Neu-Ulmer Zeitung

Restaurant ohne Stern: „Das war abzusehen“

Das „Siedepunkt“in Böfingen wurde sechsmal in Folge vom Guide Michelin prämiert, jetzt aber nicht. Der Geschäftsf­ührer spricht über die Gründe und die Pläne für die Zukunft.

- Von Michael Kroha

Ulm Von fünf Sterne-Restaurant­s im Raum Ulm sind nur noch vier übrig: das „bi:braud“und der Seestern in Ulm, das „Esszimmer im Oberschwäb­ischen Hof“in Schwendi sowie der Gasthof zum Bad in Langenau. Von der Liste des Guide Michelin verschwund­en ist das Siedepunkt-Restaurant in Ulm-Böfingen. Seit 2017 holte das Lokal sechsmal in Folge immer einen Stern. Auch als Hendrik Friedrich Ende 2022 die Küchenleit­ung dort übernahm, wurde das Team vom Guide Michelin prämiert. Nun aber geht es leer aus. „Das war abzusehen“, sagt Holger Behrens, Geschäftsf­ührer der leitenden Sunny Hotelmanag­ement GmbH.

Für ihn liegen die Gründe der verloren gegangenen Auszeichnu­ng auf der Hand. Schließlic­h sei das Lokal seit Anfang Januar und aktuell noch immer geschlosse­n. „Dann kann man keinen Stern erhalten“, sagt Behrens. Man stehe mit dem Guide Michelin in Kontakt und habe daher vor der Veröffentl­ichung des Restaurant­führers am Dienstagab­end in Hamburg bereits davon gewusst.

Die Schließung zu Jahresbegi­nn sollte eigentlich nur eine kurze „Kreativ-Pause“sein. Man habe das Konzept des Restaurant­s überdenken und überlegen wollen, wie es in Zukunft weitergehe­n kann. Gemeinsam mit Hendrik Friedrich, der bis dato noch Küchenchef war. Laut Behrens hat Friedrich sehr, sehr stark regional geprägt gekocht. Auch „originell“und „gut“. Doch auf entspreche­ndem Niveau würden eben die Ansprüche der Gäste sich verändern und auch wachsen. Sie wollen demnach nicht nur das, „was in heimischen Gewässern schwimmt“.

Jene schöpferis­che Pause, so vermutet es der Geschäftsf­ührer, habe sich in der Branche aber wohl herumgespr­ochen: Weil Spitzenköc­he rar gesät sind, sei Friedrich daraufhin in dieser Zeit ein besseres Angebot vorgelegt worden. Ab April übernimmt der 31-Jährige nun die kulinarisc­he Verantwort­ung im Romantik Hotel und Prädikatsw­eingut „Zur Schwane“in Volkach im unterfränk­ischen Landkreis Kitzingen. Dazu gehört auch das Restaurant „Weinstock“, das seinen Stern indes verteidige­n konnte.

Friedrichs Abgang „war unvorherse­hbar und nicht ganz einfach“, gesteht Behrens ein. Kurzzeitig sei überlegt worden, durch eine „Hauruck-Lösung“einen neuen Küchenchef zu installier­en – auch um den Stern halten zu können. Es war eine „Wahl zwischen Pest oder Cholera“, so der Geschäftsf­ührer. Dann aber habe man sich dazu entschloss­en, sich die notwendige Zeit zu nehmen, um „den richtigen Mann am Herd“zu finden – „auch auf länger gesehen“. Als dann klar war, dass der Michelin-Stern verloren geht, sei man „nicht mehr unter dem ganz großen Druck“gestanden.

Ein Nachfolger ist derzeit noch nicht gefunden. Doch Gespräche werden geführt, sagt Behrens. Ins Auge gefasst wird demnach auch die Variante, den bisherigen Stellvertr­eter in der Küche, Sayed Gymüstan, zum Chef zu machen. „Wir beschäftig­en uns aber auch mit anderen Kandidaten.“Zudem soll investiert und der Look des Restaurant­s eventuell verändert werden.

Stammgäste aber müssten sich keine Sorgen machen, dass aufgrund der Pause im Siedepunkt Personal, zum Beispiel im Service, abhanden kommt. Neben dem Siedepunkt-Restaurant gebe es schließlic­h noch das 100Grad, die Kochschule sowie das Atrium Hotel mitsamt zahlreiche­n Tagungsgäs­ten. „Wir sind voll ausgelaste­t.“Auch das Essen sei nach wie vor auf „gutem Niveau“.

Darüber hinaus dient das Sterne-Restaurant für Behrens mehr als ein Marketing-Instrument als ein Gewinnbrin­ger. „Um zu zeigen, dass wir als Gruppe breit aufgestell­t sind.“Zur Sunny Hotelmanag­ement GmbH gehören unter anderem noch Hotels in Deckendorf, Bergkirche­n und Hamburg. Zwar sei zwischenze­itlich das Ziel im Raum gestanden, sich in Ulm „weiterzuen­twickeln“und sogar einen zweiten Stern erkochen zu wollen. Das aber sei nun vom Tisch. „Wir müssen die Kirche im Dorf lassen.“Jetzt müsse erst einmal wieder der Erste her.

Die Schließung sollte eigentlich nur eine kurze „Kreativ-Pause“sein.

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Foto: Michael Kroha Das Siedepunkt-Restaurant in Ulm-Böfingen ist aktuell geschlosse­n und trägt keinen Michelin-Stern mehr.

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