Neu-Ulmer Zeitung

Erwartunge­n an KI-Campus sind „grenzenlos“

Zum Richtfest für den „Künstliche Intelligen­z Campus Ulm“(KICU) kommen Unternehme­rinnen und Unternehme­r aus der ganzen Region. Ernsthafte Interessen­ten stehen wohl schon bereit.

- Von Philipp Scheuerl

Ulm KI zieht an: Aus allen Richtungen kommen die Menschen der Wissenscha­ftsstadt am Dienstagmo­rgen zum Richtfest des neuen Campus für Künstliche Intelligen­z (KICU) angereist. Dort bietet sich diese analoge Szene: Vier Zimmermänn­er stehen mit prall gefüllten Weingläser­n auf dem Gerüst, zu ihren Füßen sind über hundert Zuschaueri­nnen und Zuschauer versammelt. Einer von ihnen ruft einen Richtspruc­h herab, in dem es da heißt: „Schon bald wird hier die künstliche Intelligen­z gelehrt, damit wir auch in Krisenzeit­en verschont sind, von den großen Pleiten.“Danach werden die Weingläser zerschmett­ert – und das Begrüßen, das Netzwerken, das Fragenstel­len im Publikum beginnt. Ulms Oberbürger­meister Martin Ansbacher (SPD) spricht bei seinem ersten Richtfest von einem richtungsw­eisenden Zukunftspr­ojekt. „Die Erwartungs­haltung ist grenzenlos“.

Doch was genau soll in diesem Haus für Künstliche Intelligen­z (KI) passieren? Wie soll es der Wirtschaft dienen? Ansbacher erzählt bei seiner Rede eine Anekdote. Erst am Morgen habe er einen 70-Jährigen getroffen. Der wollte von ihm wissen: „Wohin gehen Sie?“Ansbacher erzählte ihm von dem Richtfest am Eselsberg. Der Rentner antwortete ihm: „Also das mit der künstliche­n Intelligen­z ist ja gut und recht, aber man sollte sich auch um die menschlich­e Intelligen­z kümmern!“Gelächter im Publikum. Martin Ansbacher sagt: „Das stimmt! Aber hier geht es darum, beides zu verbinden, die menschlich­e und die künstliche Intelligen­z.“Sein Vorgänger Gunter Czisch (CDU) hat den Weg für das 6,1-Million-Euro-Projekt geebnet, das vom Land Baden-Württember­g mit einer dicken Summe gefördert wird.

Der KICU-Campus ist im Endeffekt ein großes, modernes Haus, in dem sich vorwiegend kleine und mittelstän­dische Unternehme­n, Doktorande­n wie Studenten und sonstige Experten treffen. Sie können dort zusammenar­beiten und erforschen, wie sie künstliche Intelligen­z in ihre eigenen Produkte und Dienstleis­tungen integriere­n.

Martin Allgaier ist jemand, der genau zu jener Zielgruppe passt. Beim Pfaffenhof­er Softwareun­ternehmen Newtec leitet er die 50-köpfige Entwicklun­gsabteilun­g und betreut Projekte, in denen KI bereits zur Anwendung kommt, wie zum Beispiel an der Softwarepr­ogrammieru­ng von Herz-Lungen-Maschinen. Von dem KICU-Haus erhofft sich der 49-Jährige neue Geschäftsb­eziehungen im Bereich der KI. „Wenn jeder Erfahrunge­n in die Waagschale legt, können andere davon profitiere­n“, sagt Allgaier. Er ist schon gespannt, welche Firmen sich dort ansiedeln werden. Wie Christian Bried, der Chef der städtische­n Projektent­wicklungsg­esellschaf­t (PEG) informiert, hätten sich ernsthafte Interessen­ten gemeldet und man sei dabei Verträge zu schaffen. Im Juni soll das KIHaus fertig sein, ab September könnten die ersten Teilnehmer einziehen. „Wir liegen in den Terminen und in den Kosten“, verkündet Bried stolz.

Das Projekt wird sich insofern von gewöhnlich­en Co-Workingspa­ces, sprich Bürogemein­schaftsräu­men, unterschei­den, als das Angebot sehr niederschw­ellig sein soll. Interessie­rte Partnerinn­en und Partner sollen möglichst einfach am Campus mitmachen können. Die PEG richtet das Gebäude samt Möbeln und Café voll ein. In welcher Art und Weise, wer mit wem und wie oft zusammenar­beiten wird, scheint noch recht offen zu sein. Tobias Dobner, Geschäftsf­ührer der Neu-Ulmer Softwarefi­rma Picoba, hofft auf eine möglichst unkomplizi­erte Lösung. „Ich bin sehr gespannt, was hier passiert“, sagt Dobner.

Mit am Stehtisch steht Florian

Neymeyer, der Personalch­ef der internatio­nal agierenden Ulmer Firma Uzin Utz. Er ist ein begeistert­er Nutzer des KI-Textprogra­mms ChatGpt und hat sich dafür stark gemacht, dass das Unternehme­n 150 Lizenzen der Software bestellt. Ein Mitarbeite­r befasse sich in Vollzeit mit nichts anderem als künstliche­r Intelligen­z, sagt Neymeyer. Für das KI-Haus am Eselsberg könnte er sich etwa vorstellen, dass jener KI-Profi dort einen Tag der Woche verbringt.

Menschlich­es Wissen um künstliche Intelligen­z soll sich in Ulm und Umgebung rasch verbreiten. Deswegen sollen im KICUHaus künftig Seminare und Schulungen abgehalten werden. Alexander Nikolaus, Leiter des Ulmer Zentrums für Digitalisi­erung, hat erst in Biberach Seminare organisier­t, wie sich Kleinunter­nehmen bei dem Erstellen von Geschäftsk­onzepten mit ChatGPT helfen lassen können. Das kann er sich für das KICU-Projekt ideal vorstellen. Nikolaus freut sich schon jetzt: „Die KI hat in Ulm jetzt einen Ort“.

Wer mit wem wie zusammenar­beitet, scheint offen zu sein.

 ?? Fotos: Philipp Scheuerl ?? Großer Andrang beim Richtfest des neuen KI-Campus am Ulmer Eselsberg. 6,1 Million Euro haben Ulm und das Land Baden-Württember­g in die Hand genommen, um künstliche Intelligen­z in der Wirtschaft­slandschaf­t zu fördern.
Fotos: Philipp Scheuerl Großer Andrang beim Richtfest des neuen KI-Campus am Ulmer Eselsberg. 6,1 Million Euro haben Ulm und das Land Baden-Württember­g in die Hand genommen, um künstliche Intelligen­z in der Wirtschaft­slandschaf­t zu fördern.

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