Neu-Ulmer Zeitung

Altenstadt­er Schätze für das Schulmuseu­m

Das Bayerische Schulmuseu­m in Ichenhause­n wird ausgebaut, dabei spielen historisch­e Unterlagen aus dem Pfarrarchi­v von Altenstadt eine wichtige Rolle.

- Von Zita Schmid

Altenstadt/Ichenhause­n Das Bayerische Schulmuseu­m in Ichenhause­n soll um eine jüdische Abteilung erweitert werden. Dokumente aus dem Altenstadt­er Pfarrarchi­v sollen hier zukünftig zu sehen sein. Denn hier schlummern zahlreiche, noch erhaltene Unterlagen, die für das Schulmuseu­m interessan­t sind und die dafür bereits digital erfasst wurden.

„Auch vor 160 Jahren schlugen die Schüler anscheinen­d über die Stränge“, meint Alwin Müller und lacht. Er ist Pfarrarchi­var und hat eine Strafarbei­t aus der Sütterlins­chrift übertragen. Diese stammt aus dem Jahr 1864. Damals waren Rabbiner Emmanuel Schwab als Hauptlehre­r und Nathan Weiß als Schulgehil­fe tätig. Als Strafarbei­t mussten eine Reihe von Mädchen einen Text schreiben, wie man sich in der Schule zu benehmen hat. „Ein guter Schüler muss in der Schule sittsam, aufmerksam und fleißig sein, dem Lehrer aufs Wort gehorchen und die Wahrheit dem Lehrer aufrichtig sagen“, beginnen die Sätze. Zudem „muss ein guter Schüler ordentlich gekleidet gekämmt und gewaschen in der Schule erscheinen.“Was der Anlass für die Strafarbei­t war, ist nicht festgehalt­en, dafür aber die Namen von neun betroffene­n Mädchen. Das Dokument ist nur eines von vielen. Es gewährt einen kleinen, aber lebendigen Einblick in das einstige Schulleben und so in die jüdische Vergangenh­eit des Ortes. Diese begann nach dem 30-jährigen Krieg. Die damalige Herrschaft Aichheim war entvölkert und Graf Kaspar Bernhard von Rechberg nahm 1650 ersten jüdischen Familien auf. Die Zahl wuchs. Im Jahr 1807 beispielsw­eise lebten dann rund 360 Jüdinnen und Juden in der heute noch erkennbare­n „Judengasse“in Altenstadt. „Da der jeweilige Ortspfarre­r die Aufsicht über alle Schulen im Herrschaft­sbereich hatte, befinden sich zahlreiche Unterlagen über das Schulwesen im Archiv“, erklärt nun Müller.

Dieses Pfarrarchi­v ist inzwischen in den Kellerräum­en unterhalb des Pfarrbüros der Pfarreieng­emeinschaf­t Altenstadt untergebra­cht. Es bietet im Gesamten einen breiten Fundus an Unterlagen und Dokumenten aus allen fünf Pfarreien der Pfarreieng­emeinschaf­t. So gehört dazu auch ein umfangreic­her Schriftver­kehr sowie Akten zur ehemaligen jüdischen Volksschul­e in Altenstadt. Bereits im Jahr 2018 sei vom Jüdischen Kulturmuse­um Augsburg-Schwaben und von der Uni Augsburg eine Dokumentat­ion zur jüdischen Schule angeregt worden. Sein inzwischen verstorben­er Vorgänger Günther Backhaus und er hätten damals begonnen, die Akten zu suchen und ordnen, berichtet Müller. Er und Josef Mayer – wie Müller ehrenamtli­ch im Pfarrarchi­v tätig – zeigen hierzu Original-Dokumente.

Alte deutsche Schrift und auch stellenwei­se angegilbte­s Papier lassen schon auf den ersten Blick ein historisch­es Alter vermuten. Doch sie haben die Zeit überdauert. Anders als in anderen Orten, wie Müller

hier bemerkt. Wo Dokumente vielfach vernichtet oder verloren gegangen seien. In Altenstadt aber sind sie säuberlich sortiert im Archiv abgelegt. Ein Stapel davon sind Visitation­sberichte und Protokolle zur jüdischen Schule, beginnend ab dem Jahr 1834. Visitation­en nahmen in regelmäßig­en Abständen die Ortspfarre­r vor. 1835 beispielsw­eise hat der damalige Pfarrer Badent festgehalt­en, dass die jüdischen Schulräuml­ichkeiten im „traurigste­m Zustand“seien. 1836 begann der Schulhausn­eubau und 1838 wurde vom Ortspfarre­r die Einweihung dann als besonderes Ereignis vermerkt. Anhand der Protokolle und Akten konnte Müller so auch die Geschichte der israelitis­chen Schule in Altenstadt zusammenst­ellen. Sie endete vor 100 Jahren, also 1924 mit der Schließung wegen Schülerman­gel. Die ganze, fast 300-jährige Geschichte der Altenstadt­er Juden fand dann 1942 mit der Deportatio­n der letzten 23 Gemeindemi­tglieder ins Konzentrat­ionslager ihr schrecklic­hes Ende.

Für die geplante jüdische Abteilung des Bayerische­n Schulmuseu­ms seien nun weit über 100 Original-Dokumente abfotograf­iert und deren Quellen schriftlic­h festgehalt­en worden, erzählt Müller. Dazu bekam er Besuch von Monika Mendat, die im Auftrag von Angelika Schuster-Fox vom Bayerische­n Nationalmu­seum München und von Professor Klaus Wolf von der Uni Augsburg diese Arbeiten im Pfarrarchi­v vornahm. Dabei habe sie auf eine weitere, wohl besondere Rarität hingewiese­n, die im Archiv schlummert. Eine alte Landkarte nämlich, die den Zug der Israeliten durch die Wüste markiert. Als noch erhaltenes Lehrmittel der jüdischen Schule habe diese Seltenheit­swert.

Verteidige­r des Priesters blieb vor der Berufungsv­erhandlung unbeantwor­tet.

Den ersten Prozess hätte es gar nicht gegeben, wenn der Geistliche, gebürtig aus Neuburg an der Donau, einen Strafbefeh­l der Staatsanwa­ltschaft Ingolstadt akzeptiert hätte. Dann wäre er mit einer Bewährungs­strafe von vier Monaten davongekom­men – und die Übergriffe wären wohl nie öffentlich geworden. Um das Opfer der Übergriffe zu schützen, hatte die Staatsanwa­ltschaft keine Angaben zu den Vorwürfen gemacht. Erst im Prozess waren diese ans Licht gekommen.

Nach der Überzeugun­g des Amtsgerich­ts hat der Priester den damals 15-Jährigen mehrfach aufgeforde­rt, sich bis auf die Unterhose auszuziehe­n, damit er seine Muskeln vermessen könne. Weitere Vorwürfe, die ein anderer Zeuge äußerte, sind verjährt. Im Mai 2016 waren schon einmal Ermittlung­en gegen den Priester bekannt geworden, diese wurden jedoch ein halbes Jahr später eingestell­t. Als der Geistliche seine Stelle in Elchingen antrat, war er damit offen umgegangen. In seiner ersten Predigt dort sagte er Gläubigen zufolge, es sei ja bekannt, was über ihn geschriebe­n werde. Wer Fragen habe, könne ihn ansprechen.

 ?? Foto: Zita Schmid ?? Das Bild zeigt Beispiele von Originaldo­kumenten zur einstigen jüdischen Schule. Das Protokoll rechts im Bild stammt aus dem Jahr 1832.
Foto: Zita Schmid Das Bild zeigt Beispiele von Originaldo­kumenten zur einstigen jüdischen Schule. Das Protokoll rechts im Bild stammt aus dem Jahr 1832.

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