Keine Lust mehr auf Ersatzbank
Basketball Sindarius Thornwell bekam in der US-Profiliga NBA nur noch wenig Einsatzzeiten, deshalb wechselte er nach Ulm. Am Freitagabend geht’s für ihn mit dem Team nach Gießen.
Ulm Der Mensch klammert sich für gewöhnlich an Erinnerungen. Das Bindeglied zwischen Erlebtem in der Vergangenheit und Möglichkeiten für die Zukunft. Meistens sind es freilich positive Ereignisse. Die Basketballer von Ratiopharm Ulm denken beispielsweise gerne an das letzte Auswärtsspiel bei den Jobstairs Gießen 46ers zurück. Vor fast genau einem Jahr gewannen sie in Mittelhessen locker mit 106:81 – und verabschiedeten sich damals, Ende November 2020, ziemlich entspannt in die Länderspielpause. Die Geschichte soll sich in diesem Fall gerne wiederholen. Mit dem kleinen Unterschied, dass die Partie am Freitagabend (20.30 Uhr) in Gießen dieses Mal nicht das letzte Spiel vor der Länderspielpause, sondern das erste danach ist.
Für Gießen kam die Unterbrechung der Bundesliga-Saison zwecks WM-Qualifikation irgendwie unpassend. Der Tabellen-13. hat vor zwei Wochen einen 75:72-Sieg in Oldenburg gefeiert. Entsprechend gut ist die Laune bei den Gastgebern. Für Trainer Pete Strobl ist die Rollenverteilung aber klar, auch wenn die Ulmer bislang lediglich zwei Punkte mehr gesammelt haben. Er sagt: „Ulm ist ein äußerst talentiertes Team mit zahlreichen Nationalspielern und ehemaligen NBA-Spielern. Dieses Spiel wird eine große Herausforderung für uns, da wir einfach nicht die gleichen finanziellen Mittel haben, um solch einen Kader zu präsentieren.“
Eine dieser Ex-NBA-Profis ist der jüngste Ratiopharm-Neuzugang Sindarius Thornwell. Der 26-Jährige wurde als Ersatz für Christoph
Philipps verpflichtet, der mit einer Schulterverletzung noch einige Monate ausfallen wird. Und er fügte sich gleich prima ein, als zweitbester Ulmer Scorer im Heimspiel gegen Alba Berlin. Das scheint wenig überraschend. Denn Thornwell hat in seiner Laufbahn immerhin 160 Spiele in der NBA absolviert. Zuletzt trug er das Trikot der Orlando Magic. Einsatzzeiten waren zum Schluss allerdings rar. Thornwell sagt: „Ich bin nach Ulm gekommen, um wieder mehr zu spielen. Ich hätte auch in der NBA bleiben und mich dort weiterhin von Team zu Team arbeiten können. Aber es war jetzt für mich an der Zeit, mehr Verantwortung zu tragen und einer Mannschaft wirklich zu helfen. Ich hatte es ehrlich gesagt satt, hauptsächlich von der Bank anzufeuern.“
Ulm und Thornwell, das klingt ein bisschen nach Liebe auf den ersten Blick. „Bis auf den Nebel“, meint er grinsend. Mitspieler Jaron Blossomgame hatte ihm schon vor der Entscheidung für den Wechsel nach Europa Fotos und Videos aus der Stadt, vom Orange-Campus und der Ratiopharm-Arena geschickt. Thornwell schwärmt: „Ich kenne wenige Trainingsstätten in der NBA, die einfach mal drei Basketballfelder und so viele Möglichkeiten bieten wie der Campus in NeuUlm.“In der Länderspielpause hat er viel Zeit am Campus verbracht und intensive Trainingseinheiten absolviert. Der 26-Jährige sagt: „Ich möchte mich einfach stetig verbessern und weiter zu einem kompletten Spieler reifen.“Zuletzt hat er auch mit anderen Bällen geworfen. Mit Schneebällen. Thornwell: „Ja, der erste Schnee war cool. Wir hatten eine Menge Spaß.“