(K)ein Platz zum Verweilen
Städtebau Die Sanierung der Unteren Altstadt wird vorangetrieben, das hat der Stadtrat beschlossen. In diesem Zug könnte der Bereich um die Schießhaus- und Neuhofstraße ein völlig neues Gesicht bekommen
Es könnte so schön sein: Ein Brunnen, an dem Kinder spielen, Bänke, die zum Verweilen einladen und eine ansprechende Gastronomie mit Außenbewirtung. Die Realität sieht derzeit anders aus. Maroder Bodenbelag, verwitternde Pflanzgefäße und ein Leerstand, der sich seit Jahren hartnäckig einer Belebung entzieht. Der Schießhausplatz in der Unteren Altstadt steht beispielhaft für ein gesamtes Viertel, in dem städtebaulich deutlich Luft nach oben besteht. Jetzt könnte Bewegung in das Quartier kommen.
Dass sich etwas ändern muss, ist den Verantwortlichen der Stadt nicht erst seit gestern klar. In den vergangenen Jahren gab es immer wieder Überlegungen, das Gebiet um die Schießhaus- und Neuhofstraße aufzuwerten. Jetzt hat der Stadtrat ein – in der Abstimmung knappes – in der Signalwirkung jedoch eindeutiges Ergebnis erzielt: Mit 14:10 Stimmen wurde beschlossen, die Verhandlungen mit einem Stuttgarter Planungsbüro für die Umgestaltung der Unteren Altstadt aufzunehmen. Der Entscheidung ging eine lebhafte Debatte im Stadtrat voraus.
Konkret ging es dabei um die Frage, ob man die Auftragsvergabe vorantreiben oder das Projekt aussetzen soll. Finanzreferent Rüdiger Vogt (CSU) hatte den Antrag gestellt, den Punkt abzusetzen. Begründung: Zum einen verfüge der Haushalt momentan über sehr begrenzte Mittel, die wenig Spielraum ließen, und zum anderen sei die Umgestaltung keine städtische Pflichtaufgabe. CSU-Fraktionschef Alfred Hornung forderte, sich zuerst der Zustimmung der Anwohner und Eigentümer zu versichern, und Oberbürgermeister Bernhard Gmehling kritisierte die zu geringe Anzahl der Stellplätze im vorgelegten Planungsentwurf.
Die Einwände ernteten den entschiedenen Widerspruch anderer Parteien. Baureferentin Anita Kerner von den Freien Wählern setzte sich in ihrer letzten Stadtratssitzung, bevor sie sich von ihrem Amt entbinden ließ (wir berichteten), engagiert für eine Sanierung ein: „Es sieht dort aus wie im Glasscherbenviertel, es wird Zeit, dass wir das Potenzial, das im Viertel schlummert, nicht nur erkennen, sondern endlich etwas daraus machen.“Horst Winter von der SPD pflichtete ihr bei: „Wenn wir wollen, dass sich die Leute länger in der Stadt aufhalten und bummeln, dann müssen wir handeln.“Und auch der Verkehrsreferent Bernhard Pfahler von den Freien Wählern war der Meinung, es sei wichtig, „etwas Sinnvolles daraus zu machen“, auch wenn er sich mehr Stellplätze wünsche.
Der Entscheidung vorangegangen war ein städtebaulicher Wettbewerb, an dem sich zehn Planungsbüros beteiligt hatten. Bereits im Oktober vergangenen Jahres wählten eine Fachjury sowie Vertreter der Stadt nach eingehender Begutachtung der verschiedenen Entwürfe den Realisierungsvorschlag des Büros Pesch Partner aus Stuttgart mit deutlichem Vorsprung zum Sieger. Der Wettbewerb war Teil eines sogenannten VOF-Vergabeverfahrens zur Umgestaltung der Unteren Altstadt in Zusammenarbeit mit der Regierung von Oberbayern mit Gesamtkosten von 122000 Euro, von denen die Stadt rund 49000 Euro tragen müsste.
Unter der Leitlinie „Platz schaffen, wo bisher nur Stellplätze sind“, will der Siegerentwurf die Untere Altstadt neu strukturieren und auf eine attraktive Mitte – den umgestalteten Schießhausplatz – ausrichten. Ein Brunnen, Sitzgelegenheiten und Kastanienbäume sollen die Aufenthaltsqualität steigern und die Gastronomie mit Außenbestuhlung den Platz beleben. Die öffentliche Fläche in der Neuhofstraße soll begrünt und mit einem Kinderspielplatz aufgewertet werden. Die bisherigen Kosten von 335000 Euro für den Entwurf beinhalten die Gestaltung der Oberfläche mit Bänken, Bäumen und Bodenbelag, dazu kommen noch die Kosten für den Unterbau. Einen festen Zeitplan für die Umsetzung gibt es nicht. Der Entwurf soll je nach Haushaltslage in den kommenden Jahren abschnittsweise realisiert werden.
Dem Beschluss des Stadtrats zufolge kann das Bauamt mit dem Planungsbüro Pesch Partner nun in die Vertragsverhandlungen einsteigen. Ziel ist es, einen Bebauungsplanentwurf mit Kostenschätzung für das Wettbewerbsgebiet zu erarbeiten. In diesen sollen die geforderten Änderungen, etwa eine höhere Zahl an Parkplätzen, einfließen. Ursprünglich hatte die Stadt 77 gefordert, der derzeitige Entwurf sieht 62 Parkplätze vor. In ihrem Schlussplädoyer gab Baureferentin Kerner zu bedenken: „Städtebau bringt immer Veränderungen mit sich – wer sich aber nicht verändern will, bleibt stehen.“Am Schießhausplatz bleibt derzeit niemand stehen, aber das könnte sich in Zukunft ändern.