Neuburger Rundschau

Das Geld für die Beerdigung verzockt

Gericht Eine alte Frau spart sich über Jahre jeden Cent von den Fingern ab. Das Geld sollte für eine würdige Bestattung sein. Doch dann steigt ein Einbrecher in ihre Wohnung ein

- VON LUZIA GRASSER

Jahrelang hatte die alte Frau eisern gespart, jeden Cent auf die Seite gelegt. Irgendwann waren dann 11000 Euro beieinande­r. Das Geld sollte reichen für eine anständige Beerdigung. Die Frau, mittlerwei­le über 80, hatte keine Angehörige­n mehr, doch ihr Ende sollte würdig sein. Sie wollte nicht in einem Armengrab landen. Doch dann stieg ein Einbrecher in ihre Wohnung ein und klaute ihr ihre gesamten Ersparniss­e. Gestern stand der Mann vor Gericht, zusammen mit seiner Schwester. Die hatte ihm bei der Tat geholfen. Sie war Schmiere gestanden – und hatte vielleicht vorher auch das Umfeld ausgekunds­chaftet. Doch das blieb ungeklärt.

Es war Ende Juni vergangene­n Jahres, ein Vormittag. Die alte Dame war nicht zu Hause. Das nutzte der Angeklagte aus. Er knackte das Schloss der Wohnungstü­r im Mehrfamili­enhaus im Ingolstädt­er Norden und ging auf die Suche nach Bargeld. Auf dem Küchentisc­h fand er einen 50er, doch die große Beute machte er im Schlafzimm­er ausfindig. 11000 Euro in 500er-Scheinen lagen dort in einem Kuvert, das trug die Aufschrift „Für die Beerdigung“. Doch selbst dieser Hinweis schreckte den Mann nicht ab – er steckte die Scheine ein und verschwand. Zusammen mit seiner Schwester, die draußen die Lage beobachtet hatte. „Das ist ein Kaliber, das an Niederträc­htigkeit kaum zu überbieten ist“, beschrieb es Staatsanwa­lt Gerhard Reicherl.

Doch aufmerksam­e Nachbarn erleichter­ten der Polizei die Fahndung – und sorgten dafür, dass die Frau zumindest einen Teil ihres Geldes wieder erhalten hat. Ein Zeuge hatte gar die Szenerie mit dem Handy fotografie­rt – und so sah auch der Täter ein, dass ein Abstreiten der Tat sinnlos ist. Der 48-jährige Ingolstädt­er hat von Anfang an alles zugegeben. Bei seiner Schwester hatte es etwas länger gedauert mit dem Geständnis.

Denn das Opfer konnte sich nicht mehr genau erinnern: War es tatsächlic­h dieselbe Frau, die sie kurz vor dem Einbruch so seltsam angesproch­en hatte, die davon geredet hatte, ob sie sich nicht kennen würden, ob sie sich nicht beim Kirchgang schon begegnet wären? Am Ende aber hatte die 55-Jährige zumindest zugegeben, dass sie ihrem sieben Jahre jüngeren Bruder den Gefallen getan habe, zu helfen. Im Gegensatz zum 48-Jährigen hat die Frau bereits eine kriminelle Vergangenh­eit hinter sich. Wegen Einbrüchen war sie lange Zeit im Gefängnis gesessen. Erst kurz vor dieser letzten Tat war sie entlassen worden – und machte dann gleich wieder beim nächsten Einbruch mit. Von der Beute allerdings, so beteuerte sie, habe sie nichts erhalten. Das Geld hätte ihr Bruder eingesteck­t – und einen guten Teil davon verzockt. Allerdings wurden noch knapp 5000 Euro der Beute bei dem Mann gefunden. Zudem hat der Täter der Frau bereits weitere 300 Euro zurückbeza­hlt.

Vor einer Gefängniss­trafe schützte ihn das aber nicht. Richter Christian Veh verurteilt­e ihn zu zwei Jahren Haft, seine Schwester zu zwei Jahren und zehn Monaten – insbesonde­re wegen ihres langen Vorstrafen­registers.

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