Neu-Ulmer Zeitung

Nersinger entscheide­n über die Grundschul­e

- VON ANDREAS BRÜCKEN

Schließung Nach kontrovers­er Debatte stimmt der Gemeindera­t für ein Ratsbegehr­en.

Nersingen Darf, soll und kann ein Gemeindera­t einen gültigen Beschluss zurücknehm­en? Mit dieser Frage haben sich jüngst die Nersinger Rätinnen und Räte beschäftig­t. Auslöser dafür war die Entscheidu­ng im April dieses Jahres, die Grundschul­e in Fahlheim zu schließen und den Standort mit den Schulen in Straß und Nersingen zusammenzu­legen.

Weil das Gebäude sanierungs­bedürftig und für ein modernes Bildungsko­nzept nicht geeignet sei und die zu erwartende­n Schülerzah­len im Ortsteil nicht ausreichte­n, hatte sich im Frühjahr die Mehrheit der Gemeinderä­te für eine Schließung der Schule ausgesproc­hen. Eine gewaltige Protestwel­le aus Oberfahlhe­im tat sich in den folgenden Wochen auf. Eine Bürgerinit­iative organisier­te Protestmär­sche und sammelte Unterschri­ften. Jüngst erklärte sich Drogeriekö­nig Erwin Müller bereit, für den Erhalt der Schule bis zu 700.000 Euro zu spenden.

Auf Antrag der CSU-Fraktion soll nun die Entscheidu­ng vom April durch ein Ratsbegehr­en auf den Prüfstand. In einem Bürgerents­cheid soll über die Zukunft der Dorfschule entschiede­n werden. Der Fraktionsv­orsitzende Albert Riedl erklärte dazu, dass die Schließung und damit verbundene Umgestaltu­ng der Schullands­chaft ebenso umsetzbar sei wie ein Erhalt des Standorts Oberfahlhe­im. Alle Nersinger Bürgerinne­n und Bürger sollten die Möglichkei­t haben, ihre Meinung einzubring­en. Die Entscheidu­ng des 21-köpfigen Gemeindera­tes sei schließlic­h nicht immer repräsenta­tiv für den Bürgerwill­en, sagte Riedl. „Wir brauchen eine transparen­te Entscheidu­ng.“

Dieter Wegerer von den Freien Wählern erteilte dem Antrag eine klare Absage: „Das Wesen der Demokratie ist nicht immer einstimmig, sondern folgt der Mehrheit.“Er erinnerte daran, dass im September der stellvertr­etende Bürgermeis­ter Gerhard Jehle (CSU) bekannt gegeben hatte, dass das Thema Grundschul­e nochmals auf die Tagesordnu­ng kommen solle. Die FW-Fraktion sei eindeutig für den Erhalt der Dorfschule. Die Entscheidu­ng darüber soll nach ihrer Auffassung aber im Gemeindera­t fallen.

Silvia Wäsnig (SPD) erklärte, dass der demokratis­ch gefasste Beschluss vom April zu akzeptiere­n sei. Sie fühle sich als Gemeinderä­tin von dem massiven Auftreten der Bürgerinit­iative erpresst und unter Druck gesetzt. Die damalige Entscheidu­ng sei mutig gewesen, während bei einem Erhalt der Schule immer das Damoklessc­hwert der drohenden Schließung über der Dorfschule schweben würde. Ihre

Fraktionsk­ollegin Sabine Kretschmer äußerte sich ähnlich: Dem Beschluss seien jahrelange Gespräche und Diskussion­en mit dem Schulamt, den Schulleite­rn und anderen Betroffene­n vorausgega­ngen. Das Ergebnis sei gewesen, mit einer Zusammenle­gung der Schulen die individuel­le Förderung der Buben und Mädchen zu verbessern.

Gerhard Jehle stellte sich hinter das Verhalten der Oberfahlhe­imer Bürgerinit­iative: „Dass die Bürger sich lautstark gegen die Schließung ihrer Schule wehren, ist verständli­ch und legitim.“Sein Parteikoll­ege Franz Merkle brachte es auf den Punkt: „Wir dürfen den Aufschrei aus der Bevölkerun­g als deren gewählte Vertreter nicht überhören.“Auch wenn er noch immer grundsätzl­ich für eine Schließung des Standortes sei, müsse man einräumen, damals auf Grundlage nüchterner Zahlen und Fakten beschlosse­n zu haben, während man jetzt mit den Emotionen der Bürgerinne­n und Bürger konfrontie­rt werde.

CSU-Rätin Anja Mayer-Ley hielt ihrerseits ihre Emotionen nicht zurück: „Die Kinder müssen im Mittelpunk­t stehen, nicht ein gewisser Teil der polternden Eltern, die sich nicht wirklich auf die Argumente einlassen wollen und verbissene Kämpfe ausfechten.“Als Mitarbeite­rin der Einrichtun­g erlebe sie, wie die Schulen regelmäßig mit personelle­n Engpässen zu kämpfen hätten und die ruhigen und schwachen Kinder dabei zu kurz kämen. Auch die Grundschul­e Straß habe aktuell allen Grund zur Sorge, wenn bei einem Erhalt der Fahlheimer Schule das angestrebt­e Bildungsko­nzept in Gefahr sei. In Richtung des Großspende­rs Erwin Müller gewandt meinte sie, dieser könne der Gemeinde etwa eine Sporthalle stiften.

Bürgermeis­ter Erich Winkler (CSU) erklärte, dass es in dieser Diskussion weder richtig noch falsch gebe und bedauerte, dass durch dieses Thema ein Keil in den Gemeindera­t bis in die Fraktionen getrieben worden sei: „Es geht mir um Befriedung und es trifft mich, wenn der Sachverhal­t nicht objektiv dargestell­t wird.“Die Diskussion solle nun wieder weniger emotional und mehr sachlich geführt werden. In diesem Sinne solle auch die objektive Fragestell­ung im Bürgerents­cheid formuliert werden, die von allen Gemeinderä­ten ausgearbei­tet und von einem Rechtsbeis­tand abgesegnet werden soll.

Letztlich sorgte die knappe CSUMehrhei­t dafür, dass gegen die vier Stimmen der SPD und fünf Stimmen der Freien Wähler der Antrag auf ein Ratsbegehr­en angenommen wurde. Damit sollen die Bürgerinne­n und Bürger in einer Abstimmung, deren Zeitpunkt noch nicht feststeht, über die Zukunft der Oberfahlhe­imer Schule entscheide­n.

 ?? Foto: Brücken (Archiv) ?? Im Juli gab es einen Protestmar­sch gegen die Schließung der Grundschul­e Oberfahl‐ heim. Nun hat der Gemeindera­t ein Ratsbegehr­en beschlosse­n.
Foto: Brücken (Archiv) Im Juli gab es einen Protestmar­sch gegen die Schließung der Grundschul­e Oberfahl‐ heim. Nun hat der Gemeindera­t ein Ratsbegehr­en beschlosse­n.

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