Das Unfassbare im Film fassen
Christian Friedel spielt in „The Zone of Interest“Rudolf Höß – und dachte nicht nur über den Auschwitz-Lagerkommandanten nach, sondern auch über den Umgang mit Geschichte.
Zu „Gute Aussichten für Rentner in Österreich“(Politik) vom 21. Februar:
Das Rentensystem in Österreich ist auf den ersten Blick gut. Aber 22,8 Prozent an Rentenbeiträgen sind sehr hoch. Außerdem muss die Rente voll versteuert werden. Geht man früher in Rente, werden 6,5 Prozent pro Jahr abgezogen. Um Rentenansprüche zu bekommen, braucht man mehr eingezahlte Jahre als in Deutschland.
In Deutschland werden auch Mütterrente usw. aus den Beiträgen bezahlt. Der deutsche Staat zahlt jedes Jahr einen Zuschuss von rund 100 Milliarden Euro. Unser Problem sind nicht die Renten, sondern das Fehlen von günstigen Mietwohnungen und Nebenkosten.
Horst Jung, Friedberg
Nicht verwunderlich
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Alle sprechen gerade über Sandra Hüller, die als beste Schauspielerin dieses Jahr für den Oscar nominiert ist. Mit zwei Filmen hat sie international für Furore gesorgt: „Anatomie eines Falls“und „The Zone of Interest“. Man könnte aber auch über den Schauspieler Christian Friedel sprechen. In „The Zone of Interest“spielt er den Gegenpart zu Sandra Hüller, beide verkörpern sie das Ehepaar Rudolf und Hedwig Höß. Nun kommt der Film, der im Mai 2023 in Cannes zum ersten Mal zu sehen war, endlich in die Kinos. Er bietet schwere Kost.
Friedel spielt darin sozusagen das Gegenstück zum Widerstandskämpfer Georg Elser, den er 2015 dargestellt hat. In „The Zone of Interest“
muss er eine der wichtigen Figuren darstellen, die Hitlers und Himmlers Massenvernichtungspläne an den Juden, den Sinti und Roma und vielen anderen in die Tat umgesetzt hat. Höß war der Lagerkommandant, der das KZ Auschwitz-Birkenau aufbauen und dort die Gaskammern einrichten ließ, der den Mord an mindestens 1,1 Millionen Menschen organisiert hat.
Gelebt hat er mit seiner Frau in einem Haus neben dem Lager. „Sein Garten endete fast direkt an den Gaskammern“, sagt Friedel im Interview mit dem NDR. Friedel hat vor den Dreharbeiten
das Haus besucht hat, um sich einen Eindruck zu verschaffen. In diesem Gespräch erzählt der 44-Jährige auch, wie wichtig es ist, etwas aus der Geschichte zu lernen. Denn man könne sich nicht einfach sicher sein als Mensch, auf welcher Seite man stehe, was man selbst getan hätte, ob man nicht auch ein Unterstützer des Nazi-Systems geworden wäre wie die Familie Höß. Als solche wollen Friedel und Hüller die beiden darstellen. Und der Film macht das auf unheimliche Weise, weil er das Lager hinter der Grundstücksmauer
nie zeigt, weil das, was dort geschieht, nur auf der Tonspur zum Ehepaar Höß und den Zuschauern anbrandet.
Wo Friedel politisch steht, hat er schon längst öffentlich deutlich gemacht. Der Schauspieler, der in Dresden lebt und am Theater dort auch immer wieder als Gast sowie als Regisseur zu sehen ist, macht selbst auch Musik. Mit seiner Band Woods of Birnam trat er in Dresden auf Gegenveranstaltungen zu den großen Pegida-Demonstrationen auf. Er und seine Band waren übrigens auch mit einem Stück in der dritten Staffel von Babylon Berlin zu hören, als Friedel alias Reinhold Gräf dort den Song „Du bist alles“performt hat. Richard Mayr