Nersinger entscheiden über die Grundschule
Schließung Nach kontroverser Debatte stimmt der Gemeinderat für ein Ratsbegehren.
Nersingen Darf, soll und kann ein Gemeinderat einen gültigen Beschluss zurücknehmen? Mit dieser Frage haben sich jüngst die Nersinger Rätinnen und Räte beschäftigt. Auslöser dafür war die Entscheidung im April dieses Jahres, die Grundschule in Fahlheim zu schließen und den Standort mit den Schulen in Straß und Nersingen zusammenzulegen.
Weil das Gebäude sanierungsbedürftig und für ein modernes Bildungskonzept nicht geeignet sei und die zu erwartenden Schülerzahlen im Ortsteil nicht ausreichten, hatte sich im Frühjahr die Mehrheit der Gemeinderäte für eine Schließung der Schule ausgesprochen. Eine gewaltige Protestwelle aus Oberfahlheim tat sich in den folgenden Wochen auf. Eine Bürgerinitiative organisierte Protestmärsche und sammelte Unterschriften. Jüngst erklärte sich Drogeriekönig Erwin Müller bereit, für den Erhalt der Schule bis zu 700.000 Euro zu spenden.
Auf Antrag der CSU-Fraktion soll nun die Entscheidung vom April durch ein Ratsbegehren auf den Prüfstand. In einem Bürgerentscheid soll über die Zukunft der Dorfschule entschieden werden. Der Fraktionsvorsitzende Albert Riedl erklärte dazu, dass die Schließung und damit verbundene Umgestaltung der Schullandschaft ebenso umsetzbar sei wie ein Erhalt des Standorts Oberfahlheim. Alle Nersinger Bürgerinnen und Bürger sollten die Möglichkeit haben, ihre Meinung einzubringen. Die Entscheidung des 21-köpfigen Gemeinderates sei schließlich nicht immer repräsentativ für den Bürgerwillen, sagte Riedl. „Wir brauchen eine transparente Entscheidung.“
Dieter Wegerer von den Freien Wählern erteilte dem Antrag eine klare Absage: „Das Wesen der Demokratie ist nicht immer einstimmig, sondern folgt der Mehrheit.“Er erinnerte daran, dass im September der stellvertretende Bürgermeister Gerhard Jehle (CSU) bekannt gegeben hatte, dass das Thema Grundschule nochmals auf die Tagesordnung kommen solle. Die FW-Fraktion sei eindeutig für den Erhalt der Dorfschule. Die Entscheidung darüber soll nach ihrer Auffassung aber im Gemeinderat fallen.
Silvia Wäsnig (SPD) erklärte, dass der demokratisch gefasste Beschluss vom April zu akzeptieren sei. Sie fühle sich als Gemeinderätin von dem massiven Auftreten der Bürgerinitiative erpresst und unter Druck gesetzt. Die damalige Entscheidung sei mutig gewesen, während bei einem Erhalt der Schule immer das Damoklesschwert der drohenden Schließung über der Dorfschule schweben würde. Ihre
Fraktionskollegin Sabine Kretschmer äußerte sich ähnlich: Dem Beschluss seien jahrelange Gespräche und Diskussionen mit dem Schulamt, den Schulleitern und anderen Betroffenen vorausgegangen. Das Ergebnis sei gewesen, mit einer Zusammenlegung der Schulen die individuelle Förderung der Buben und Mädchen zu verbessern.
Gerhard Jehle stellte sich hinter das Verhalten der Oberfahlheimer Bürgerinitiative: „Dass die Bürger sich lautstark gegen die Schließung ihrer Schule wehren, ist verständlich und legitim.“Sein Parteikollege Franz Merkle brachte es auf den Punkt: „Wir dürfen den Aufschrei aus der Bevölkerung als deren gewählte Vertreter nicht überhören.“Auch wenn er noch immer grundsätzlich für eine Schließung des Standortes sei, müsse man einräumen, damals auf Grundlage nüchterner Zahlen und Fakten beschlossen zu haben, während man jetzt mit den Emotionen der Bürgerinnen und Bürger konfrontiert werde.
CSU-Rätin Anja Mayer-Ley hielt ihrerseits ihre Emotionen nicht zurück: „Die Kinder müssen im Mittelpunkt stehen, nicht ein gewisser Teil der polternden Eltern, die sich nicht wirklich auf die Argumente einlassen wollen und verbissene Kämpfe ausfechten.“Als Mitarbeiterin der Einrichtung erlebe sie, wie die Schulen regelmäßig mit personellen Engpässen zu kämpfen hätten und die ruhigen und schwachen Kinder dabei zu kurz kämen. Auch die Grundschule Straß habe aktuell allen Grund zur Sorge, wenn bei einem Erhalt der Fahlheimer Schule das angestrebte Bildungskonzept in Gefahr sei. In Richtung des Großspenders Erwin Müller gewandt meinte sie, dieser könne der Gemeinde etwa eine Sporthalle stiften.
Bürgermeister Erich Winkler (CSU) erklärte, dass es in dieser Diskussion weder richtig noch falsch gebe und bedauerte, dass durch dieses Thema ein Keil in den Gemeinderat bis in die Fraktionen getrieben worden sei: „Es geht mir um Befriedung und es trifft mich, wenn der Sachverhalt nicht objektiv dargestellt wird.“Die Diskussion solle nun wieder weniger emotional und mehr sachlich geführt werden. In diesem Sinne solle auch die objektive Fragestellung im Bürgerentscheid formuliert werden, die von allen Gemeinderäten ausgearbeitet und von einem Rechtsbeistand abgesegnet werden soll.
Letztlich sorgte die knappe CSUMehrheit dafür, dass gegen die vier Stimmen der SPD und fünf Stimmen der Freien Wähler der Antrag auf ein Ratsbegehren angenommen wurde. Damit sollen die Bürgerinnen und Bürger in einer Abstimmung, deren Zeitpunkt noch nicht feststeht, über die Zukunft der Oberfahlheimer Schule entscheiden.