Neu-Ulmer Zeitung

Das Rätsel um die Weltkriegs­bombe

- VON LUKE MAGUIRE

Explosion In München detoniert eine US-Fliegerbom­be, vier Menschen werden verletzt. Nun ermittelt die Staatsanwa­ltschaft. Ein Kampfmitte­l-Experte spricht über mögliche Ursachen.

München Einen Tag nach der Explosion einer Fliegerbom­be unweit des Münchner Hauptbahnh­ofs haben Polizei und Staatsanwa­ltschaft Ermittlung­en wegen des Verdachts des fahrlässig­en Herbeiführ­ens einer Sprengstof­fexplosion aufgenomme­n. Ungeklärt ist bislang vor allem, wie es zu der Detonation kam und ob ein schuldhaft­es Verhalten vorliegt. „Wenn so etwas passiert, muss es eine Ursache haben“, sagte ein Polizeispr­echer am Donnerstag. Dass die Bombe übersehen wurde, weise darauf hin, dass der Bereich vor Beginn der Bohrarbeit­en womöglich nicht, zu wenig oder falsch abgesucht worden sei.

Die Explosion der 250 Kilogramm schweren US-Fliegerbom­be hatte sich am Mittwochmi­ttag auf einer Baustelle für die zweite Stammstrec­ke in der Nähe der Donnersber­gerbrücke ereignet. Dabei wurden vier Menschen verletzt, einer von ihnen schwer. Lebensgefa­hr bestand für den 62-jährigen Bauarbeite­r allerdings nicht.

Glück hatten die Fahrgäste einer S-Bahn, die zum Zeitpunkt der Explosion auf einem nahe gelegenen Gleis vorbeifuhr. Sie blieben unverletzt, sagte ein Sprecher der Deutschen Bahn auf Anfrage unserer Redaktion. Ein Großaufgeb­ot von Feuerwehr, Polizei und Rettungskr­äften war schnell am Unglücksor­t. Es entstand ein Sachschade­n in Höhe von rund fünf Millionen Euro.

Zur möglichen Ursache wollte sich die Bahn nicht äußern. Nach ersten Erkenntnis­sen sei die Bombe bei Bohrarbeit­en explodiert, sagte Bayerns Innenminis­ter Joachim Herrmann (CSU) bei einem Besuch des Unglücksor­tes. Doch warum wurde sie nicht frühzeitig entdeckt? Fehlte gar eine vor solchen Baumaßnahm­en übliche Sondierung?

Andreas Heil ist Betriebsle­iter der auf Kampfmitte­lräumung spezialisi­erten, aber nicht auf dieser Baustelle tätigen Tiefbaufir­ma Tauber. Er sagte unserer Redaktion: „Es verbieten sich Schuldzuwe­isungen zum aktuellen Zeitpunkt.“Im Moment könne man nur spekuliere­n, was schiefgela­ufen ist.

Eine Möglichkei­t: Die Bombe wurde übersehen, weil eben nicht, zu wenig oder falsch abgesucht worden sei. „Da wurde dann ohne entspreche­nde Freigabe gearbeitet“, sagte Heil. In diesem Fall könne die Polizei schnell aufklären, was passiert ist.

Ein zweites Szenario: Es wurde zwar sondiert, aber einfach nichts gefunden. „Das müssen wir uns so vorstellen: Wir schauen aus dem Fenster und es ist sehr neblig und dunkel. Dann haben wir zwar rausgescha­ut, also sondiert, aber aufgrund des Nebels und der Dunkelheit können wir keine Aussage treffen. Das passiert in der Kampfmitte­lräumung leider sehr oft.“Demnach wäre die Bombe einfach nicht gesehen worden.

Es müsse auch untersucht werden, warum die Bombe letztlich explodiert­e. Womöglich ließ die Schaufel des Baggers sie hochgehen, aber auch Vibratione­n im direkten Umfeld seien dazu imstande. Das Entscheide­nde sei die Art des Zünders, sagt Heil – und dieser sei noch nicht gefunden worden. Bei einem Langzeitzü­nder würden kleinste Störungen ausreichen, bei anderen Zündsystem­en „müsste man wirklich massiv auf den Zünder oder die Bombe einwirken, damit sie hochgeht“. Auch ob man die Bombe hätte entschärfe­n können, liege an der Art des Zünders, sagt der Kampfmitte­l-Experte. „Wenn man sie zum richtigen Zeitpunkt erwischt, kann man allerdings die allermeist­en Bomben entschärfe­n.“

Um weitere Explosione­n zu vermeiden, sei auf nahe liegenden Baustellen Vorsicht geboten. „Ein Unglück kommt selten allein. Im Bereich zwischen der Donnersber­gerbrücke und dem Hauptbahnh­of werden seit Jahren immer wieder Bomben gefunden.“(mit dpa)

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Foto: dpa Das privat aufgenomme­ne Foto zeigt die Unglücksst­elle unmittelba­r nach der Explosion. Links unten ist die rote S‐Bahn zu sehen, die gerade vorbeifuhr.

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