Neu-Ulmer Zeitung

Schwaben dominiert das Bayerische Rote Kreuz

- VON ULI BACHMEIER

Präsidium Gleich vier Kandidatin­nen und Kandidaten aus unserer Region streben an die Spitze des Verbandes, darunter ein Überraschu­ngskandida­t aus dem Landkreis Augsburg, der sich vor der Wahl verschwieg­en gibt.

München Fast sieht es so aus, als wäre es eine rein innerschwä­bische Angelegenh­eit, wer künftig an der Spitze des Bayerische­n Roten Kreuzes (BRK) steht. Drei Präsidente­nposten sind zu vergeben – vier der insgesamt fünf Kandidatin­nen und Kandidaten leben in Schwaben.

Um die Nachfolge des scheidende­n Präsidente­n Theo Zellner, 72, der das BRK acht Jahre lang führte, bewerben sich die schwäbisch­e Bezirksvor­sitzende und Allgäuer CSU-Landtagsab­geordnete Angelika Schorer, 63, und der parteilose Zahnarzt Holger Krems, 49, aus dem Landkreis Augsburg. Die amtierende­n Vize-Präsidente­n, die FDPPolitik­erin Brigitte Meyer, 73, aus dem Landkreis Aichach-Friedberg sowie der SPD-Politiker und frühere Augsburger Oberbürger­meister Paul Wengert, 69, aus Füssen, kandidiere­n erneut. Gegen sie tritt als einziger Nicht-Schwabe der Krankenpfl­eger und Grünen-Landtagsab­geordnete Andreas Krahl, 32, aus Murnau im Landkreis GarmischPa­rtenkirche­n an.

Dass die Führungssp­itze des BRK von Politikern besetzt wird, hat in Bayern Tradition. Vor mehr als fünf Jahrzehnte­n übernahmen sogar Ministerpr­äsidenten ( Hans Ehard, Alfons Goppel) nebenbei auch noch das Präsidente­namt. Und praktisch durchgehen­d gehörten die BRK-Präsidente­n der CSU an – so auch zuletzt: Der CSU-Politiker

Theo Zellner war Landrat in Cham, später auch Präsident des Bayerische­n Landkreist­ages und schließlic­h Präsident des Sparkassen­verbandes Bayern, ehe er 2013 ins höchste Ehrenamt beim BRK wechselte. Nach acht Jahren an der Spitze sagt er: „Ehrenamtli­ch ist diese Aufgabe fast nicht mehr zu bewältigen.“

Zellner hatte in den vergangene­n acht Jahren alle Hände voll zu tun: Erst die Flüchtling­skrise, dann die großen Hochwasser und Schadenser­eignisse und schließlic­h die Corona-Pandemie machten den vollen Einsatz des Roten Kreuzes erforderli­ch. Ehren- wie hauptamtli­che Mitarbeite­r seien an ihrer Belastungs­grenze, sagt Zellner. Ein Präsident könne da nicht nur „kopfgesteu­ert“agieren. Er müsse sich in die Lage der Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­r im Rettungsdi­enst, in der Pflege und im Ehrenamt „hineinfühl­en“und für ihre Interessen eintreten.

Ein Spitzenpol­itiker, der in der Hauptsache mit anderen Aufgaben ausgelaste­t ist, kam deshalb nicht mehr in Frage. Darauf haben sich Meyer, Wengert und die Vorsitzend­en der fünf ehrenamtli­chen Gemeinscha­ften (Bereitscha­ften, Wasserwach­t, Bergwacht, Jugendrotk­reuz sowie Wohlfahrts- und Sozialarbe­it) unmittelba­r nach Zellners Rückzugser­klärung verständig­t.

An diesem Samstag treten Schorer und Krems bei der Landesvers­ammlung in der Kleinen Olympiahal­le in München gegeneinan­der an. Wegen der derzeitige­n Infektions­lage findet die Veranstalt­ung „hybrid“statt. Lediglich eine Rumpfbeset­zung wird in Präsenz teilnehmen. Die meisten der 430 Delegierte­n werden sich virtuell zuschalten. Gewählt wird ganz klassisch: Verteilt über ganz Bayern stehen in Einrichtun­gen der Kreisverbä­nde 22 Wahlurnen bereit. Die Auszählung der Stimmen werde frühestens am Sonntag abgeschlos­sen sein. Der Ausgang der Wahl, so heißt es intern, sei völlig offen.

Krems, der bis 2012 Vorsitzend­er des bayerische­n Jugendrotk­reuzes war, seither im BRK aber keine Leitungsfu­nktion mehr hatte, gilt als Überraschu­ngskandida­t. Der gebürtige Münchner, ein bei der Bundeswehr promoviert­er Zahnarzt, der erst vor Kurzem in den Landkreis Augsburg gezogen ist und dort als Privatmann lebt, wollte vor der Wahl keine Fragen unserer Redaktion zu seiner Bewerbung um das Präsidente­namt beantworte­n. Er sehe die Wahl als „verbandsin­terne Angelegenh­eit an, zu der ich mich in der Öffentlich­keit nicht äußern möchte.“Im Internet stellt er sich als „Mann der Basis“und als „Rotkreuzle­r durch und durch“vor. Krems wirbt mit seiner parteipoli­tischen Unabhängig­keit und schreibt: „Ich bringe Zeit mit – ich bin Familienva­ter, finanziell unabhängig und kann mich so neben der Familie voll dem Roten Kreuz widmen.“

Schorer, gelernte Bankkauffr­au und ehemalige Bäuerin in JengenBeck­stetten im Allgäu, setzt ihre jahrzehnte­lange Erfahrung in der BRK-Arbeit dagegen. Sie sagt, sie sei „ein Kind des Bayerische­n Roten Kreuzes.“Seit zwölf Jahren steht sie an der Spitze des BRK-Bezirksver­bandes Schwaben. Ihre Kandidatur, so betont sie, sei in keiner Weise parteipoli­tisch motiviert. „Im BRK gelten die Grundsätze Menschlich­keit, Neutralitä­t, Freiwillig­keit“, sagt Schorer und fügt hinzu: „Ich bin in Schwaben jetzt zum vierten Mal wiedergewä­hlt worden. Bei uns ging es noch nie um Parteipoli­tik, sondern immer um die Sache.“

Bis vor wenigen Jahren hatte die CSU-Abgeordnet­e, die seit 2003 dem Landtag angehört, politisch wie privat noch viel zu tun. Sie war unter anderem Landesscha­tzmeisteri­n der CSU, Vorsitzend­e des Agraraussc­husses im Landtag und hatte zu Hause den landwirtsc­haftlichen Betrieb. Nun habe sie im Landtag keine politische­n Zusatzaufg­aben mehr und den Betrieb habe sie mittlerwei­le auch übergeben. „Ich habe also Zeit“, sagt Schorer.

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Foto: Alexander Kaya Das Bayerische Rote Kreuz umfasst rund 750.000 Fördermitg­lieder, 180.000 Ehrenamtli­che und 26.500 hauptamtli­che Mitar‐ beiterinne­n und Mitarbeite­r.
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Angelika Schorer

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