So plant Max Dudler den Anbau am Theater Ulm
Millionenprojekt Am Ulmer Stadttheater bietet der Schweizer Architekt neue Einblicke in seine Vorstellungen. Wie wird der neue Anbau für das Kinder- und Jugendtheater aussehen?
Ulm Es war im August 2020, da tagte eine Jury am Theater Ulm. Aus 25 Modellen, die es in die letzte Runde geschafft hatten, mussten sie einen Siegerentwurf herauspicken – für einen Anbau an das Theater, für ein neues Kinder- und Jugendtheater am Herbert-von-Karajan-Platz. Die Wahl fiel nach langer Sitzung auf die Idee des Büros von Max Dudler. Der bekannte Schweizer Architekt überzeugte mit einem Entwurf, der mit spitzen Dächern heraussticht, und darunter Theatersäle und Werkstätten vereint. Ulms Baubürgermeister Tim von Winning erinnert sich noch an die Entscheidung: „Im Preisgericht fiel das Wort poetisch.“Und das sei so gar kein typisches Ulmer Wort. Mit dieser halb scherzhaften Bemerkung hat der Bürgermeister zu Beginn dieser Woche einen Infoabend am Theater Ulm eröffnet. Alle Interessierten konnten hier mehr zum Entwurf und zu den Bauplänen erfahren – auch von Max Dudler und seinem Team persönlich.
Zur Einstimmung zeigt Dudler in Ulm eine Leinwandpräsentation seiner bisherigen Werke. Das Jacobund-Wilhelm-Grimm-Zentrum in Berlin zählt zu seinen bekanntesten Bauten. Doch die Erweiterung des Hambacher Schlosses brachte ihm bislang die größte Anerkennung ein – und den renommierten DAMPreis für Architektur in Deutschland. Klare, burgartige, aber doch moderne Steinbauten stellte er neben das Schloss.
Gegenwart auf Historie aufzubauen, das sei seine Philosophie, erklärt Dudler. Drei Epochen bilden für ihn die stärksten Orientierungspunkte bei seinen Projekten: Antike, Renaissance und Moderne. Doch ein weiteres stilprägendes Schlagwort ist für Dudler Urbanität. Plätze, Gassen und Gebäude des öffentlichen Lebens zu schaffen, das ist für den 72-Jährigen urban, mit diesen Elementen entstünden „Kommunikationsorte der Zukunft“.
„Ulm hat mich schon immer beschäftigt“, erklärt der Schweizer. Allein schon wegen des Münsters. Und so spielt sein Entwurf auch auf den höchsten Kirchturm und die Giebeldächer der Altstadt an. „Zauberburg“, so betitelt Han Jun Yi diesen Entwurf, er ist einer von Dudlers Projektleitern für dieses Ulmer Bauvorhaben. „Der Begriff erklärt ganz gut unsere Intention“, sagt er und spricht von einem Fantasieraum, den das neue Kinder- und Jugendtheater in Ulm bieten soll.
Die Grundstruktur ist simpel: Ein Turm soll neben dem alten Theater in die Höhe wachsen, er soll auf das Kinder- und Jugendtheater als Dreh- und Angelpunkt zugeschnitten sein. Daneben führt eine Fuge, ein Übergang, hinüber zum Anbau, in dem das Orchester einen neuen Probensaal und auch die Abteilung
Technik neuen Raum erhält. Von einer ganzen „Werkstattlandschaft“spricht Han Jun Yi. In den neuen Malersaal von 20 mal 20 Metern muss Tageslicht von Norden fallen, von der Straße aus sollen Passanten und Passantinnen auch ganz bewusst einen Blick hier hineinwerfen können. Draußen soll ein ReliefMuster die Backstein-Fassade verzieren und eine Gartenterrasse ist an der kleinen Kluft zwischen Theaterturm und Funktionsanbau geplant. Mit Grün und einem Café mit Münsterblick.
Kindertheater und Stadttheater finden hier laut Plan neuen Spielraum unter einem Dach, von den Extra-Studiobühnen bis zur Theaterpädagogik hoch oben im fünften Stockwerk. Und auch die Junge Ulmer Bühne hat Interesse angemeldet, hier zu spielen. Nur wann? Tim von Winning erklärt, dass sich der Zeitplan etwas nach hinten verschiebt. Statt 2025, so wie ursprünglich grob angepeilt, rechnet die Stadt nun mit einer Eröffnung im Jahr 2027. „Es ist ein Haus, das sehr gut geplant sein muss“, betont der Baubürgermeister.
Was Dudler und seine Projektleiter leisten müssen: Viel Funktion und Baumasse auf einem relativ kleinen Fleck unterbringen. Dabei soll der Turmbau diese Ecke von Ulm künftig prägen. Ein Theaterviertel soll laut von Winning hinter dem Kulturbau am Herbert-vonKarajan-Platz entstehen. Kleinteilig, bunt gemischt und „urban“.
Dem Bauvorhaben stehe rein formell wohl nichts mehr im Wege, erklärt von Winning. Dabei waren auch kritische Stimmen in der Debatte laut geworden. Ein TheaterAnbau für rund 30 Millionen Euro, mitten in der Corona-Krise? Noch dazu so ein steiler, markanter Entwurf? Aber Max Dudler scheint sich seiner Sache sicher: „Das wird das zweite Münster.“