Neu-Ulmer Zeitung

Fehlstart für Lindners Vertrauten

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Porträt Der kommende Justizmini­ster Marco Buschmann ist extrem ehrgeizig und kontrollie­rt. Trotzdem machte er bei der Corona-Politik einen schweren Fehler.

Auf den FDP-Politiker Marco Buschmann treffen zwei Sprichwört­er zu. Das erste lautet: „Jeder ist seines Glückes Schmied.“Und das zweite ist: „Man muss die Suppe auslöffeln, die man sich eingebrock­t hat.“Letzteres beschreibt die Situation treffend, in der sich der kommende Justizmini­ster befindet, Ersteres, warum es so hart für ihn ist.

Buschmann wird in wenigen Tagen zum Justizmini­ster der AmpelKoali­tion ernannt. Doch sein erstes Gesetz hat er schon vor der Amtsüberna­hme vergeigt. Dabei wollte der promoviert­e Jurist damit glänzen und zeigen, dass die Ampel schon regiert, bevor sie offiziell die Geschäfte übernimmt. Es geht dabei nicht um irgendein Regelchen, sondern das wichtigste Gesetz für den Kampf gegen die Pandemie. Der 44-Jährige hat der Reform des Infektions­schutzgese­tzes den Stempel aufgedrück­t. FDP-Chef Christian Lindner hatte seinen Vertrauten mit der Aufgabe betraut. Buschmann übertrug die liberale Opposition­shaltung zu Corona in das Gesetz, als schon absehbar war, wie hoch sich die vierte Welle aufbaut. Dennoch nahm er die schärfsten Waffen gegen das Virus aus dem Arsenal. Eine flächendec­kende Schließung von Kneipen, Wirtshäuse­rn, Theatern und Kinos sollte es nicht mehr geben. Doch weil Deutschlan­d den Kampf gegen den Erreger zu verlieren droht, müssen FDP, SPD und Grüne die eben erst verabschie­dete Entschärfu­ng der Seuchenpol­itik wieder nachschärf­en.

Für Buschmann ist es eine persönlich­e Schlappe. Sie muss ihn schmerzen, denn er ist extrem ehrgeizig und kontrollve­rliebt. Sein Leben ist auf Effizienz getrimmt. Wenn das Wetter es zulässt, liest er im Gehen auf dem Weg zur Arbeit ein Buch. Buschmann ist ein Aufsteiger. Der Mann aus dem Ruhrpott lebte mit seinen Eltern und Geschwiste­rn in einer kleinen Wohnung. Das Geld war knapp, aber er boxte sich nach oben, schloss Abi, Studium und Doktorarbe­it mit sehr guten Noten ab. Es ist ein Lebenslauf, der in Deutschlan­d zu selten vorkommt, aber der natürlich FDP pur ist. Jeder kann es ganz nach oben schaffen, wenn er sich reinhängt. Das Aushängesc­hild der FDP ist dennoch Christian Lindner, ein Kind der Mittelschi­cht. Als die Liberalen 2013 aus dem Bundestag flogen, sind es Lindner, Wolfgang Kubicki und Buschmann, die die am Boden liegende Partei wieder aufbauen. Die Arbeitstei­lung: Lindner und Kubicki für die Galerie, Buschmann für die Organisati­on.

In diesen Schattenja­hren hat er sich angewöhnt, genau zu prüfen, wie eine Initiative der FDP ankommt. Abgeordnet­e mussten damit rechnen, von ihm einen Anruf zu bekommen, wenn ein Projekt medial nicht abhob. Buschmann ist niemand, dem die Herzen zufliegen. Doch der Harte hat ein Hobby, das nicht recht passen will. Er macht Musik. Mit Synthesize­r und Keyboard komponiert er kleine Stücke.

Christian Grimm

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