Restaurant ohne Stern: „Das war abzusehen“
Das „Siedepunkt“in Böfingen wurde sechsmal in Folge vom Guide Michelin prämiert, jetzt aber nicht. Der Geschäftsführer spricht über die Gründe und die Pläne für die Zukunft.
Ulm Von fünf Sterne-Restaurants im Raum Ulm sind nur noch vier übrig: das „bi:braud“und der Seestern in Ulm, das „Esszimmer im Oberschwäbischen Hof“in Schwendi sowie der Gasthof zum Bad in Langenau. Von der Liste des Guide Michelin verschwunden ist das Siedepunkt-Restaurant in Ulm-Böfingen. Seit 2017 holte das Lokal sechsmal in Folge immer einen Stern. Auch als Hendrik Friedrich Ende 2022 die Küchenleitung dort übernahm, wurde das Team vom Guide Michelin prämiert. Nun aber geht es leer aus. „Das war abzusehen“, sagt Holger Behrens, Geschäftsführer der leitenden Sunny Hotelmanagement GmbH.
Für ihn liegen die Gründe der verloren gegangenen Auszeichnung auf der Hand. Schließlich sei das Lokal seit Anfang Januar und aktuell noch immer geschlossen. „Dann kann man keinen Stern erhalten“, sagt Behrens. Man stehe mit dem Guide Michelin in Kontakt und habe daher vor der Veröffentlichung des Restaurantführers am Dienstagabend in Hamburg bereits davon gewusst.
Die Schließung zu Jahresbeginn sollte eigentlich nur eine kurze „Kreativ-Pause“sein. Man habe das Konzept des Restaurants überdenken und überlegen wollen, wie es in Zukunft weitergehen kann. Gemeinsam mit Hendrik Friedrich, der bis dato noch Küchenchef war. Laut Behrens hat Friedrich sehr, sehr stark regional geprägt gekocht. Auch „originell“und „gut“. Doch auf entsprechendem Niveau würden eben die Ansprüche der Gäste sich verändern und auch wachsen. Sie wollen demnach nicht nur das, „was in heimischen Gewässern schwimmt“.
Jene schöpferische Pause, so vermutet es der Geschäftsführer, habe sich in der Branche aber wohl herumgesprochen: Weil Spitzenköche rar gesät sind, sei Friedrich daraufhin in dieser Zeit ein besseres Angebot vorgelegt worden. Ab April übernimmt der 31-Jährige nun die kulinarische Verantwortung im Romantik Hotel und Prädikatsweingut „Zur Schwane“in Volkach im unterfränkischen Landkreis Kitzingen. Dazu gehört auch das Restaurant „Weinstock“, das seinen Stern indes verteidigen konnte.
Friedrichs Abgang „war unvorhersehbar und nicht ganz einfach“, gesteht Behrens ein. Kurzzeitig sei überlegt worden, durch eine „Hauruck-Lösung“einen neuen Küchenchef zu installieren – auch um den Stern halten zu können. Es war eine „Wahl zwischen Pest oder Cholera“, so der Geschäftsführer. Dann aber habe man sich dazu entschlossen, sich die notwendige Zeit zu nehmen, um „den richtigen Mann am Herd“zu finden – „auch auf länger gesehen“. Als dann klar war, dass der Michelin-Stern verloren geht, sei man „nicht mehr unter dem ganz großen Druck“gestanden.
Ein Nachfolger ist derzeit noch nicht gefunden. Doch Gespräche werden geführt, sagt Behrens. Ins Auge gefasst wird demnach auch die Variante, den bisherigen Stellvertreter in der Küche, Sayed Gymüstan, zum Chef zu machen. „Wir beschäftigen uns aber auch mit anderen Kandidaten.“Zudem soll investiert und der Look des Restaurants eventuell verändert werden.
Stammgäste aber müssten sich keine Sorgen machen, dass aufgrund der Pause im Siedepunkt Personal, zum Beispiel im Service, abhanden kommt. Neben dem Siedepunkt-Restaurant gebe es schließlich noch das 100Grad, die Kochschule sowie das Atrium Hotel mitsamt zahlreichen Tagungsgästen. „Wir sind voll ausgelastet.“Auch das Essen sei nach wie vor auf „gutem Niveau“.
Darüber hinaus dient das Sterne-Restaurant für Behrens mehr als ein Marketing-Instrument als ein Gewinnbringer. „Um zu zeigen, dass wir als Gruppe breit aufgestellt sind.“Zur Sunny Hotelmanagement GmbH gehören unter anderem noch Hotels in Deckendorf, Bergkirchen und Hamburg. Zwar sei zwischenzeitlich das Ziel im Raum gestanden, sich in Ulm „weiterzuentwickeln“und sogar einen zweiten Stern erkochen zu wollen. Das aber sei nun vom Tisch. „Wir müssen die Kirche im Dorf lassen.“Jetzt müsse erst einmal wieder der Erste her.
Die Schließung sollte eigentlich nur eine kurze „Kreativ-Pause“sein.