Ärger um fünf neue Wohnungen in Bellenberg
Justiz Anwohnerinnen und Anwohner in der Gemeinde befürchten Beeinträchtigungen durch einen Neubau und kämpfen deshalb um Kompromisse. Eine gütliche Einigung ist nicht in Sicht. Nun soll ein Gericht entscheiden.
Bellenberg Der Flächenfraß im Illertal ist nicht mehr zu übersehen, manche Orte scheinen geradezu zusammenzuwachsen durch das Ausweisen von immer neuen Baugebieten. Nachverdichtung heißt daher das Schlagwort, das in der Kommunalpolitik immer häufiger fällt. Auch in Bellenberg. Dort will ein Investor ein Gebäude deutlich vergrößern. Den Nachbarn ist das zu viel. Sie klagen.
Immer öfter wird im Bellenberger Gemeinderat um Anträge von umbaufreudigen Bürgern gerungen, die um eine Befreiung von Bebauungsplänen bitten. Im vorliegenden Fall, der inzwischen vor der vierten Kammer des Bayerischen Verwaltungsgerichts gelandet ist, liegt allerdings gar kein Bebauungsplan vor, an dem sich der Investor hätte orientieren müssen. So erteilten die Gemeinderäte der Erweiterung eines Zweifamilienhauses mit Platz für fünf Wohneinheiten mehrheitlich grünes Licht. Das Landratsamt, dem letztlich die Entscheidung obliegt, entsprach dem Antrag ebenso. Drei Anwohner sehen nun ihre Wohnqualität gefährdet, zumal nicht einmal Nachbarunterschriften eingeholt wurden, und es gibt Zoff.
Ihre Anklage lautet: Verstoß gegen die Rücksichtnahme beziehungsweise gegen das Gebot der Rücksichtwahrung. Weil sich die Kontrahenten nicht auf Kompromisse einigen konnten, zuletzt auch nicht im Rahmen des Gerichtstermins vergangenen Mittwoch, wird eine richterliche Entscheidung fallen und den Beteiligten zugesandt. Die Streitpunkte im Einzelnen: Der Investor plant, für das künftig fünf Wohneinheiten umfassende Gebäude die erforderliche Infrastruktur im Hinterhof zu errichten, weshalb die Nachbarn um die Wohnqualität in ihren direkt anschließenden Hinterhöfen fürchten.
Zwei der Kläger sehen ihre rückwärtigen Erholungs- und Grünbereiche beeinträchtigt, wenn in direkter Nachbarschaft elf Stellplätze, teils in Form von Garagen, entstehen. Wobei die Gemeindeordnung bei fünf Wohneinheiten genau zehn
Plätze vorgibt. Ebenfalls dort geplant sind Fahrradständer und ein Bereich für Mülltonnen. Der dritte Kläger sieht seinen Privatbereich durch den gegen Westen geplanten Terrassenbau gefährdet, denn der beinhalte eine Verlagerung des Lebensschwerpunktes der Bewohner in diese Richtung. Zudem rechnet er durch die ein- und ausfahrenden Autos auf der schmalen Siedlungsstraße mit wiederkehrenden Verkehrsproblemen.
Die Kläger waren mit zwei Anwälten zum Gerichtstermin erschienen, einer vertrat zwei Parteien. Dieser trug die Kompromissvorschläge vor, unter denen seine Mandanten sich mit dem Bauvorhaben arrangieren könnten: Der Investor sollte Möglichkeiten finden, um Mülltonnen und Fahrradständer vor dem Haus zu platzieren, um dadurch Lärmquellen im Hof zu reduzieren. Weiter sei gewünscht, alle Möglichkeiten der Lärmreduzierung auszunützen: etwa geräuscharme Garagentore, Flüsterasphalt, eingegrenzte insektenfreundliche Lichtquellen, Schallschutz zu den Nachbarn – insgesamt sieben Kriterien. Die dritte Partei machte den Vorschlag, den Terrassenbau nach Süden auszurichten, wodurch die Privatsphäre im Garten des Klägers weniger tangiert würde. Des Weiteren machte dieser den Vorschlag, indem er sich auch persönlich zu Wort meldete, zusätzlich zum Lärmschutz eine direkte Verbindung von Wohnhaus und Garagen herzustellen, um die Geräuschkulisse weitmöglichst einzuhausen.
Insgesamt wurde von den Klägern bemängelt, dass die zahlreich vorhandenen Nachbarunterschriften offenbar keine Wirkung zeigten und ein versprochener Gesprächstermin beim damaligen stellvertretenden Bürgermeister Abdo De Basso niemals anberaumt wurde.
Der Anwalt des beklagten investierenden Ehepaares reagierte auf die Vorschläge ablehnend, ohne sich auf Erklärungen einzulassen. Darauf stellten die Rechtsanwälte der Kläger den fünf anwesenden Richtern des Verwaltungsgerichts den Antrag, die Genehmigung zum Umbau für fünf Wohnungen aufzuheben. Wie im Nachgang von einem der Rechtsanwälte versichert wurde, habe das Einholen der Nachbarunterschriften bei einem Bauvorhaben rechtlich keinen Einfluss auf die Umsetzung, sei also kein Versäumnis der Investoren. Die klagenden Nachbarn fanden das im Sinne einer guten Nachbarschaft aber deprimierend. Die Entscheidung des Augsburger Verwaltungsgerichts in diesem Fall steht noch aus.