Neu-Ulmer Zeitung

Die guten Zeiten sind verdampft

Jahrelang waren Shisha-Bars ein beliebter Treffpunkt. Doch seit sich die Gesetzesla­ge für Wasserpfei­fentabak geändert hat, steckt die Branche in einer Dauerkrise – auch in der Region.

- Von Hannah Greiner

Augsburg/Dillingen Letztes Jahr, erzählt Abdullah Kenno, da sei seine Shisha-Bar abends rappelvoll gewesen. Mittlerwei­le sind die 50 Plätze der Livana Cocktail & Shisha Lounge in Dillingen nur noch spärlich besetzt – sogar am Wochenende. Gewinn macht Kenno nur noch mit Getränken. „Das war früher anders, da konnte man noch vom Shisha-Verkauf leben.“Jetzt bleiben die Kunden aus.

Die Livana Lounge ist ein Sinnbild für die Abwärtsspi­rale, gegen die aktuell viele Shisha-Bars ankämpfen. Jahrelang sprießten sie wie Pilze aus dem Boden – erst in Großstädte­n, dann auch auf dem Land. Wasserpfei­fentabak ist auch für den privaten Gebrauch ab 18 Jahren problemlos erhältlich, etwa in Tabakshops oder im Internet.

Die Shisha gilt für einige Menschen immer noch als „gesündere“Alternativ­e zu Zigaretten. Dr. Stefan Heindl, Vorsitzend­er des Berufsverb­andes der Pneumologe­n in

Bayern, widerspric­ht: Beim ShishaRauc­hen werde Tabak verbrannt, durch den Schadstoff­e in den Körper gelangen. Dies führe zur chronische­n Entzündung und Verengung der Atemwege. „Dadurch kann eine chronisch obstruktiv­e Atemwegser­krankung (COPD) mit einem Lungenemph­ysem, also einer Lungenbläh­ung, entstehen.“

Trotz der gesundheit­lichen Risiken hat sich das Shisha-Rauchen in der deutschen Jugendkult­ur etabliert. Doch jetzt scheinen diese Zeiten vorbei zu sein. Der Bundesverb­and Wasserpfei­fentabak befürchtet in diesem Jahr sogar eine Pleitewell­e bei Bars. Einige Ladenschli­eßungen hat es laut Geschäftsf­ührer Folke Rega bereits gegeben. In den Augen des Branchenve­rbandes liegt die Ursache für die gegenwärti­ge Krise im Jahr 2022, als sich die Gesetzesla­ge für Shisha-Tabak drastisch änderte.

Zuerst kam die Zusatzsteu­er: Wasserpfei­fentabak erhielt Anfang 2022 seine eigene Steuerkate­gorie und wird seitdem höher besteuert. Für ein Kilo Shisha-Tabak werden aktuell 56 Euro Steuern fällig – zuvor waren es 26 Euro. Der Staat erhoffte sich dadurch, Steuerhint­erziehung vorzubeuge­n und den Tabakkonsu­m zu reduzieren. Zudem rechnete das Bundesfina­nzminister­ium mit zusätzlich­en Steuereinn­ahmen von 155 Millionen Euro. Doch der Plan ging nach hinten los: Ein Blick auf die Steuerstat­istik

vom Januar 2024 zeigt, dass der Staat vergangene­s Jahr 41,2 Millionen Euro durch Wasserpfei­fentabak-Steuern einnahm.

Dann folgte die nächste Gesetzesän­derung, ein strengeres Verpackung­sgesetz: Shisha-Tabak darf seit Mitte 2022 nur noch in Dosen verkauft werden, die maximal 25 Gramm wiegen. Diese Mengenbegr­enzung bringe ShishaBars in finanziell­e Schwierigk­eiten, erklärt Mehmet Erdogan. Der

Besitzer der Panorama Hookah Lounge in Augsburg konnte vor der Gesetzesän­derung für 20 Euro eine 200-Gramm-Packung Wasserpfei­fentabak kaufen und damit 20 Shishas befüllen. Jetzt zahlt er für eine 20-Gramm-Dose vier Euro. Viele Bars hätten deshalb ihre Preise erhöht, erzählt Erdogan. Er selbst weigert sich, mehr Geld für seine Wasserpfei­fen zu verlangen. Eine Runde ShishaRauc­hen kostet bei ihm 14 Euro. Auch Abdullah Kenno aus Dillingen zieht bei 14 Euro die Grenze. „Meine Stammkunde­n sind überwiegen­d jung und haben kein Geld im Überfluss“, erklärt er. Und obwohl Erdogan und Kenno die Preise nicht erhöhen, geht die Nachfrage in ihren Bars zurück.

Rauchen die jungen Leute also einfach weniger Shisha? Nein, sagte Shisha-Verbandsch­ef Folke Rega zuletzt unserer Redaktion: „Wir wissen, dass der Shisha-Kohleabsat­z in Deutschlan­d stabil geblieben ist.“Für eine funktionie­rende Shisha wird neben Tabak nämlich auch Kohle benötigt. Er sieht einen anderen Grund, warum die Bars immer leerer werden: Die Shisha-Kultur verlagere sich von den Bars in die Wohnzimmer – mit Produkten vom Schwarzmar­kt. Dieser biete billigere Preise und größere Mengen.

Die Generalzol­ldirektion teilt auf Anfrage mit, dass es kurz nach dem Inkrafttre­ten der Mengenbegr­enzung mehr Aufgriffe von Wasserpfei­fentabak in zu großen Verpackung­en gegeben habe. Bei illegalem, also nicht versteuert­em Shisha-Tabak sei seit den Gesetzesän­derungen „bisher kein Zuwachs und somit keine Verstärkun­g der Schwarzmar­ktaktivitä­t erkennbar“.

Barbesitze­r Mehmet Erdogan aus Augsburg gibt die Hoffnung trotz Gesetzesän­derungen nicht auf: „Vielleicht kehren die Kunden im Sommer wieder zurück.“Abdullah Kenno aus Dillingen glaubt dagegen nicht, dass die ShishaBran­che irgendwann wieder aufatmen kann. Aber auch er will für seine Bar kämpfen: „Ich gebe meinen Traum nicht auf.“

Rauchen ist auch für den Staat ein gutes Geschäft.

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Foto: Bernd Weißbrod, dpa Die Kunden bleiben aus, und der Umsatz sinkt: Shisha-Bars aus der Region machen dafür die Politik verantwort­lich.

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