Neu-Ulmer Zeitung

Geplanter Solarpark sorgt für Wirbel

Eine Gemeindera­tssitzung in Holzheim nimmt einen überrasche­nden Verlauf. Warum stimmt der Bürgermeis­ter als einziger für eine neue Freifläche­n-Solaranlag­e?

- Von Philipp Scheuerl

Holzheim Die Pläne für eine neue Freifläche­n-Fotovoltai­k-Anlage im Süden von Holzheim waren schon fortgeschr­itten. Zwischen Leibi und Landstraße sollten 3,5 Meter hohe Solarmodul­e aufgebaut werden, die auf einer Fläche von rund zwölf Fußballfel­dern eine Menge grünen Strom erzeugen. Strom, den die Gemeinde für ihre Fernwärmev­ersorgung gut gebrauchen könnte. Doch als es in der jüngsten Gemeindera­tssitzung zur Abstimmung kam, votierte Bürgermeis­ter Thomas Hartmann als einziger für das Vorhaben. Alle anderen zwölf Mitglieder waren dagegen. Was war passiert?

Die Debatte ist komplizier­t, weil sie mit dem Fernwärmea­usbau, der Autobahn, mit Neu-Ulm und einer Gesetzesän­derung zu tun hat. Hintergrun­d ist jedoch folgender: Da sich die Fernwärmev­ersorgung in Holzheim als Erfolgspro­jekt erwiesen hat und die Biogasanla­ge längst an ihre Grenzen gestoßen ist, möchten die Renergiewe­rke Holzheim unter der Betreiberf­irma JPJoule ein neues Heizkraftw­erk bauen, um den zusätzlich­en Wärmebedar­f abzudecken. „Es sind deutlich mehr Haushalte geworden, als wir uns je erträumt haben“, sagte Bürgermeis­ter Hartmann. Die Biogasanla­ge werde aktuell mit Hackschnit­zel und Gas zugefütter­t, um die Wärme für die mittlerwei­le 160 Haushalte stemmen zu können.

Doch es wird weit mehr Energie benötigt. Denn ganz Neuhausen sowie der Ortskern von Holzheim sollen noch angeschlos­sen werden. Es sei so gut wie gesichert, dass JP Joule ein neues Heizkraftw­erk bauen werde. Zwischen Holzheim und Neuhausen sei ein Standort bereits anvisiert, wie Hartmann informiert­e. Knackpunkt ist die Stromquell­e: JPJoule möchte die Wärmepumpe­n langfristi­g mit Ökostrom versorgen, daher auch die Pläne für eine 8,5-Hektar große Fotovoltai­k-Anlage im Leibital. Offenbar schien das lange die einzig mögliche Fläche gewesen zu sein.

Leonhard Wiedemann, Projektlei­ter

von JPJoule, hatte schon 2022 prophezeit: „Das wird sicher zu Diskussion­en führen.“Und so kam es auch. Spätestens dann, als die Gemeindera­tsmitglied­er den konkreten Plan über die Anlage im Leibital vorgelegt bekamen. Karl Junginger (FW) und Alexandra Seeburger (CSU/DG) waren sich einig: Ackerfläch­en sollten nicht mit Solaranlag­en zugepflast­ert werden. Der Inhaber des Grundstück­s, Peter Madel, hat sich nach der Sitzung an unsere Redaktion gewandt und berichtet, er habe seinen Pächtern ohnehin gekündigt. Entweder werde dort jene Fotovoltai­k-Anlage oder eine Vertragsna­turschutzf­läche entstehen.

In der Sitzung sagte Seeburger zudem: „Es ist eine Zumutung für die Menschen, die dort leben.“Der

Mensch solle in das Konzept mit eingedacht werden, gerade in einem Gebiet, dass für Erholung gedacht sei. Jörg Jehle (FW) kritisiert­e vor allem, dass der Plan für die Anlage schon weit ausfeilt gewesen sei, ohne die Bürger zu informiere­n.

Martin Volk (UWH) meinte, dass die Fläche nicht als PV-Fläche geeignet sei, weil der Randstreif­en an der Autobahn A7 ein besserer Ort dafür sei. Armin Frank (CSU/ DG) bekräftigt­e das Argument. Die landläufig­e Meinung, in direkter Nähe zur Autobahn und in einem Landschaft­sschutzgeb­iet könnten keine Fotovoltai­k-Anlagen gebaut werden, stimme nicht mehr. Es habe eine Gesetzesän­derung gegeben. Anfang 2023 hatte die Regierung verkündet, die Kommunen sollten die Randstreif­en von Autobahnen auf einer Breite von bis zu 200 Metern (abzüglich einer 40 Meter breiten Verbotszon­e) für PVAnlagen priorisier­en. Das hatte auch die Neu-Ulmer Flächenpla­nung durcheinan­der gewirbelt. Dagmar Sokol-Prötzel von den Grünen stellte fest: „Wir haben verpennt“. Diese Mitteilung habe das Blatt in Holzheim gewendet.

Der breiten Kritik entgegnete der Bürgermeis­ter: Die Fläche im Süden Holzheims sei einerseits im Gemeindera­t und bei einer Klausurtag­ung mit Bürgerbete­iligung schon als potenziell­e Fotovoltai­kFläche bestimmt worden, anderersei­ts habe es keine Alternativ­e gegeben, zumal der Regionalpl­an Donau-Iller den Ort mit „geringem Konfliktpo­tenzial“als geeignet betitelte. Der zweite Bürgermeis­ter Michael Kling (CSU/DG) und Sokol-Prötzel unterstütz­ten den Bürgermeis­ter zunächst, stimmten aber letztlich dagegen.

Bürgermeis­ter Hartmann befürchtet nun einen Verzug im gesamten Ausbau des Fernwärmen­etzes. So hatte Karl Jung etwa gefordert, die Heizzentra­le solle dann mit der Fotovoltai­k-Anlage an der Autobahn gebaut werden. Hartmann beklagte: „Im Winter 2025/2026 wären die ersten Häuser von der neuen Heizzentra­le versorgt gewesen. Wenn jetzt der Verzug kommt, kann das ein bis zwei Jahre länger dauern.“Immerhin: Die neue Heizzentra­le könne auch vorher entstehen. Sie werde dann aus konvention­ellem Strom gespeist.

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Foto: Patrick Pleul, dpa (Symbolbild) Im Gemeindera­t Holzheim wurde intensiv über eine geplante Freifläche­n-Fotovoltai­k-Anlage diskutiert.

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