Neu-Ulmer Zeitung

Das Genderverb­ot kommt – und was passiert dann?

In Behörden und Schulen gilt ab dem 1. April ein Verbot von Sonderzeic­hen für geschlecht­ersensible Sprache. Welche Konsequenz­en drohen, wenn jemand sich weigert, ist noch rätselhaft.

- Von Benedikt Dahlmann

Augsburg Emotional, aufbrausen­d, temperamen­tvoll: All das sind Begriffe, die man gemeinhin nicht mit dem deutschen Beamtenwes­en verbindet. Für die Debatte um das sogenannte Genderverb­ot gilt das schon eher. Nun sollen die bayerische­n Beamten die umstritten­e Regelung in ihren Behörden umsetzen. Einigen fehlen dafür zurzeit noch Informatio­nen.

In einem Schreiben, das unserer Redaktion vorliegt, fordert das Kultusmini­sterium die Schulen auf, die amtliche Regelung des Rats für deutsche Rechtschre­ibung „konsequent“umzusetzen. „Mehrgeschl­echtliche Schreibwei­sen durch Genderster­n, Doppelpunk­t, Gender-Gap oder Mediopunkt sind unzulässig.“Geschlecht­ergerechte Texte sollen „verständli­ch und lesbar sein“, schreibt das Kultusmini­sterium. Damit bezieht sich das Ministeriu­m beispielsw­eise auf Elternbrie­fe,

Jahresberi­chte oder die Schulwebsi­te. Auch Behörden dürfen keine Genderzeic­hen verwenden.

„Wie verständli­ch und lesbar das ist, wenn ich ‘Schülerinn­en und Schüler’ und ‘Lehrerinne­n und Lehrer’ jedes Mal ausformuli­ere, sei mal dahingeste­llt“, sagt der Schulamtsl­eiter des Landkreise­s Augsburg, Thomas Adleff. „Die größte Herausford­erung wird sein, sich im Sprachgebr­auch wieder umzugewöhn­en.“Ein „Salto rückwärts im Kopf“werde das. Allerdings nur beim gesprochen­en Wort. In den meisten offizielle­n Schreiben sei bislang ohnehin nicht gegendert worden.

Auch das Schulamt der Stadt Augsburg bleibt angesichts des Genderverb­ots gelassen. „In unserem Bereich verwenden wir durchgängi­g seit Langem geschlecht­erspezifis­che Einzelform­en, Paarformel­n oder geschlecht­sneutrale Ausdrücke“, sagt Schulamtsd­irektor Markus Wörle. Heißt: Beim Augsburger Schulamt gab es noch nie Lehrer:innen, sondern bloß

Lehrkräfte. Die Universitä­t Würzburg hat hingegen noch gar keine Informatio­nen über die Umsetzung des Verbots bekommen. Man werde sich damit auseinande­rsetzen, sobald ein konkretes Schreiben vorliege, heißt es von der Uni.

„Dienst nach Vorschrift“und „Das haben wir schon immer so gemacht“: Zyniker würden sagen, die Reaktion war vorhersehb­ar. Allerdings könnte vor allem bei der Anpassung der Websites noch ein gutes Stück Arbeit auf die Schulen,

Universitä­ten und Behörden zukommen. Schließlic­h können sich auf allen möglichen Unterseite­n noch Genderzeic­hen befinden. Und wenn sich doch jemand weigert, auf die Sonderzeic­hen für eine geschlecht­ergerechte Sprache zu verzichten?

Markus Söder hat jüngst verkündet, dass Eltern, denen ein solches Fehlverhal­ten auffällt, sich „Tag und Nacht“an das Kultusmini­sterium wenden können.

Das Kultusmini­sterium reagiert darauf zurückhalt­end. „Sollten einzelne Lehrkräfte auch zukünftig die oben genannten Sonderzeic­hen verwenden, sind die unmittelba­ren Vorgesetzt­en zuallerers­t aufgerufen, das Gespräch zu suchen“, heißt es aus dem Ministeriu­m.

Konsequenz­en würden erst gezogen, „wenn gezielt und ganz bewusst mehrfach gegen die aktuell geltenden Regelungen verstoßen wird“. Welche Konsequenz­en das genau sind, ließ das Ministeriu­m offen.

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Foto: Felix Hörhager, dpa Plakat auf einer Münchner Demo gegen das Genderverb­ot. Die Debatte ist emotional.

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