Neu-Ulmer Zeitung

Es ist Zeit für eine Reform des Tarifrecht­s

Berufsgrup­pen mit Blockadema­cht wie Lokführer oder das Bodenperso­nal an Flughäfen setzen ihre Interessen auf Kosten aller durch. Das darf nicht so bleiben.

- Von Christian Grimm

Zu „Mann kassiert für 24 Kinder“(Bayern) vom 25. März:

Da gibt es also diesen Nigerianer, der bei uns als Asylsuchen­der anerkannt wurde, weil ihm in seiner Heimat Gefahr für Leib oder Leben droht. Was ihn aber anscheinen­d nicht davon abhält, dort sehr viel Zeit zu verbringen und sich ein Luxusleben aufzubauen. Und der deutsche Staat schaut wieder einmal hilflos zu, wie hier Gelder abgemolken werden. Abgesehen von der Gesetzeslü­cke – was hält die zuständige­n Behörden davon ab, diesen Mann wöchentlic­h vorspreche­n zu lassen? Personalma­ngel? Oder Vorgaben lokaler Entscheidu­ngsträger, um nicht den Vorwurf von Fremdenfei­ndlichkeit aufkommen zu lassen? Diese Lücken in unserem Sozialstaa­t werden im Ausland den fatalen Eindruck bestärken, dass Deutschlan­d zu einem hilflosen Selbstbedi­enungslade­n verkommen ist, und weiter für hohe Migrations­zahlen sorgen. Zum anderen dürften sie auch die AfD weiter beflügeln. Das Asylrecht ist eines unserer wertvollst­en Güter, das es zu schützen gilt, damit verfolgte Menschen weiter sicher bei uns leben können. Aber hier fehlt der politische Wille, diese wertvollen, mittlerwei­le leider auch begrenzten Ressourcen vor offensicht­lichem Missbrauch zu schützen. Die Zeche zahlt weiter die schon bis an ihre Grenzen belastete Mittelschi­cht. Gerne dürfte auch unsere Steuerverm­eidungs-Elite ihren finanziell­en Beitrag dazu leisten. Anton Zucker, Jettingen-Scheppach

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Eine der größten Stärken der deutschen Wirtschaft ist die funktionie­rende Sozialpart­nerschaft zwischen Gewerkscha­ften und Unternehme­n. Das Gebot heißt seit Jahrzehnte­n Geben und Nehmen und hat einen gehörigen Teil zum Erfolg des Landes beigetrage­n.

Doch das Gebot wird zunehmend seitens der Gewerkscha­ften infrage gestellt. Die Lokführer der Gewerkscha­ft GDL haben ohne Rücksicht auf Verluste bei Industrie und Reisenden ihre Forderunge­n beinahe vollumfäng­lich durchgeset­zt. Während der Betrieb auf den Gleisen wieder rollt, drohten zuletzt an den Flughäfen weitere Ausstände. Hätten die Schlichter keinen Erfolg haben, wäre es womöglich über Ostern zu Streiks des Lufthansa-Bodenperso­nals kommen. Die Verhandlun­gen

über die Bedingunge­n der Arbeit verkommen verstärkt zu Tarifkampf und -krampf.

Dass die Gewerkscha­ften heutzutage mehr durchsetze­n können als noch vor zehn Jahren, liegt an der Alterung der Gesellscha­ft und der dadurch entstehend­en Personallü­cke in allen Bereichen der Wirtschaft. Die Marktmacht der Arbeitnehm­er ist deutlich gestärkt. Den Gewerkscha­ften ist der neue Hebel aber noch nicht lang genug, in Schlüsselp­ositionen nutzen sie die Unersetzli­chkeit ihrer Mitglieder aus.

Die Bahn zum unzuverläs­sigen Verkehrsmi­ttel zu machen, war dezidierte­s Ziel von GDL-Chef Claus Weselsky im Arbeitskam­pf. Kurze Ankündigun­gsfristen sorgten dafür, dass der Schienenko­nzern es unheimlich schwer hatte, einen Notfahrpla­n aufzustell­en. Ähnliche Töne waren lange von Verdi in den hart geführten Verhandlun­gen über Lohn und Arbeitszei­ten des Bodenperso­nals zu hören. Bei diesem Vorgehen gerät die Verhältnis­mäßigkeit ins Rutschen. Gewiss, ohne das Recht zu streiken, fehlt den Arbeitnehm­ern das Druckmitte­l, um in Tarifverha­ndlungen zu bestehen. Das Bundesverf­assungsger­icht hat es in seiner Rechtsprec­hung grundgeset­zlich verankert und so soll es bleiben. Gleichwohl sollte der Bundestag die Streikbedi­ngungen in den Bereichen der kritischen Infrastruk­tur wie Bahn, Luftfahrt, Energiever­sorgung und

Gesundheit­ssektor verschärfe­n. Dazu könnte zum Beispiel eine verpflicht­ende Schlichtun­g gehören, wenn sich Tarifverha­ndlungen verhakt haben. Oder längere Phasen mit Friedenspf­licht, in denen nicht gestreikt werden darf, wenn eine Tarifrunde gescheiter­t ist. Der alten Unterschei­dung zwischen Warnstreik und Erzwingung­sstreik könnte neue Geltung verschafft werden. Für Warnstreik­s galt früher die Faustregel, dass sie zwei Stunden gedauert haben. Erst nach dem Platzen von Verhandlun­gen wären längere Erzwingung­sstreiks erlaubt.

Der Eingriff in das Streikrech­t wäre in der kritischen Infrastruk­tur gerechtfer­tigt, weil die Beschäftig­ten in einer privilegie­rten Stellung stehen. Anders als in der Industrie müssen sich Lokführer der Bahn und das Bodenperso­nal an Flughäfen keine Gedanken machen, dass ihre Jobs ins Ausland verlagert werden. Sie genießen eine hohe Arbeitspla­tzsicherhe­it, haben aber im Gegenzug eine Verantwort­ung für das Gemeinwese­n.

Eine gesetzlich­e Novelle des Streikrech­ts ist auch deshalb notwendig, weil es derzeit ein Richterrec­ht ist. Und die Arbeitsger­ichte entscheide­n sehr gewerkscha­ftsfreundl­ich, wie an den abgeschmet­terten Klagen der Bahn gegen die GDL abzulesen ist. Das muss sich ändern. Einzelne Berufsgrup­pen dürfen ihre Partikular­ziele nicht auf dem Rücken von Wirtschaft und Gesellscha­ft erzwingen.

Strengere Regeln für kritische Infrastruk­tur.

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