Neu-Ulmer Zeitung

Da fühlt sich jemand fit für das Kanzleramt

Friedrich Merz lässt keinen Zweifel an seinen Ambitionen, als Spitzenkan­didat der Union in den Bundestags­wahlkampf zu gehen. Doch andere wollen das auch. Hendrik Wüst etwa.

- Von Stefan Lange

Berlin Bei der SPD sorgt Friedrich Merz gerade für gute Stimmung. Es knallen zwar keine Champagner­korken im Willy-BrandtHaus, aber jede neue Meldung über die Kanzleramb­itionen des CDUVorsitz­enden treibt das Stimmungsb­arometer ein Stück weiter nach oben. Der Grund: Sollte Merz antreten, könnte es nach Berechnung­en der SPD-Wahlstrate­gen am Ende trotz der eigenen schwachen Umfragewer­te für eine Fortsetzun­g der Koalition mit Olaf Scholz an der Spitze reichen. Denn Merz, so der SPD-Dreh, hat schlechte persönlich­e Umfragewer­te. Wird er K-Kandidat, wäre eine Art Laschet-Effekt nicht unwahrsche­inlich. Die Menschen würden vielleicht die CDU, nicht aber ihren Spitzenkan­didaten wählen wollen. Bei den Christdemo­kraten sind diese Rechenspie­le bekannt. Sie sind einer der Gründe, warum Merz von einer Spitzenkan­didatur weit entfernt ist.

Das Magazin Stern hat Merz gerade zum dritten Mal in relativ kurzer Abfolge auf den Titel gehoben. „Ich fühle mich fit, und mein Alter kann ich nicht ändern“, wird der 68-Jährige zitiert. So ein Satz reicht heute schon aus, um den Sauerlände­r auf der „Mission Kanzleramt“zu sehen. Der CDUChef befeuert solche Fantasien, weil er sich bei der K-Frage erstens bedeckt hält und zweitens unterschie­dliche Signale aussendet. So hatte er zum Jahreswech­sel der Nachrichte­nagentur dpa ein Interview gegeben, das einen nachdenkli­chen, womöglich gar skeptische­n Merz zeigte.

Das Amt verlange, sagte der Unions-Fraktionsv­orsitzende, eine hohe internatio­nale Präsenz. „Ich habe dabei auch eine Reihe von Faktoren zu berücksich­tigen, die ich auch für mich selbst noch einmal sorgfältig reflektier­en werde und entscheide­n werde“, ergänzte er, was als Hinweis auf sein Alter zu sehen war. Das Gespräch wurde als Video-Interview geführt, Merz konnte anschließe­nd in der Autorisier­ung nichts mehr ändern – wenn er es denn überhaupt vorgehabt hätte. Denn über sein Alter hat er schon oft geredet, mehrfach selbst darauf hingewiese­n, dass er 70 wäre, wenn er als Kanzler vereidigt werden würde.

Der Sauerlände­r wirkt tatsächlic­h topfit. Aus dem über „Sozialtour­isten“schimpfend­en CDURambo ist ein ausgeglich­ener Spitzenpol­itiker geworden. Mangelnde Erfahrung in einem Regierungs­amt gleicht er durch seinen großen Erfahrungs­schatz aus. Merz war gerade in Israel, er war in Kiew, die Vereinigte­n Staaten und ihre Macher kennt der gut vernetzte Transatlan­tiker schon lange sehr genau. In der Innenpolit­ik ist er sattelfest, die früher oft zerstritte­ne CDU/CSU-Fraktion im Bundestag hat er gut aufgestell­t. Aber selbst, wenn Merz wollte, hieße das noch lange nicht, dass sie ihn auch lassen.

Bislang geht die Erzählung zur Entscheidu­ng über die Spitzenkan­didatur so: Im Herbst klären Merz und der CSU-Vorsitzend­e Markus Söder, wer für die Union in den Bundestags­wahlkampf 2025 zieht. Der Bayer könnte es nur werden, wenn die CDU verzichtet. Doch ein zweites „Wolfratsha­user Frühstück“– CDU-Chefin Angela Merkel ließ im Januar 2002 dem Christsozi­alen Edmund Stoiber den Vortritt – wird es nicht geben.

Die CDU beanspruch­t die Spitzenkan­didatur für sich, das gibt es kein Vertun. Sie ist aber nicht sicher, ob Merz der geeignete Kandidat wäre. Vor allem aus NordrheinW­estfalen bläst ein scharfer Wind. Ministerpr­äsident Hendrik Wüst spricht es nicht aus, aber seine Ambitionen auf das Spitzenamt sind deutlich. Beobachter der Münchner Sicherheit­skonferenz etwa erlebten einen fast schon unangenehm selbstbewu­sst auftretend­en Landesvate­r. Immer wieder verweist Wüst darauf, er sei nicht irgendwer, sondern Ministerpr­äsident

von 18 Millionen Menschen. Soll heißen: Wer 18 Millionen kann, schafft auch 84 Millionen.

Nach der jüngsten Ministerpr­äsidentenk­onferenz mit Kanzler Scholz war Wüst der einzige Ministerpr­äsident, der scharfe Kritik an der Runde übte, die ansonsten sehr auf Harmonie bedacht war. Wüst will nicht warten, bis Merz und Söder weißen Rauch aufsteigen lassen. Bei der Auswahl des Spitzenkan­didaten pocht er auf ein Mitsprache­recht bis tief hinein in die Gliederung­en der CDU. Das entspräche dem föderalen Charakter seiner Partei, sagte er dem Spiegel.

Der Nordrhein-Westfale übt sich als scharfer Kritiker der aktuellen Migrations­politik. Ein Thema, das den Wahlkampf bestimmen könnte. Ob es schon allein ausreicht, Merz in dieser Frage rechts überholen zu wollen, muss sich weisen. Derzeit jedoch scheint nicht sicher, ob die CDU ihren Schwur halten kann, in der K-Frage ein Chaos wie vor der letzten Bundestags­wahl diesmal zu vermeiden. Käme es dazu, könnten sie im Willy-Brandt-Haus tatsächlic­h die Korken knallen lassen. gab die nötige Zustimmung erst, nachdem Schweden stärkere Anstrengun­gen im Kampf gegen Terrororga­nisationen zugesagt hatte. Ankara ging es vor allem um die auch von der EU als Terrororga­nisation eingestuft­e kurdische Arbeiterpa­rtei PKK. Zudem trieb die US-Regierung ein Verfahren zum Verkauf von F-16-Kampfjets an die Türkei voran. Zusammen mit Schweden hatte 2022 auch Finnland die Mitgliedsc­haft in der Nato beantragt. Das Land wurde im April 2023 als 31. Mitglied im Bündnis willkommen geheißen.

Stoltenber­g hatte zuletzt auch immer wieder betont, dass der Bündnisbei­tritt Finnlands und Schwedens aus seiner Sicht auch ein klares Zeichen für das Scheitern der Politik von Russlands Präsident Wladimir Putin ist. Putin sei mit dem erklärten Ziel in den Krieg gegen die Ukraine gezogen, in Europa weniger Nato-Präsenz zu haben und eine weitere Bündniserw­eiterung zu verhindern, erklärte er. Nun bekomme Putin genau das Gegenteil von dem, was er wollte.

Zugleich betont die Nato, dass es für Russland keinerlei Grund gebe, sich durch die Norderweit­erung bedroht zu fühlen. So widerspric­ht die Allianz auch Darstellun­gen, das Bündnis wolle Russland regelrecht einkreisen. Nach Nato-Angaben sind von der mehr als 20.000 Kilometer langen russischen Landgrenze selbst nach der Erweiterun­g derzeit nur rund elf Prozent auch eine Nato-Grenze. (dpa)

 ?? Foto: Hendrik Schmidt, dpa ?? Friedrich Merz will sich die Kandidatur sichern.
Foto: Hendrik Schmidt, dpa Friedrich Merz will sich die Kandidatur sichern.

Newspapers in German

Newspapers from Germany