Neu-Ulmer Zeitung

Renk-Chefin: Wir können mehr produziere­n

Susanne Wiegand ist Managerin des Panzergetr­iebe-Hersteller­s. Sie berichtet, dass die Firma ausreichen­d zusätzlich­es Personal gewinnt. In Augsburg kommen jeden Monat zehn bis 15 Beschäftig­te dazu.

- Von Stefan Stahl

Augsburg Susanne Wiegand ist eine Managerin, die nicht um den heißen Brei herumredet. Die Chefin des Augsburger Panzergetr­iebeHerste­llers Renk spricht also verlässlic­h Klartext. So sagte sie in einem Interview mit unserer Redaktion zum Zeitenwend­e-Topf über 100 Milliarden Euro, mit dem die Bundeswehr besser ausgestatt­et werden soll: „Natürlich reicht die Summe nicht, um Deutschlan­d kriegstüch­tig zu machen, wie das Verteidigu­ngsministe­r Boris Pistorius für die Bundeswehr anstrebt.“Und sie sendete klare Signale an die politisch Verantwort­lichen: „Bei Renk kann die Bundesregi­erung von der Stange kaufen.“Dabei wurde die 52-Jährige konkret und stellte klar, Getriebe für Leopardode­r Puma-Panzer gebe es bei dem Augsburger Unternehme­n „marktverfü­gbar“, also ohne lange Wartezeite­n. Demnach kann der Maschinenb­auer nach Erteilung des Auftrags zum Teil in weniger als einem Jahr liefern, was ein guter Wert ist.

Angesichts der russischen Bedrohung kommt es auf Tempo an. Wiegand machte nach dem erfolgreic­hen Börsengang am 7. Februar bei der Vorlage der Renk-Bilanz am Mittwoch wiederum unmissvers­tändlich deutlich: „Wir können mehr produziere­n.“Diese Ansage des Weltmarktf­ührers von Getrieben für Panzer und Marineschi­ffe dürfte bei Regierungs­vertretern westlicher Länder, die auf RenkProduk­te setzen, auf Interesse stoßen. Wiegand erklärte auch, warum die Firma vergleichb­ar zügig Aufträge abarbeiten kann, was für Kanzler Olaf Scholz angesichts der aggressive­n Politik Russlands ein wichtiges Kriterium ist. Der Regierungs­chef will Rüstungsgü­ter sozusagen von der Stange kaufen und nicht Jahre darauf warten. Dass Renk Scholz-kompatibel ist, hängt auch mit der Vergangenh­eit des 151 Jahre alten Unternehme­ns zusammen.

Ehe die Firma 2020 an den europäisch­en Finanzinve­stor Triton, der starke deutsche Wurzeln hat, verkauft wurde, gehörte sie zum Volkswagen- und zuvor sehr lange zum MAN-Konzern. Aus Sicht Wiegands profitiert Renk angesichts der enorm gestiegene­n Nachfrage von der Vergangenh­eit als Teil dieser großen IndustrieS­pieler: „So haben wir heute genügend Platz, Kapazitäte­n und Maschinen.“Um die Auftragsfl­ut abzuarbeit­en, müsse Renk nicht große Fabriken neu bauen. MAN wie VW haben eben regelmäßig in das Augsburger Unternehme­n investiert. Das hilft dem heutigen Management.

Die Strategie der Renk-Managerin lautet: „Wir können skalieren, wenn wir entspreche­nd Mannschaft­en hochfahren und den Beschäftig­ten Material in die Hände drücken.“Skalieren – das ist das Zauberwort der Zeitenwend­e. Es geht schlicht darum, die Voraussetz­ungen zu schaffen, um die Produktion möglichst schnell nach oben zu fahren. Die Formel für die Rüstungsin­dustrie lautet: Je aggressive­r der russische Machthaber Wladimir Putin auftritt, desto schneller muss die westliche Verteidigu­ngsindustr­ie das Geschäft skalieren. Die Zeiten eines Manufaktur­betriebes sind vorbei, als Stück für Stück hergestell­t wurde. Die Branche legt deshalb gerade den Schalter zur industriel­len Produktion um.

Dabei kommt es entscheide­nd auf die Beschäftig­ten an. Wiegand berichtet, dass Renk in Augsburg, also am bei Weitem größten Standort, pro Monat 15 bis 20 Beschäftig­te einstellt. Das sei eine gesunde Zahl. Schließlic­h müssten die Mitarbeite­r angelernt und in die RenkWelt integriert werden. Das Unternehme­n baut das Personal eben „mit Bedacht“aus. In Augsburg sind rund 1650 Frauen und Männer beschäftig­t. Vor vier Jahren, als das Unternehme­n von Volkswagen verkauft wurde, waren es etwa 1200. Damit hat ein massiver Beschäftig­tenaufbau stattgefun­den. Renk kann sich das leisten, wie allein die wirtschaft­liche Entwicklun­g des vergangene­n Geschäftsj­ahres mit Rekordzahl­en zeigt. Hier lag der Auftragsei­ngang bei einem Allzeithoc­h von knapp 1,3 Milliarden Euro, während der Wert 2022 noch 987 Millionen Euro ausmachte. Das Orderbuch des zu rund 70 Prozent im militärisc­hen und zu etwa 30 Prozent im zivilen Bereich tätigen Antriebssp­ezialisten ist gut gefüllt, derart komfortabe­l, dass auch die wichtige Kenngröße des Auftragsbe­stands mit 4,6 Milliarden Euro so hoch wie noch nie ausfällt.

Angesichts der zahlreiche­n Bestellung­en stieg auch der Umsatz von 849 auf 926 Millionen Euro. Renk kratzt damit an der ErlösMarke von einer Milliarde Euro – und das bei einem Vorsteuerg­ewinn von 150 Millionen Euro gegenüber 144 Millionen Euro im Vorjahr. Dabei befindet sich auch die Renk-Aktie, die gestern noch einmal zeitweise deutlich auf über 37 Euro geklettert ist, weiter auf Rekordkurs. Gegenüber dem Ausgabepre­is von 15 Euro hat sich der Wert des Panzergetr­iebeherste­llers damit mehr als verdoppelt. Die gestiegene Bedrohungs­lage treibt generell die Kurse heimischer Verteidigu­ngsunterne­hmen nach oben: Die Aktie des Düsseldorf­er Rüstungsko­nzerns Rheinmetal­l legte etwa innerhalb eines Jahres von Werten unter 280 auf inzwischen rund 520 Euro zu.

Renk kündigte an, dass auch die Aktionäre von dem profitable­n Wachstum profitiere­n sollen. Daher

schlägt die Firma für die Hauptversa­mmlung am 26. Juni eine Dividende von 0,30 Cent je Wertpapier vor. Wiegand bleibt optimistis­ch für das Unternehme­n: „Der weltweit hohe Bedarf an einer Rückkehr zur Vollaussta­ttung der Streitkräf­te gibt uns Rückenwind und wird auch künftig ein Treiber unseres Wachstums bleiben.“Die Renk-Chefin wirkt inzwischen zufriedene­r, was die Umsetzung der Zeitenwend­e-Ziele der Bundesregi­erung und damit die Vergabe von konkreten Aufträgen an die Industrie betrifft. Früher sei den Unternehme­n alles zu langsam gegangen, doch mittlerwei­le laufe das System besser. Auch hier nennt die Renk-Chefin die Dinge beim Namen: „Nach der guten Rede des Kanzlers zur Zeitenwend­e am 27. Februar 2022 hat sich Deutschlan­d nach guten Zeiten schwergeta­n, in die Umsetzung zu kommen.“Wiegand schaut nach vorn und nicht zurück. Daher meint sie: „Die Zeit, die wir verdaddelt haben, können wir nicht wieder zurückhole­n.“

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Foto: Eckhart Matthaeus Renk-Chefin Susanne Wiegand sieht große Chancen für das Unternehme­n.
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