Internet zu langsam? Rechnung kürzen
Verbraucher Seit dem 1. Dezember haben Kundinnen und Kunden deutlich mehr Rechte bei Verträgen für Internet und Telefon sowie Schutz vor Tricksern. Experten erklären, was im Detail nun gilt.
Augsburg Ab Dezember gelten nun neue verbraucherfreundliche Regeln für Internet- und Telefonverträge. Die Kunden bekommen mehr Rechte vor allem in Sachen Internetgeschwindigkeit, Vertragslaufzeit, Transparenz und Entstörung. Die wichtigsten Fragen und Antworten dazu.
Mein Internet ist zu langsam, was kann ich tun?
Stellt der Provider die vertraglich zugesagte Bandbreite nicht bereit, sieht das neue Gesetz das Recht auf Preisminderung vor. Der Verbraucher muss also nicht mehr den vollen Preis zahlen. Alternativ kann er den Vertrag auch außerordentlich kündigen. „Die Rechtsprechung der vergangenen Jahre wurde in das Gesetz übernommen, die Haushalte haben dadurch eine bessere Handhabe gegen die Anbieter“, sagt Oliver Buttler, Abteilungsleiter Telekommunikation und Verbraucherrecht der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg.
Um wie viel kann ich den Preis mindern?
Der prozentuale Preisabschlag kann so hoch ausfallen wie die Abweichung der gelieferten von der vereinbarten Bandbreite. Stellt der Provider also beispielsweise nur 50 Prozent der vertraglichen Leistung bereit (zum Beispiel 50 Mbit/Sekunde statt 100 Mbit/Sekunde), muss der Kunde auch nur 50 Prozent des Monatsentgelts überweisen. „Das Recht des Verbrauchers zur Minderung besteht so lange fort, bis der Anbieter den Nachweis erbringt, dass er vertragskonform leistet“, erläutert das Bundeswirtschaftsministerium (BMWI).
Was muss ich dafür tun?
Nötig ist ein Nachweis über die am Anschluss erreichten Übertragungsraten im Down- und Upload. Dafür stellt die Bundesnetzagentur ein Messtool bereit (www.breitbandmessung.de). Die Behörde definiert außerdem, wann eine Anbieterleistung nicht vertragskonform ist, und hat dazu einen Entwurf vorgelegt. Bevor der Verbraucher den Preis mindern darf, muss er dem Unternehmen eine angemessene Frist setzen, innerhalb der es den Mangel beheben kann. Bei der BandbreitenMessung müssen Unzulänglichkeiten wie schlechtes WLAN, die der Kunde zu vertreten hat, ausgeschlossen sein.
Kann ich Verträge jetzt leichter wechseln?
Bei Abschluss eines Vertrags bleiben lange Laufzeiten von bis zu 24 Monaten auch künftig erlaubt. Ist diese Zeit abgelaufen, kann der Kunde aber nun jederzeit kündigen mit nur einmonatiger Frist. „Die Anbieter müssen vorher informieren über diese Möglichkeit“, erläutert das Wirtschaftsministerium. Bisher blieben Kunden, die den Kündigungstermin verpassten, meist zwölf weitere Monate im Vertrag gefangen. Aber Achtung: Es könnte sein, dass ein Provider die Kündigung eines Kunden nicht akzeptiert, wenn sich dessen Vertrag bereits vor Inkrafttreten des Gesetzes zum 1. Dezember über die anfängliche Mindestlaufzeit hinaus verlängerte. „Da werden einige Fälle vor Gericht landen“, vermutet Verbraucherschützer Buttler. Anders sehe es bei Neuverträgen aus, die ab dem 1. Dezember vereinbart werden, und bei Altverträgen, die sich ab Dezember verlängern: „Hier kann der Kunde von seinem neuen Kündigungsrecht Gebrauch machen.“
Wie kann ich wissen, ob mein Tarif wirklich gut ist?
Die Provider führen häufig neue, günstigere Tarife ein, ohne den Bestandskunden das mitzuteilen. Das Gesetz verpflichtet sie nun dazu, ihren Kunden einmal jährlich über den „für sie besten Tarif“zu informieren, etwa in Hinblick auf das enthaltene Datenvolumen. Beispiel: Der Kunde bezahlt 25 Euro für ein 10 GB-Datenpaket, das Unternehmen hat aber für 25 Euro auch ein Datenpaket mit mehr GB im Programm. Laut Gesetzesbegründung reicht eine telefonische Information über den besseren Tarif nicht aus.
Welche Ansprüche habe ich bei Störungen?
Viele Verbraucher beschweren sich über fehlgeschlagene Technikertermine bei der Bundesnetzagentur. Das neue Gesetz verpflichtet die Anbieter nun, eine Störung des Telefon- und Internetanschlusses unverzüglich zu beheben. Gelingt dies nicht innerhalb von zwei Arbeitstagen, müssen sie den Kunden entschädigen. Die Entschädigung beläuft sich am dritten und vierten Tag auf 10 Prozent des Monatsentgelts für den gebuchten Tarif, aber mindestens 5 Euro, und ab dem fünften Tag auf 20 Prozent des Monatsentgelts, aber mindestens 10 Euro. Versäumt ein Techniker einen vereinbarten Termin, kann der Kunde ebenfalls eine Entschädigung von 10 Euro oder 20 Prozent des Monatsentgelts verlangen.
Gibt es mehr Schutz vor Tricksern? Um Verbraucher besser vor untergeschobenen Verträgen zu schützen, gelten neue Regeln für Abschlüsse am Telefon. Bevor ein Vertrag wirksam wird, muss der Anbieter dem Kunden eine Zusammenfassung der Vertragsinhalte in Textform (etwa als E-Mail) übermitteln. Genehmigt der Kunde den Vertrag daraufhin nicht, kommt er nicht zustande. Die Verbraucherzentralen raten, die Zusammenfassung in Ruhe nach dem Telefonat zu lesen – und nicht etwa während des Verkaufsgesprächs am Telefon.
Was ist bei In-App-Käufen?
Ein häufiges Ärgernis sind Abbuchungen über die Mobilfunkrechnung, die der Kunde keinem Vertrag zuordnen kann. Das passiert, wenn ein Drittanbieter Leistungen abrechnet, von denen der Kunde nichts weiß, etwa weil sein minderjähriges Kind In-App-Käufe für Online-Spiele unerlaubt getätigt hat. Ab sofort sind Mobilfunkfirmen verpflichtet, über die Kontaktdaten des Drittanbieters zu informieren. Auf der Rechnung müssen seine ladungsfähige Adresse, die Kundendienst-Rufnummer sowie ein Hinweis auf seine Internetseite stehen. „Das erleichtert es, ein Abo für Schwerter, Diamanten und alles, was es sonst bei Online-Spielen zu kaufen gibt, zu kündigen“, sagt Buttler.
Was ist mit dem Recht auf schnelles Internet?
Laut Gesetz besteht überall im Bundesgebiet ein Anspruch auf einen schnellen Internetzugang für „angemessene soziale und wirtschaftliche Teilhabe an der Gesellschaft“. Die Bundesnetzagentur muss aber erst noch bestimmen, was „schnelles Internet“bedeutet. Allgemein wird erwartet, dass eine Mindestbandbreite von 20 bis 30 Mbit/sec im Download festgelegt wird. „Vor allem im ländlichen Raum werden viele Kunden bessergestellt, es gibt dort momentan noch manche Gebiete, in denen teils nur 1 oder 2 Mbit pro Sekunde erreicht werden“, sagt Verbraucherschützer Buttler. Ein Mindesttempo von 30 Mbit/sec hält er für unzureichend: „Ich würde das eher auf 100 Mbit aufwärts festlegen, Corona hat doch gezeigt, dass geringere Bandbreiten nicht ausreichend sind für Homeoffice, Homeschooling und Netflix-Streamen.“