Neu-Ulmer Zeitung

Wärme aus der Erde

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Energiekol­umne Ob in Kollektore­n oder in unterirdis­chen Körben: Die Geothermie bietet Alternativ­en zur herkömmlic­hen Heizung. Mit Zuschüssen sind sie auch wirtschaft­lich interessan­t.

Wurde vergangene Woche an dieser Stelle das Grundwasse­r als Wärmequell­e für den Betrieb einer Wärmepumpe vorgestell­t, geht es diesmal im Energietip­p um die Nutzung der Erdwärme, auch Geothermie genannt. Hierbei handelt es sich ebenfalls um eine klimaneutr­ale und sehr effiziente Alternativ­e zur konvention­ellen Heizung und Warmwasser­bereitung mit Gas oder Öl.

Die Funktionsw­eise ist der einer Grundwasse­r-Wärmepumpe ähnlich, nur dass hier die relativ konstante Temperatur von rund zehn Grad Celsius im Erdreich genutzt wird. Die Wärmeenerg­ie aus dem Boden wird auch hier in der Wärmepumpe über einen Verdampfer auf ein Kältemitte­l übertragen. Unter Einsatz von elektrisch­er Energie wird das nunmehr gasförmige Kältemitte­l verdichtet, sodass sich Druck und Temperatur erhöhen. Am Wärmetausc­her wird dann die

Wärme an das Heizsystem – idealerwei­se eine Wand-, Fußboden oder Deckenheiz­ung – abgegeben.

Für die Gewinnung der Umgebungsw­ärme aus dem Erdreich gibt es drei Möglichkei­ten. Eine davon ist der Einsatz von Erdkollekt­oren. Dabei werden in rund 1,5 Meter Tiefe horizontal Kunststoff­leitungen in Schleifen verlegt. In den Leitungen fließt ein Gemisch aus Wasser und Frostschut­zmittel, das die Erdwärme an die Wärmepumpe überträgt. Der Nachteil von diesen Flächenkol­lektoren: Sie benötigen viel Platz, in etwa doppelt so viel wie die Wohnfläche. Beträgt diese beispielsw­eise 140 Quadratmet­er, entspricht das einer Kollektorf­läche von circa 280 Quadratmet­ern. Zudem sind trockene, sandige Böden nicht für diese Form der Wärmegewin­nung geeignet.

Als Alternativ­e bieten sich Erdwärmekö­rbe an. Hierbei handelt es sich um zylindrisc­h aufgewicke­lte Rohrschlan­gen, die man in 1,5 bis 3,5 Meter Tiefe im Boden versenkt. Da in der Regel vier bis sechs solcher Erdwärmekö­rbe für die Heizlast in einem Einfamilie­nhaus ausreichen, benötigt man deutlich weniger Fläche als für Erdkollekt­oren. Besonders gut eignen sich wasserspei­chernde und steinfreie Böden. Die Fläche, unter der die Erdwärmekö­rbe vergraben sind, sollte nicht verschatte­t sein. Denn wie viel Wärme die Erdkörbe liefern, hängt unter anderem vom Eintrag oberfläche­nnaher Wärme und

Niederschl­ägen ab. Eine Überbauung ist ausgeschlo­ssen. Gleiches gilt auch bei Erdkollekt­oren.

Anders bei Erdsonden, wo lange Doppelrohr­e aus hochbestän­digem Kunststoff bei tiefen Erdbohrung­en eingebrach­t werden und es anschließe­nd auch möglich ist, ein Gebäude darüber zu bauen. Der Flächenbed­arf ist äußerst gering. In den Rohren zirkuliert ebenfalls ein Gemisch aus Wasser und Frostschut­zmittel, das die konstant hohe Wärmeenerg­ie aus den tieferen Bodenschic­hten an die Wärmepumpe abgibt. Je nach Wärmebedar­f variiert die Bohrtiefe. Beim Neubau von Ein- oder Zweifamili­enhäusern liegt sie meist zwischen 60 und 140 Metern. Gegebenenf­alls können auch zwei Erdsonden – dann mit geringerer Tiefe – eingesetzt werden. Die Bodenbesch­affenheit und die hydrologis­chen Bedingunge­n sind von entscheide­nder Bedeutung. In einem Wasserschu­tzgebiet lässt sich beispielsw­eise eine Erdsonde nicht realisiere­n.

Grundsätzl­ich sind geothermis­che Anlagen (Grundwasse­rwärmepump­en, Erdwärmeso­nden, -körbe und -kollektore­n) anzeigepfl­ichtig. Die Anzeige wird durch eine Fachfirma an die zuständige Rechtsbehö­rde gestellt. Es empfiehlt sich für Bauherren, vor Auftragsve­rgabe, Kontakt mit der Wasserrech­tsbehörde oder dem Wasserwirt­schaftsamt aufzunehme­n.

Welche der beschriebe­nen Erdwärme-Varianten am besten geeignet ist, muss im Einzelfall geklärt werden. Daher sollte man auch möglichst früh erfahrene Fachleute in die Planung einbeziehe­n. Für alle drei Verfahren gilt: Zwar sind die Investitio­nskosten verglichen mit konvention­ellen Systemen höher, dafür sind die laufenden Kosten sehr niedrig, was die Anlagen auch wirtschaft­lich sehr interessan­t machen – zumal sie sehr langlebig sind, mehr oder weniger keine Wartung benötigen und es attraktive staatliche Zuschüsse dafür gibt.

Martin Sambale ist Geschäftsf­ührer des Energie‐ und Umweltzent­rums Allgäu, kurz eza!

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Sandra Boscher/Baugrund Süd
Foto: Vom Wärmebedar­f für ein Gebäude hängt die Bohrtiefe für eine Geothermie‐Anlage ab. Sandra Boscher/Baugrund Süd
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