beim Profiteam der Dallas Cowboys. In Deutschland setzt er sein Wissen bei verschiedenen Vereinen, der deutschen Nationalmannschaft und der bayerischen Jugend-Auswahl um. Der gelernte Kfz-Mechaniker holt sein Abitur nach, studiert Mittelschullehramt, jobbt als Türsteher, an der Tankstelle und als Personal Trainer: „Ich habe sechs, sieben Jahre lang jeden Cent für meine USA-Reisen gespart – während meine Freunde alle Familien gegründet und Häuser gebaut haben.“
2017 zahlt sich die PraktikumsOchsentour aus: Der Cheftrainer der University of Texas El Paso (UTEP) bietet ihm eine Stelle an. Als „Graduate Assisstant“studiert er nebenbei und unterstützt die Trainer. Er erstellt Videoanalysen, arbeitet Stärken und Schwächen der
Gegner heraus. Für Roser ist das eine große Chance. Die UTEP Miners gehören zur ersten Liga der US-Universitäten, spielen teilweise vor mehr als 80.000 Zuschauern. „Die Unterschiede zu Deutschland sind enorm. Die Spieler haben professionelles Athletiktraining und sind körperlich viel weiter“, sagt Roser. Zu jedem Training steht der komplette Kader von 120 Mann auf dem Platz. In Deutschland gelinge das bei 40 Mann nur selten, weil alle normale Berufe haben.
Seine Arbeit ist verantwortungsvoll: „Auf meinen Erkenntnissen beruht, welche Inhalte mit der Mannschaft in der Vorbereitung trainiert werden. Für jeden Fehler büßt man im Spiel.“In solchen Momenten zeigt sich auch, wie ernst es die Vorgesetzten mit dem Team-Gedanken nehmen. Ein Anpfiff gehört bei Fehlern dazu, sagt Roser: „Aber es ist ein Unterschied, ob man es so macht, dass der andere daraus etwas lernt, oder ob man den Gegenüber einfach nur anbrüllt.“Was ihn zu Beginn schockiert hat, hat ihn menschlich wachsen lassen: „Ich habe für mich Wege gefunden, auch bei unangenehmen Chefs positiv zu bleiben und das zu beeinflussen, was ich kontrollieren kann. Aber mir war klar, dass das nicht mein Stil ist.“Als Rosers Studentenvisum nach zwei Jahren abläuft, steht die nächste Veränderung ins Haus. In den USA bleibt ihm der nächste Schritt auf der Karriereleiter verwehrt. Also tut er, was er schon oft gemacht hat: Er verschickt hunderte Bewerbungsbriefe – nach Kanada und auch nach Japan, weil die dortige Nationalmannschaft das deutsche Team immer besiegt hatte. Ein Erstliga-Team, die Lixil Deers, zeigt Interesse, fliegt ihn zum Bewerbungsgespräch nach Tokio ein und stellt ihn als Chef der Verteidigung an. Roser ist bis heute angetan von der Disziplin und der Einstellung der Spieler: „Es war unglaublich, in den USA vor 86.000 Zuschauern zu spielen, doch Japan war meine schönste Football-Erfahrung. Man bekam den Rundumservice eines Profiteams, obwohl die Spieler alle Amateure waren. Japan hat die drittbeste Liga der Welt, nach den USA und Kanada.“
Die ELF macht sich nun auf den Weg, dort anzuknüpfen. Als Kölns Teammanager ihm den Chefposten anbot, musste der Königsbrunner nicht lange überlegen: „Ich wollte mich eigentlich aufs Nationalteam konzentrieren. Doch ich habe so lange auf eine professionalisierte Liga in Europa gewartet, dass ich sofort zugesagt habe.“In Köln übernimmt er die beste Offensivreihe der ELF-Premierensaison, mit Ballträger Madre London hat er den wertvollsten Spieler der Liga zur Verfügung. „Und ich bin für den Angriff und die gesamte Teamleistung verantwortlich. Kein Druck also“, sagt Roser und grinst.
Derzeit stellen alle Teams ihre Kader zusammen, fast täglich führt Roser Gespräche mit Kandidaten. Neben den sportlichen Qualitäten wünscht er sich eine positive Teamkultur: „Wichtig ist mir der Mensch unter dem Helm.“Dazu gehört für ihn eine offene und ehrliche Kommunikation ohne Gebrüll. Als Chef darf er die Leitlinien fürs Team schließlich selbst setzen. Wann das erste Spiel stattfindet, steht noch nicht fest. Das Ziel schon: das Finale am 25. September in Klagenfurt.