Vor 35 Jahren fand hier die erste Ausstellung statt
Rückblick Euphorie, Musik, Tanz und gut 300 Gäste – das brachte 1986 die Eröffnung der ersten Schau im Heimatmuseum Pfuhl. Wie die Idee damals entstand, was zu erleben war und wie es dem Museum heute geht.
Neu‐Ulm–Pfuhl „Es herrschte damals eine wahre Aufbruchstimmung“, erinnert sich der 86-jährige Max Dodel an den Samstag vor 35 Jahren, als das Heimatmuseum Pfuhl und die allererste Ausstellung „Vom Flachs zum Leinen“eröffnet wurden. Es war der 29. November 1986, die Sonne lachte vom Himmel und wetteiferte mit den ebenfalls strahlenden rund 300 Besuchern und Besucherinnen, erzählt der Mitbegründer des Museums im Gespräch mit der Neu-Ulmer Zeitung.
Vertreter des Bezirks Schwaben, des Landkreises Neu-Ulm und natürlich der Stadt Neu-Ulm als Hausherrin machten dem Stadtteil Pfuhl ihre Aufwartung. Alle waren sie begeistert von dem neu eingerichteten Heimatmuseum und der Ausstellung, weiß Max Dodel, der einstige Sprecher der Initiativgruppe Heimatmuseum Pfuhl. „Die Hauptstraße wurde extra etliche Stunden abgesperrt, denn vor und im Rathaus bildete sich ein großer Menschenauflauf.“
Es wurden Reden geschwungen, aufs gelungene Werk angestoßen, Musik gespielt und getanzt (Trachtengruppe der „Pfuhler Seejockel“, Gründerin 1979 Hilde Heimann). Alle hätten sich über das gelungene Werk, das allerdings noch längst nicht vollendet war, gefreut, weiß Dodel. Erst ein Jahr später gründete sich denn auch der Verein „Museumsfreunde Pfuhl“. Erster Vorsitzender wurde damals Pfuhls langjähriger Bürgermeister Karl Salzmann (bis zur Eingemeindung im Jahre 1976 nach Neu-Ulm), seine Stellvertreterin war die im Jahr 2005 verstorbene unvergessene Lisl Leyh, eine Malerin, Dichterin und Volkstümlerin.
Nicht von ungefähr wählten die Pfuhler als erste Ausstellung die Vorgänge rund um den Flachsanbau. Dieser spielte einst in dem kleinen Dorf eine große Rolle. Den Geschichtsbüchern zufolge beschreibt der Ulmer Gymnasialprofessor und Schriftsteller der Landeskunde und Volkswirtschaft Johannes Herkules Haid (1738 bis 1788), anno dazumal, dass im 18. Jahrhundert in Pfuhl 14 Bauern und 40 Leinenweber ihr Dasein mit dem Flachs bestritten. Sie haben ihn angebaut, haben die Fasern versponnen und dann in besonderer Knüpfung zu Stoff verwebt.
Meist belieferten sie etwa mit dem kostbaren „Barchent“die Reichsstadt Ulm. Denn das Leinen war einst ein berühmtes Exportprodukt – meist schipperte es mit der „Ulmer Schachtel“auf der Donau bis hin nach Wien oder zum Schwarzen Meer. Einziger Konkurrent in diesem Wirtschaftszweig sollen den Niederschriften zufolge die Fugger in Weißenhorn gewesen sein.
Zurück aber ins Jahr 1986: Gut zwei Dutzend Frauen und Männern ist es zu verdanken, dass damals das ehemalige Amts- und Rathaus in der Pfuhler Hauptstraße in ein Museum umgewandelt wurde. Begonnen hat alles 1981 mit der überaus erfolgreichen Ausstellung „500 Jahre Dorfordnung Pfuhl“in der Seehalle in Pfuhl, präsentiert von der Faschingsgesellschaft „Seejockel“. Damals wurde der Museumsgedanke von den „Seejockeln“geboren. Ihr Präsident Günter Heimann (2015 gestorben) und seine Frau Hilde, haben einst die Dorfordnung-Ausstellung mit Raritäten aus ihrem eigenen reichhaltigen Fundus bestückt, sowie andere Seejockel-Freunde.
Damit die wertvollen Zeugnisse der Vergangenheit nicht wieder im Verborgenen verschwanden, wollten die „Seejockel“diese Schätze in einem eigenen Museum aufbewahrt sehen. Doch die Gründung scheiterte. Nach langen – auch manchmal unschönen – Diskussionen, entschieden die Verantwortlichen aus Stadt, Landkreis und den Vereinen, in Pfuhl soll eine Zweigstelle des städtischen Heimatmuseums Neu-Ulm aufgebaut werden. Und zwar im alten Rats- und Amtshaus in der Hauptstraße 75.
Es gründete sich dann die bereits erwähnte Initiativgruppe. Alle packten mit an, spendierten Utensilien für die Museumseinrichtung, putzten und schafften, damit den ersten Besuchern und Besucherinnen auch etwas geboten wurde. Und der Erfolg belohnte ihre Mühe. Zwar war bei der Eröffnung 1986 noch nicht alles im Lot. Deshalb folgten Um- und Anbauten sowie der Ausbau der angrenzenden Scheune in den Historischen Museumsstadel, der 2001 eingeweiht werden konnten. Eines allerdings blieb von Anfang an gleich – die allererste Ausstellung. Es veränderte sich nur ihr Standort, er wurde vom Heimatmuseum in den Stadel in die zweite Etage verlegt. Dort präsentieren die Museumsfreunde nämlich noch weitere Handwerkerberufe in zwei Stockwerken. Wohl ist heute der Museumsandrang nicht mehr so euphorisch wie zu Pionierzeiten, als es sonst nur wenige Museen gab: Doch immer wieder locken neue Sonderausstellungen (seit Jahren ist dafür Annemarie Stumpp verantwortlich, die auch Führungen anbietet) die Besucher in Pfuhl an.
Aber seit fast zwei Jahren schlägt nun die Corona-Pandemie zu. Das Museum musste deshalb erstmals längere Zeit geschlossen bleiben, so stellt sich auch die momentane Sachlage dar, die sich aber je nach Entwicklung der Pandemie kurzfristig ändern kann.