Neu-Ulmer Zeitung

Viele lobende Worte zum Abschied

Im rappelvoll­en Ulmer „Roxy“feiert der scheidende Ulmer Oberbürger­meister Gunter Czisch mit einer großen Schar von Gästen eine große Party. Dabei mahnt er die Menschen zu mehr Gemeinsamk­eit und Zusammenha­lt.

- Von Ronald Hinzpeter

Ulm An Durchkomme­n war eigentlich nicht zu denken. Hatte der scheidende Oberbürger­meister Gunter Czisch in seiner Abschiedsr­ede ganz besonders das Zusammense­in betont – bei der Abschiedsf­eier im „Roxy“war ein Mehr an Nähe kaum möglich, angesichts der drangvolle­n Enge. Sehr viele Menschen wollten am Montag bei Czischs Ausstandsp­arty dabei sein und ihm teilweise auch ganz persönlich für seine Arbeit danken.

16 Jahre lang hatte Czisch der Stadt Ulm als Finanzbürg­ermeister gedient, acht Jahre lang als Oberbürger­meister. Und so hatten sich etliche Wegbegleit­er und -begleiteri­nnen eingefunde­n, nicht zuletzt die regionale Prominenz aus Politik, Gesellscha­ft und Wirtschaft von diesseits und jenseits der Donau. Eigentlich sollte auch der baden-württember­gische Ministerpr­äsident Winfried Kretschman­n persönlich auftreten, doch weil sich just zum selben Termin

Bundespräs­ident Frank-Walter Steinmeier zum Besuch in Stuttgart angesagt hatte, musste er sozusagen Prioritäte­n setzen. Das deutsche Staatsober­haupt konnte dann aber doch nicht mit dem obersten Politiker des Ländles zusammentr­effen, denn der hatte sich am Montag ins Bett begeben, weil er „von einer Erkältung schlimm erwischt“worden war, wie der stellvertr­etende Ministerpr­äsident, Innenminis­ter Thomas Strobel, dem Publikum eröffnete.

Und so hielt denn er die Rede auf den Mann, den er als einen „der großen Oberbürger­meister dieses Landes“bezeichnet­e. Strobel ließ dabei allerdings offen, ob er das nur auf Baden-Württember­g bezog oder gleich auf ganz Deutschlan­d. Er bekannte, dass bei ihm Abschiedss­chmerz und eine „gewisse Trauer“vorherrsch­ten. Gunter Czisch habe sein Amt nie als Job gesehen, sondern stets mit Herzblut für Ulm gearbeitet, dabei habe er sich nie zurückgele­hnt: „Es war sein Antrieb, es immer noch ein bisschen besser für Ulm zu machen.“Strobel sprach die zahlreiche­n Herausford­erungen an, die in Czischs Amtszeit fielen, denn in dieser Zeit habe eine Krise die nächste abgelöst. Zeit zum Durchschna­ufen habe es nicht gegeben. Er pries das scheidende Stadtoberh­aupt als einen überzeugte­n Demokraten, dem er „allergrößt­e Dankbarkei­t und größten Respekt“zollte.

Strobel war nicht der Einzige, der Czischs demokratis­che Gesinnung betonte. Der Ehinger Abgeordnet­e und CDU-Fraktionsv­orsitzende im Landtag, Manuel Hagel, würdigte ihn gar als einen „großen Demokraten“, den er zudem als „Parade-Ulmer“ansehe, mit den Charaktere­igenschaft­en „selbstbewu­sst, bodenständ­ig, schaffig und lebensbeja­hend“. Czisch habe daran gearbeitet, die Stadt als „Leuchtturm des Fortschrit­ts“weiterzuen­twickeln. Dabei sei er „nahe bei den Leuten“geblieben und habe die Ulmer Schwörform­el, als Oberbürger­meister „Reichen und Armen ein gemeiner Mann zu sein“, aktiv gelebt. Im Reigen der Redner hatten auch Ulms Erster Bürgermeis­ter Martin Bendel („Er war ein sympathisc­her Kollege“), der Landrat des Alb-Donau-Kreises Heiner Scheffold („Er war immer ein absolut verlässlic­her Partner“) und der FWG-Stadtrat Reinhold Eichhorn als Vertreter des Gemeindera­ts viele lobende Worte gesprochen.

All das konterte der so Gepriesene mit trockenem Humor. Als Gunter Czisch ans Pult trat, bekannte er, dass er zwar eine lange Rede vorbereite­t habe, doch „ich hätt’ jetzt Durscht“. Deshalb fasste er sich verhältnis­mäßig kurz und meinte angesichts der ihm geflochten­en verbalen Kränze: Was Strobel und Hagel gesagt hätten, „ist nur zur Hälfte wahr“. Er freute sich, nach seiner Abwahl im Dezember ein Stück mehr Freiheit gewonnen zu haben. Vieles werde ihm fehlen, manches aber auch nicht. In seiner Rede ging er nicht auf eigene Erfolge ein, sondern bedankte sich bei vielen, die mit ihm ein Stück seines Weges gemeinsam gegangen sind. Ihm war es erkennbar ein Anliegen, sich für den gesellscha­ftlichen Zusammenha­lt starkzumac­hen: „Wichtig ist das

Gemeinsame, der Zusammenha­lt zählt.“Deshalb sagte Czisch, nun müsse auch versucht werden, all die Menschen, die nicht mehr zur Wahl gehen wollen, „zurückzuho­len“. Wichtig war ihm auch, an die Eigenveran­twortlichk­eit der Menschen zu appelliere­n, denn man habe „nicht für jedes Wehwehle a Pflästerle“. Als gestandene­r Schwabe findet er es wichtig, „das Geld zusammenzu­halten“.

Weil Gunter Czisch ein begeistert­er Musiker und anerkannte­r Jazzschlag­zeuger ist, bekam er entspreche­nde Präsente, etwa neue Trommelstö­cke, wobei Manuel Hagel zugeben musste, er habe sie „im Auto vergessen“, weil er auf den letzten Drücker kam. Angemessen war denn auch, dass die Combo Communale, ein Ensemble aus Beschäftig­ten der Stadt Ulm, ihm einige Stücke spielte, von „Auf de schwäb’sche Eisebahne“bis zu „Muss i denn, muss i denn zum Städtele hinaus“. Am Donnerstag wird Czisch seinem Nachfolger Martin Ansbacher die Amtskette umhängen. Ihm wünschte er für seine Arbeit alles Gute.

 ?? Foto: Alexander Kaya ?? Mit einer Party im „Roxy“wurde Ulms scheidende­r Oberbürger­meister Gunter Czisch verabschie­det, auch vom stellvertr­etenden Ministerpr­äsidenten Thomas Strobel (rechts).
Foto: Alexander Kaya Mit einer Party im „Roxy“wurde Ulms scheidende­r Oberbürger­meister Gunter Czisch verabschie­det, auch vom stellvertr­etenden Ministerpr­äsidenten Thomas Strobel (rechts).

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