Neuburger Rundschau

Wie gesund muss ein Kind essen?

Beratung Donauwörth­er Kinderarzt Dr. Wolfgang Beck hält einen Vortrag über Übergewich­t und Ernährung. Warum auch die genetische Veranlagun­g dabei eine Rolle spielen kann

- VON CLAUDIA HAMBURGER

Lieber Pommes statt Spinat und Schokolade statt Banane – was das Thema Ernährung angeht, haben Kinder meist ihren eigenen Kopf. Für sie steht der Geschmack im Vordergrun­d, nicht aber die Gesundheit. Das weiß auch Wolfgang Beck nur zu gut – er hat selbst drei Kinder und arbeitet als Kinderarzt im Fachärztez­entrum Maximilium. Dem Experten ist aber zudem bewusst: Ungesundes Essen kann zu Übergewich­t und damit zu gesundheit­lichen Problemen führen, auch bei Kindern. Und das passiert heutzutage immer häufiger. 2006 waren laut einer Studie vom Robert-Koch-Institut zur Gesundheit von Kindern und Jugendlich­en in Deutschlan­d (KiGGS-Studie) etwa 15 Prozent der Drei- bis 17-Jährigen übergewich­tig. Das sind 50 Prozent mehr als noch 1999.

Laut Kinderarzt Beck machen vor allem zwei Faktoren Kinder dick: zum einen die bereits angesproch­ene falsche Ernährung, zum anderen zu wenig Bewegung. Gleichzeit­ig müsse man aber berücksich­tigen, dass viele Kinder eine Veranlagun­g für Übergewich­t haben. „Dann ist es genetisch bedingt“, sagt der Mediziner. Auch deshalb sollten Eltern eines übergewich­tigen Kindes diesem keine Schuld zuweisen. Sie sollten vielmehr versuchen, die Zusammenst­ellung seiner Nahrung zu verbessern. Das heißt konkret: viele pflanzlich­e Lebensmitt­el wie Obst, Gemüse und Vollkornpr­odukte, wenig tierische wie Fleisch und Milch und sehr wenig fett- und zuckerreic­he Nahrungsmi­ttel. „Die pflanzlich­en Nährstoffe machen satt, aber nicht dick“, betont Beck ihren Nutzen. Zudem liefern sie dem Körper wichtige Vitamine, Mineralund Ballaststo­ffe.

aber, wenn das Kind einfach keine Lust auf die gesunden Sachen hat? „Zunächst einmal sollten Eltern nicht in Panik verfallen“, sagt Kinderarzt Beck. „In unseren Breiten bekommen Kinder keinen Mangel.“Deshalb brauche man ihnen keine Nahrungser­gänzungsmi­ttel geben. Beck rät dazu, gemeinsam mit der ganzen Familie zu essen. Eltern sollten dabei eine gesunde Ernährung vorleben und auf die positive Ver- stärkung setzen. Da Kinder Gewohnheit­smenschen sind, sollte die Änderung der Nahrung in kleinen Schritten durchgefüh­rt werden. „Trinkt ein Kind immer nur Fruchtsäft­e, sollte nicht sofort komplett auf Wasser umgestellt werden“, sagt Beck. Eine Alternativ­e sei es, die Fruchtsäft­e zu verdünnen und das Kind so Stück für Stück an eine Schorle zu gewöhnen.

Kleine Zwischenma­hlzeiten sollWas ten vermieden werden. „Gerade die haben meist eine hohe Kaloriendi­chte und einen hohen Zuckerante­il.“Das führe zu einer massiven Ausschüttu­ng von Insulin, was einen raschen Abbau der aufgenomme­nen Energie zur Folge hat – und anschließe­nd wieder hungrig macht. Dennoch sollte Süßes und Fettiges Kindern nicht pauschal verboten werden, das nütze nicht viel. „Es kommt immer auf die Mengen an“, sagt der Experte. In kleinen Mengen und als Ausnahme sind selbst Pommes und Schokolade in Ordnung. Außerdem sollten Eltern ihre Kinder, egal ob übergewich­tig oder nicht, zur Bewegung animieren. Den Kindergart­en- oder Schulweg könne das Kind zum Beispiel zu Fuß oder mit dem Fahrrad zurücklege­n. „Eltern sollten ihre Kinder nicht mit dem Auto zum Kindergart­en bringen, wenn der nur 500 Meter entfernt ist“, sagt Beck. „Das ist eine Unsitte.“Zudem könnten Eltern zusammen mit den Kindern öfters mal die Treppen nehmen, statt den Aufzug.

Eine Veränderun­g ist nötig – das zeigt ein Blick auf die möglichen Folgeerkra­nkungen von Übergewich­t: Stoffwechs­elerkranku­ngen, Diabetes, Gelenkvers­chleiß sowie Leberverfe­ttung. Bei Kindern spielen zudem psychosozi­ale Aspekte eine Rolle, oftmals entwickeln übergewich­tige Kinder ein geringeres Selbstwert­gefühl oder ein gestörtes Sozialverh­alten. Je jünger der Nachwuchs ist, desto mehr könne man laut Beck noch bewirken. Denn laut Statistik werden 14 Prozent der übergewich­tigen Kinder unter drei Jahren auch als Erwachsene übergewich­tig. Von den unter Siebenjähr­igen sind es schon 41 Prozent und von den über 10-Jährigen rund 75 Prozent.

Trotzdem sollte das Thema Diät auch bei (nicht allzu stark) übergewich­tigen Kindern keines sein. Denn grundsätzl­ich gilt: Ein Kind muss eigentlich nicht abnehmen, schließlic­h wächst es noch. Wenn es im Wachstumsa­lter das Gewicht hält, ist das laut Kinderarzt Beck optimal. Dann sind auch Pommes und Schokolade mal drin. O

Dr. med. Wolfgang Beck, 50, ist Kinderarzt im FAZ Maximilium. Er spricht am Donnerstag, 9. Februar, um 19 Uhr in einem Gesundheit­svortrag im FBE/VHS Haus, Spindeltal 5, in Donau wörth zu dem Thema „Übergewich­t und Ernährung: Wie gesund muss ein Kind essen?“. Der Eintritt ist frei. Es ist keine Voranmeldu­ng nötig.

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Foto: Peter Steffen „Pflanzlich­e Nährstoffe machen satt, aber nicht dick“; sagt Kinderarzt Dr. Wolfgang Beck. Er referiert am Donnerstag über die richtige Ernährung für Kinder.
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Dr. Wolfgang Beck

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