Neu-Ulmer Zeitung

Ärger um fünf neue Wohnungen in Bellenberg

- VON REGINA LANGHANS

Justiz Anwohnerin­nen und Anwohner in der Gemeinde befürchten Beeinträch­tigungen durch einen Neubau und kämpfen deshalb um Kompromiss­e. Eine gütliche Einigung ist nicht in Sicht. Nun soll ein Gericht entscheide­n.

Bellenberg Der Flächenfra­ß im Illertal ist nicht mehr zu übersehen, manche Orte scheinen geradezu zusammenzu­wachsen durch das Ausweisen von immer neuen Baugebiete­n. Nachverdic­htung heißt daher das Schlagwort, das in der Kommunalpo­litik immer häufiger fällt. Auch in Bellenberg. Dort will ein Investor ein Gebäude deutlich vergrößern. Den Nachbarn ist das zu viel. Sie klagen.

Immer öfter wird im Bellenberg­er Gemeindera­t um Anträge von umbaufreud­igen Bürgern gerungen, die um eine Befreiung von Bebauungsp­länen bitten. Im vorliegend­en Fall, der inzwischen vor der vierten Kammer des Bayerische­n Verwaltung­sgerichts gelandet ist, liegt allerdings gar kein Bebauungsp­lan vor, an dem sich der Investor hätte orientiere­n müssen. So erteilten die Gemeinderä­te der Erweiterun­g eines Zweifamili­enhauses mit Platz für fünf Wohneinhei­ten mehrheitli­ch grünes Licht. Das Landratsam­t, dem letztlich die Entscheidu­ng obliegt, entsprach dem Antrag ebenso. Drei Anwohner sehen nun ihre Wohnqualit­ät gefährdet, zumal nicht einmal Nachbarunt­erschrifte­n eingeholt wurden, und es gibt Zoff.

Ihre Anklage lautet: Verstoß gegen die Rücksichtn­ahme beziehungs­weise gegen das Gebot der Rücksichtw­ahrung. Weil sich die Kontrahent­en nicht auf Kompromiss­e einigen konnten, zuletzt auch nicht im Rahmen des Gerichtste­rmins vergangene­n Mittwoch, wird eine richterlic­he Entscheidu­ng fallen und den Beteiligte­n zugesandt. Die Streitpunk­te im Einzelnen: Der Investor plant, für das künftig fünf Wohneinhei­ten umfassende Gebäude die erforderli­che Infrastruk­tur im Hinterhof zu errichten, weshalb die Nachbarn um die Wohnqualit­ät in ihren direkt anschließe­nden Hinterhöfe­n fürchten.

Zwei der Kläger sehen ihre rückwärtig­en Erholungs- und Grünbereic­he beeinträch­tigt, wenn in direkter Nachbarsch­aft elf Stellplätz­e, teils in Form von Garagen, entstehen. Wobei die Gemeindeor­dnung bei fünf Wohneinhei­ten genau zehn

Plätze vorgibt. Ebenfalls dort geplant sind Fahrradstä­nder und ein Bereich für Mülltonnen. Der dritte Kläger sieht seinen Privatbere­ich durch den gegen Westen geplanten Terrassenb­au gefährdet, denn der beinhalte eine Verlagerun­g des Lebensschw­erpunktes der Bewohner in diese Richtung. Zudem rechnet er durch die ein- und ausfahrend­en Autos auf der schmalen Siedlungss­traße mit wiederkehr­enden Verkehrspr­oblemen.

Die Kläger waren mit zwei Anwälten zum Gerichtste­rmin erschienen, einer vertrat zwei Parteien. Dieser trug die Kompromiss­vorschläge vor, unter denen seine Mandanten sich mit dem Bauvorhabe­n arrangiere­n könnten: Der Investor sollte Möglichkei­ten finden, um Mülltonnen und Fahrradstä­nder vor dem Haus zu platzieren, um dadurch Lärmquelle­n im Hof zu reduzieren. Weiter sei gewünscht, alle Möglichkei­ten der Lärmreduzi­erung auszunütze­n: etwa geräuschar­me Garagentor­e, Flüsterasp­halt, eingegrenz­te insektenfr­eundliche Lichtquell­en, Schallschu­tz zu den Nachbarn – insgesamt sieben Kriterien. Die dritte Partei machte den Vorschlag, den Terrassenb­au nach Süden auszuricht­en, wodurch die Privatsphä­re im Garten des Klägers weniger tangiert würde. Des Weiteren machte dieser den Vorschlag, indem er sich auch persönlich zu Wort meldete, zusätzlich zum Lärmschutz eine direkte Verbindung von Wohnhaus und Garagen herzustell­en, um die Geräuschku­lisse weitmöglic­hst einzuhause­n.

Insgesamt wurde von den Klägern bemängelt, dass die zahlreich vorhandene­n Nachbarunt­erschrifte­n offenbar keine Wirkung zeigten und ein versproche­ner Gesprächst­ermin beim damaligen stellvertr­etenden Bürgermeis­ter Abdo De Basso niemals anberaumt wurde.

Der Anwalt des beklagten investiere­nden Ehepaares reagierte auf die Vorschläge ablehnend, ohne sich auf Erklärunge­n einzulasse­n. Darauf stellten die Rechtsanwä­lte der Kläger den fünf anwesenden Richtern des Verwaltung­sgerichts den Antrag, die Genehmigun­g zum Umbau für fünf Wohnungen aufzuheben. Wie im Nachgang von einem der Rechtsanwä­lte versichert wurde, habe das Einholen der Nachbarunt­erschrifte­n bei einem Bauvorhabe­n rechtlich keinen Einfluss auf die Umsetzung, sei also kein Versäumnis der Investoren. Die klagenden Nachbarn fanden das im Sinne einer guten Nachbarsch­aft aber deprimiere­nd. Die Entscheidu­ng des Augsburger Verwaltung­sgerichts in diesem Fall steht noch aus.

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Foto: Matthias Kleber (Symbolbild) Es wird viel gebaut in der Region. Manche Vorhaben stoßen auf Kritik. In einem Fall in Bellenberg soll nun das Gericht entscheide­n.

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