Wenn das Handy zur Waffe wird
An bayerischen Schulen häufen sich Fälle von Chats mit strafbaren Inhalten. Ein Staatsanwalt aus Neu-Ulm möchte Jugendliche sensibilisieren.
Neu-Ulm/Offingen Hakenkreuze, Gewaltvideos und kinderpornografische Bilder: In den vergangenen Jahren gab es an bayerischen Schulen vermehrt Fälle, in denen strafbare Inhalte über Netzwerke und Chats verbreitet wurden. Mit einer Aufklärungskampagne will Staatsanwalt Pierre Weber aus Neu-Ulm dagegen halten. An der Mittelschule Offingen stellte er nun eine Aufklärungskampagne vor.
2021 wurden nach Angaben der Staatsanwaltschaft in Bayern 160 Jugendliche beziehungsweise Heranwachsende im Alter von 14 bis 20 Jahren nach Jugendstrafrecht verurteilt, weil sie kinderpornografische Inhalte verbreitet, erworben oder besessen haben. Dabei seien sich die Schülerinnen und Schüler oft gar nicht bewusst, wie schnell sie sich strafbar machen können und was die Folgen sind. Staatsanwalt Weber will Kinder und Jugendliche für das Thema sensibilisieren und einen Beitrag zur Prävention leisten. „Wir wollen alle Schülerinnen
und Schüler vor Straftaten und Strafverfahren schützen.“Er diskutierte mit Schülerinnen und Schülern der Mittelschule und zeigte ein etwa zweiminütiges Video, das im Mittelpunkt der Kampagne steht. Für diese Kampagne konnte das Bayerische Staatsministerium der Justiz Falco Punch gewinnen, der mit heute über dreizehn Millionen Followern bei TikTok zu den bekanntesten deutschen Influencern zählt. Er holt die Jugendlichen dort ab, wo sie sich besonders oft aufhalten: im Netz. Punch zeigt anhand typischer Fälle, wie schnell man sich mit seinem Handy strafbar machen kann. Flankiert wird das Video von einer eigenen Website. ‘www.machdeinhandynichtzurwaffe.de’. Genau wie in der analogen Welt können in Chat-Apps, Foren und Social-Media-Plattformen Straftatbestände auftreten, so der Staatsanwalt. „Nicht nur Cybermobbing, beispielsweise durch das Verbreiten von ehrverletzenden Gerüchten, Beschimpfungen und Bedrohungen,
nimmt zu. Auch kommen strafbarer Umgang mit jeder Art von Pornografie, unbefugte Bild- oder Tonbandaufnahmen, Gewaltdarstellungen und Volksverhetzung in den sozialen Medien und Messenger-Diensten vor.“
Beispielsweise ist es strafbar,
• kinder- oder jugendpornografische Bilder über Chatgruppen zu versenden, kinder- oder jugendpornografische Bilder zu besitzen. Daher können sich auch Nutzer strafbar machen, wenn sie kinderpornografische Bilder unaufgefordert über Chatgruppen zugesandt bekommen und diese nicht unverzüglich löschen oder den zuständigen Stellen melden.
• freiwillig hergestellte Nacktfotos der Freundin oder des Freundes, ohne Einwilligung über Social-Media-Plattformen der Schulklasse zugänglich zu machen,
• beleidigende Äußerungen in einem sozialen Netzwerk zu posten,
• Sticker mit Hakenkreuzen und Hitler-Bildern zu versenden und rassistische (volksverhetzende) Parolen zu veröffentlichen.
„Strafbare Inhalte sollten sofort vom Handy gelöscht werden. Sonst macht man sich strafbar“,so Staatsanwalt Weber. Laut polizeilicher Kriminalstatistik ist – unabhängig vom Tatort Schule – im Bereich Kinderpornografie bundesweit die Anzahl der Tatverdächtigen unter 18 Jahren von 1373 im Jahr 2018 auf 4139 im Jahr 2019, 7643 im Jahr 2020, 14.528 im Jahr 2021 und auf 14.757 im Jahr 2022 gestiegen. (AZ)