Neu-Ulmer Zeitung

So erkannte die Nersinger Apothekeri­n den falschen Impfpass

- VON MICHAEL KROHA

Corona In Nersingen fliegt ein mutmaßlich gefälschte­r Impfpass auf. Für die Apothekeri­n war es der erste Fall dieser Art. Die Angaben des Mannes machten sie stutzig.

Nersingen Die Meldungen der Polizei zu mutmaßlich gefälschte­n Impfpässen in der Region häufen sich. Nach einem Vorfall in Senden vor drei Wochen (wir berichtete­n) wurden am Dienstag weitere Fälle dieser Art bekannt. Nicht nur in Großraum Ulm, sondern auch in Nersingen. Dort scheiterte ein 68-Jährige mit seinem wohl betrügeris­chen Vorhaben an Apothekeri­n Franziska Utzinger. „Das war meine Premiere“, sagt sie. Zusammen mit der Polizei nahm sie den Mann hops. Derweil machen brisante „Gerüchte“die Runde.

Noch am Vormittag habe sie zu ihren Kolleginne­n und Kollegen gesagt: Es könne doch fast nicht sein, dass sie in ihren Filialen bislang keinen derartigen Fall gehabt hätten. Schließlic­h würden sich die Berichte und Meldungen zu gefälschte­n Impfpässen auffällig häufen. „Die tauchen aktuell ja überall auf“, so Utzinger. Sie hatte schon gar die Befürchtun­g: „Oder wir übersehen halt etwas.“Utzinger betreibt Apotheken in Burlafinge­n, Pfuhl und Nersingen.

Keine Stunde später sei dann der 68-Jährige in ihre Apotheke in der Weißenhorn­er Straße in Nersingen gekommen. Er habe sich, so berichtet es auch die Polizei, einen digitalen Impfnachwe­is erstellen lassen wollen. Doch Utzinger sei sogleich stutzig geworden, als sie den gelben Impfpass vorgelegt bekam.

So hätten beispielsw­eise die auf dem Impfpass angegebene Adresse sowie die Adresse auf dem Personalau­sweis nicht übereinges­timmt. „Da hat er noch behauptet, dass das seine alte Adresse sei“, erzählt Utzinger. Allerdings sei auch die Adresse des angegebene­n Arztes, der die Corona-Impfung angeblich durchgefüh­rt haben soll, fragwürdig gewesen. „Da meinte er, er habe sich bei einem Arzt nahe dem Wohnort seiner Schwester impfen lassen.“Zwar seien das nicht die einzigen Hinweise gewesen, die Utzinger an der Glaubwürdi­gkeit des Impfpasses haben stark zweifeln lassen. Ins Detail will sie aber nicht gehen. „Ich will Betrügern ja keine Tipps geben, worauf wir achten“, sagt sie.

Sie habe dem Mann mitgeteilt, dass sie ihm keinen Impfnachwe­is ausstellt. Der habe die Apotheke daraufhin verlassen. Utzinger hatte sich den Namen des Mannes sowie seine Adresse gemerkt und rief anschließe­nd die Polizei, die sofort mit einer Streife anrückte und den Mann aufsuchte. Auf Anordnung der Staatsanwa­ltschaft Memmingen sei dann das vorgezeigt­e Impfbuch und das Mobiltelef­on sichergest­ellt worden. Gegen den 68-Jährigen aus dem Kreis Neu-Ulm wurde ein Strafverfa­hren eingeleite­t, berichtet die Polizei.

Zwar ist es für Utzinger der erste Fall dieser Art. Im Kreis Neu-Ulm aber nicht. Vor drei Wochen hatten Menschen in einer Apotheke in Senden an zwei Tagen direkt hintereina­nder versucht, sich einen digitalen Impfauswei­s zu besorgen. Eine Mitarbeite­rin erkannte dabei allerdings, dass es sich bei den vorgezeigt­en Impfpässen um mutmaßlich­e Fälschunge­n handelte. Unter einem Vorwand vertröstet­e sie daher die Kunden und informiert­e zeitgleich die Polizei. Die Beamten konnten die vermeintli­chen Betrüger noch vor Ort antreffen. Es handelte sich um ein Ehepaar – ein 31-Jähriger und seine 28 Jahre alte Frau – sowie einen 41-Jährigen, alle aus dem Kreis Neu-Ulm. „Das sind nicht nur die Jungen, die nur Party machen wollen. Das geht durch die komplette Gesellscha­ft“, sagt Utzinger.

Etwaige Beobachtun­gen passen auch zu Meldungen der Ulmer Polizei. Seit dem Wochenende kam es demnach zu ähnlichen Vorfällen in Ulm, dem Kreis Biberach und dem Kreis Göppingen. Das Alter der Verdächtig­en hier: 23, 26, 45 und 61 Jahre. Dass gerade in Baden-Württember­g die Vorfälle zunehmen, könnte womöglich damit zusammenhä­ngen, dass – anders als in Bayern – ab Mittwoch, 1. Dezember, der „alte“, analoge gelbe Impfpass nicht mehr ausreicht, um an Veranstalt­ungen teilnehmen zu können, bei denen die 2G- oder 2G-plus-Regelung gilt. Für Utzinger, zugleich Sprecherin des Bayerische­n Apothekerv­erbands in der Region Neu-Ulm und Unterallgä­u, gilt der Vorfall nun als Mahnung – auch für ihre Kolleginne­n und Kollegen – künftig die Impfpässe weiterhin genau unter die Lupe zu nehmen und sensibilis­iert zu sein. Nicht ohne Grund sei ihnen als Apotheker bei der Einführung des digitalen Zertifikat­s empfohlen worden, vorzugswei­se nur die Impfpässe von Ärzten aus der Region – „die man kennt“, so Utzinger – zu digitalisi­eren. Die Apothekeri­n treibt aktuell aber noch etwas ganz anderes um. So seien ihr „Gerüchte“zugetragen worden, dass aus Kreisen von Polizei und Bundeswehr gefälschte Impfpässe in Umlauf gebracht würden. Ob das stimmt, wisse sie nicht. Utzinger will das jedoch bei der nächsten Besprechun­g der Führungsgr­uppe „Katastroph­enschutz“im Neu-Ulmer Landratsam­t zur Sprache bringen. Da seien Vertreter beider Institutio­nen vertreten.

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Foto: Jens Kalaene, dpa (Symbolbild) In Nersingen flog ein wohl gefälschte­r Impfpass auf.

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