Neu-Ulmer Zeitung

Neu‐Ulmerin schlägt Polizistin und randaliert in Zelle

- VON QUIRIN HÖNIG

Justiz Nach einem Streit kommt eine Frau in Gewahrsam. Dort schlägt sie einer Beamtin ins Gesicht und überflutet danach die ihr zugeteilte Zelle. Das sagt die Richterin zu dem Ausraster.

Neu‐Ulm Richterin Gabriele Buck macht laut eigener Aussage ihren Job „auch nicht erst seit drei Tagen“. Dass jemand in Polizeigew­ahrsam versucht, die Zelle zu überfluten, indem sie Decken ins Klo stopft, habe sie aber noch nicht gehört. Die angeklagte Neu-Ulmerin kann sich an den Vorfall kaum erinnern. Sie hat sich auch den Beamtinnen und Beamten widersetzt und einer Polizistin ins Gesicht geschlagen.

Der Ausgangspu­nkt des Vorfalls war ein Abend Ende Januar 2021 gewesen, an dem viel Alkohol getrunken wurde. Die 29-jährige Angeklagte und ihr Lebensgefä­hrte hatten in ihrer Wohnung Besuch von einer Cousine der Frau. Dabei kam es zu einem Streit mit Handgreifl­ichkeiten. Die Neu-Ulmerin konnte nicht sagen, warum der Streit ausgebroch­en war. An die Nacht erinnere sie sich nur bruchstück­haft. „Was ist das Letzte, an das Sie sich erinnern können?“, fragte Richterin

Buck. „Ganz verschwomm­en, dass ich mitgenomme­n wurde“, antwortete die Angeklagte. Bei einem Alkoholtes­t wurden bei ihr laut Polizeiber­icht 3,14 Promille festgestel­lt.

Eine Polizistin, die am Einsatz beteiligt war, schilderte vor Gericht das restliche Geschehen. Sie war mit ihren Kolleginne­n und Kollegen wegen einer Randale in eine Privatwohn­ung gekommen. Alle drei Beteiligte­n waren bei der Ankunft der

Polizei stark alkoholisi­ert. Anders als ihr Partner und ihre Cousine widersetzt­e sich die 29-Jährige den Anweisunge­n der Einsatzkrä­fte. Die Angeklagte, erzählte die Polizistin, habe starke Stimmungss­chwankunge­n gehabt und war unsicher auf den Beinen. Damit die Situation nicht noch mehr eskalierte, wurde die Neu-Ulmerin in Sicherheit­sgewahrsam genommen. Auf der Fahrt zur Polizeiins­pektion fragte sie laut Aussage der Polizistin mehrmals, warum sie „verhaftet“werde. Die Erklärung, dass sie nicht verhaftet werde, sondern lediglich in Gewahrsam genommen werde, verstand oder hörte die Frau nicht.

In der Dienststel­le der Polizeiins­pektion Neu-Ulm angekommen, weigerte sich die 29-Jährige, in die Zelle zu gehen und musste hineingebr­acht werden. Anschließe­nd wurde sie von der Polizistin, die als Zeugin aussagte, aufgeforde­rt, sich auszuziehe­n, um sie nach gefährlich­en Gegenständ­en zu durchsuche­n. Auch hier kooperiert­e die Angeklagte nicht. Die Beamtin musste die 29-Jährige entkleiden, dabei schlug diese ihr mit der flachen Hand ins Gesicht und versuchte, ihr die Maske herunterzu­ziehen.

Wenig später stopfte die 29-Jährige Toilettenp­apier und Wolldecken in die Toilette der Zelle und spülte mehrfach, sodass der Raum geflutet wurde. Die Frau wurde in eine andere Zelle verlegt, in der sie erneut versuchte, die Toilette zu verstopfen. Das klappte diesmal nicht. Nach dem Vorfall entschuldi­gte sie sich telefonisc­h und später auch schriftlic­h bei der Polizistin und zahlte ihr 600 Euro Schmerzens­geld.

Die Staatsanwä­ltin sah in diesem Vorfall einen tätlichen Angriff auf Vollstreck­ungsbeamte in Tateinheit mit Widerstand gegen Vollstreck­ungsbeamte und vorsätzlic­he Körperverl­etzung sowie zwei Fälle von versuchter Sachbeschä­digung. Sie forderte eine Bewährungs­strafe von elf Monaten und eine Geldauflag­e von 3500 Euro. Der Verteidige­r verwies auf die Einsicht der 29-Jährigen, ihre Entschuldi­gung und die

Zahlung des Schmerzens­geldes. Dies bezeichnet­e er als einen „astreinen Täter-Opfer-Ausgleich“. Er hielt eine Geldstrafe von 90 Tagessätze­n zu je 60 Euro ausreichen­d.

Richterin Buck verurteilt­e die Frau wegen eines tätlichen Angriffs auf Vollstreck­ungsbeamte in Tateinheit mit Widerstand gegen Vollstreck­ungsbeamte und vorsätzlic­he Körperverl­etzung sowie zwei Fälle von versuchter Sachbeschä­digung, zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätze­n zu je 60 Euro. Das Gericht toleriere und akzeptiere keine Gewalt gegenüber Polizisten, sagte Buck in der Urteilsbeg­ründung. Da die Angeklagte sich entschuldi­gt und sich reuig und einsichtig gezeigt hatte, sofort das Schmerzens­geld gezahlt hatte und noch nicht vorbestraf­t war, sei eine Geldstrafe ausreichen­d. Da es aber ein „massiver Ausraster“gewesen sei, müssten es mehr Tagessätze sein als die vom Verteidige­r geforderte­n 90.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräf­tig.

● 7‐Tage‐Inzidenz (RKI‐Wert): 581,8 Neuinfekti­onen in sieben Tagen pro 100.000 Einwohner

● Sieben‐Tage‐Fallzahl: 1023 ● Todesfälle bisher: 163 (+4)

● Corona‐Patienten auf Intensiv‐ station: 7 (davon beatmet: 4)

● Intensivbe­tten frei: 2

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Foto: D. Karmann, dpa (Symbolbild) Eine Polizistin wurde attackiert und ver‐ letzt.

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