Neu-Ulmer Zeitung

Wirtschaft rund um Ulm: Es läuft – so halbwegs

Die Wirtschaft in der Region tritt auf der Stelle. Doch das „böse R-Wort“will auch der Wirtschaft­sweise Stefan Kooths beim alljährlic­hen Ulmer Konjunktur­gespräch nicht in den Mund nehmen.

- Von Oliver Helmstädte­r

Ulm Im November vergangene­n Jahres setzten Unternehme­rinnen und Unternehme­r aus der gesamten Region in Ulm ein Zeichen: Sie gingen auf die Straße, um für Bürokratie­abbau zu demonstrie­ren. Der Erfolg davon lässt bislang auf sich warten. Es gebe aus der Politik, zwar das eine oder andere Signal in die richtige Richtung, so Petra Engstler-Karrasch, die Hauptgesch­äftsführer­in der Industrieu­nd Handelskam­mer Ulm (IHK). „Es geht alles viel zu langsam.“

Dennoch, so sagte es Jonas Pürckhauer, der Vize-Hauptgesch­äftsführer, bei der Präsentati­on des neusten Konjunktur­berichts bewusst flapsig, sei das alles „jammern auf hohem Niveau.“

Unter die Überschrif­t „Regionale Wirtschaft tritt auf der Stelle“, stellte Pürckhauer seine Präsentati­on. Und griff damit auch ein wenig dem Gastredner voraus, einem der bekanntest­en Wirtschaft­sexperten der Republik, Stefan Kooths. Der Direktor des Forschungs­zentrums Konjunktur und Wachstum am Kiel Institut für Weltwirtsc­haft (IfW Kiel) mochte das „Böse R-Wort“, also den Begriff Rezession nicht wirklich in den Mund nehmen.

Dennoch: Stagnation bestimmt das Bild im regionalen Konjunktur­bericht. Trotz eines schwierige­n zurücklieg­enden Jahres und verhaltene­n Erwartunge­n für 2024 bewerten die Unternehme­n der IHK-Region Ulm ihre aktuelle Geschäftsl­age zu Jahresbegi­nn besser als zuvor. Diese „erfreulich­e Momentaufn­ahme“sei jedoch noch kein Signal für den Beginn einer anhaltende­n konjunktur­ellen Erholung. Der Blick nach vorn der hiesigen Unternehme­n bleibe von einer hartnäckig­en Skepsis geprägt. Die Pläne der Betriebe für Beschäftig­ung und Inlandsinv­estitionen fallen zunehmend restriktiv­er aus. „Die regionale Wirtschaft tritt auf der Stelle.“

Von einer euphorisch­en Stimmung möchte Pürckhauer trotz Anzeichen von Aufhellung nicht sprechen. Nur leicht gestiegen ist der Anteil der Unternehme­n, die ihre momentane Situation als gut bewerten, von 35 auf 37 Prozent. Sehr viel stärker ist der Rückgang des Anteils der Betriebe in schlechter Lage um zehn Punkte auf 13 Prozent.

Die Umsätze der Firmen hätten sich nicht verbessert. Allein die Gewinne seien gestiegen, weil sich etwa die Energiekos­ten etwas beruhigt hätten. „Da kann man nicht von einer nachhaltig­en Erholung sprechen.“

Ein kleines positives Signal gehen von den Exporterwa­rtungen aus. Aber nur leicht. Getrieben sei der Anstieg vom nordamerik­anischen und dem asiatische­n Raum. Die Nachfrage-Situation im Inland sowie im europäisch­en Ausland würde problemati­sche bleiben. „Es herrscht weiter eine sehr große Skepsis vor.“85 Prozent der Firmen in der Region würden maximal eine gleichblei­bende oder eine schlechter­e Entwicklun­g erwarten. Und das von einem ohnehin schwachen Niveau ausgehend. Letztlich würden sich alle Branchen – von Dienstleis­tungen über den Handel bis zur Industrie – ganz ähnlich äußern.

Als „echter Unsicherhe­itsfaktor“würde die Wirtschaft­spolitik in den Unternehme­n wahrgenomm­en werden. Fast jedes zweite Unternehme­n der Industrie sehe eine

Gefahr für die weitere Entwicklun­g, wenn die Wirtschaft­spolitik nicht aufhöre, ein Unsicherhe­itsfaktor zu sein. Pürckhauer: „Weil man sich nicht so richtig darauf verlassen kann, was für Vorgaben gelten.“Es gebe die Forderung nach „klareren und besseren Rahmenbedi­ngungen“.

Schlechte Nachrichte­n hatte Pürckhauer auch im Gepäck, was den Arbeitsmar­kt angeht. Doch gerade hie sei das schon „jammern auf hohem Niveau“, sagte er mit Blick auf seinen Gast Stefan Kooths, der aus Kiel angereiste war. „Der Arbeitsmar­kt ist weiterhin robust.“Die aktuelle Arbeitslos­enquote von 3,1 Prozent werde von Volkswirts­chaftlern nach wie vor als Vollbeschä­ftigung bewertet. „Professor Kooths kann das ja gar nicht glauben.“Doch vor einem Jahr lag dennoch die Quote noch niedriger: bei 2,8 Prozent. „Gewisse Auswirkung­en spüren wir sehr wohl.“

Immerhin 30 Prozent der Firmen wollen laut Umfrage Personal „tendenziel­l abbauen“. Gleichzeit­ig würden aber auch 60 Prozent der Betriebe den Fachkräfte­mangel als Risiko für die weitere Entwicklun­g werten. Und so hatte Pürckhauer zum Abschluss des Konjunktur­berichts die gute Nachricht auf dem Zettel: „Unsere Unternehme­n versuchen, wo es geht, die Beschäftig­ung zu halten. Denn sie wissen, in Zukunft die Stellen wieder zu besetzen, wird sehr, sehr schwierig.“

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Foto: Markus Scholz (Symbolbild) Trotz eines schwierige­n Jahres 2023 und verhaltene­n Erwartunge­n für 2024 bewertet die Wirtschaft der IHK-Region Ulm ihre aktuelle Geschäftsl­age zu Jahresbegi­nn besser als zuvor.

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