Verkaufsoffener Sonntag auf dem Prüfstand
Ordnungsamt pocht auf Einhaltung des Ladenschlussgesetzes an Marktsonntagen. Die beiden Städte Neuburg und Schrobenhausen müssen nachbessern und die aktuelle Praxis rechtfertigen
Der Sonntag als Ruhetag ist gesetzlich geschützt, an diesem Tag soll die Arbeit außen vor bleiben. Diese historisch überlieferte Regelung entspringt religiösen Lehren, basiert aber auch auf zwei Verfassungsartikeln, nämlich dem Schutz der Arbeitnehmer und dem Schutz der Familie. Dennoch gibt es beliebte Ausnahmen von der Regel, nämlich die Marktsonntage. Dann dürfen in Städten alle Läden öffnen, um Passanten ein Einkaufserlebnis fernab des Alltagstrubels zu ermöglichen. Auch in Neuburg und in Schrobenhausen erfreuen sich die Frühjahrsund Herbstdulten großer Beliebtheit. Doch immer öfter steht diese Tradition auf dem Prüfstand.
Nach der Klage von Kirchen und Gewerkschaften hat etwa der hessische Verwaltungsgerichtshof (VGH) in Kassel entschieden, dass es einen engen Bezug zwischen dem Ereignis und der Öffnung der Läden geben muss. Vergangenes Jahr sind so in mehreren Städten wie Frankfurt oder Gießen verkaufsoffene Sonntage an Gerichtsurteilen gescheitert. Auch in Bayern hat der
„Online kann man zwar 24 Stunden shoppen, den Spaß eines Einkaufsbummels mit der Familie bietet aber nur der Marktsonntag.“
Vanessa Korn, Geschäftsführerin Stadtmarketing
Staat auf die aktuelle höchstrichterliche Rechtssprechung reagiert und das Arbeitsministerium eine rechtskonforme Umsetzung der Praxis angemahnt. Das Schreiben ging seinen behördlichen Weg über die Bezirksregierung an die Landratsämter. „Es gibt eine klare Rechtsprechung“, erklärt Birgit Förstl-Wolf, Abteilungsleiterin für Kommunalrecht und öffentliche Ordnung in der Neuburger Behörde. Die Öffnung der Geschäfte dürfe nur der Annex eines Marktsonntages sein. „Der Ladenverkauf darf also nicht der Anlass sein, es muss eine Veranstaltung geben.“
Landauf landab ist es mittlerweile üblich, dass an Marktsonntagen immer öfter auch Verbrauchermärkte geöffnet haben. Ins Rollen gebracht hat den Stein im Landkreis die Praxis in Schrobenhausen, wo an vier verkaufsoffenen Sonntagen im Jahr die Supermärkte auf der grünen Wiese um Kundschaft buhlen. In einem Antrag an die Stadt hat das DGB-Ortskartell bemängelt, dass diese Regelung nicht rechtskonform sei, was das Landratsamt NeuburgSchrobenhausen auf den Plan rief. Nach dem Ladenschlussgesetz dürfen die Kommunen grundsätzlich vier verkaufsoffene Sonntage jährlich erlauben. Voraussetzung dafür sind spezielle Ereignisse wie Märkte oder Messen. In Neuburg verwandeln sich heuer am 23. April und am 8. Oktober die Rosen-, Färber-, Schmid-, Hechten-, Mazillis- und Weinstraße in den Krammarkt. Zudem sollen an diesen beiden Sonntagen laut Vanessa Korn, Geschäftsführerin des Stadtmarketings, auch wieder viele Geschäfte in der Stadt geöffnet sein.
Eine richterliche Auseinadersetzung um verkaufsoffene Sonntage ist im Landkreis (noch) nicht im Gange. Der Schrobenhausener Bürgermeis- ter Karlheinz Stephan hat allerdings die vom Stadtrat beschlossene Änderung der Marktsatzung auf Geheiß des Landratsamtes im Januar kassiert. Juristin Birgit Förstl-Wolf hatte dem Rathauschef den Hinweis gegeben, den Beschluss „entgegen meiner inneren Überzeugung nicht zu vollziehen“, wie es der Rathauschef formuliert. Nach geltendem Recht ist der Schrobenhausener Stadtratsbeschluss nicht rechtmäßig, weil die vom Ladenschlussgesetz geregelten Öffnungszeiten nicht eingehalten werden. Ausnahmen sind nur in engem zeitlichen und örtlichen Zusammenhang zu besonderen Anlässen möglich. Bei Supermärkten und Einkaufszentren in den Ortsteilen und am Stadtrand fehlt aber die unmittelbare Nähe zur Dult.
Das Ordnungsamt hat der Schrobenhausener Stadtspitze ebenso Gespräche angeboten wie dem Neuburger Oberbürgermeister. Im März wird sich Bernhard Gmehling die rechtliche Einschätzung aus dem Landratsamt anhören. Ob man dasselbe Rechtsverständnis hat, dürfte interessant werden, der Rathauschef ist selbst Jurist. Vanessa Korn hat naturgemäß die Perspektive des Einzelhandels und verweist auf die Bundesvereinigung City- und Stadtmarketing Deutschland, die den von Gewerkschaften eingeschlagenen Rechtsweg scharf kritisiert. Das Vorgehen gegen Marktsonntage, die zu den ältesten und wichtigsten Angeboten zur Belebung des Handels zählten, schwäche den stationären Handel, der schließlich zahllosen Gewerkschaftsmitgliedern Arbeitsplätze biete. Vor dem Hintergrund des stetig wachsenden Onlineshoppings hätten verkaufsoffene Sonntage neben der ökonomischen Komponente für den Handel eine soziale Bedeutung, meint Vanessa Korn. „Die Möglichkeit, mal ohne Alltagsstress Bummeln, Einkaufen gehen und Menschen treffen zu können, ist für die Kunden unbezahlbar. Das kann das Internet nicht bieten.“
Der Schrobenhausener Bürgermeister Karlheinz Stephan erhofft sich seinerseits von weiteren Gesprächen mit dem Ordnungsamt eine juristische Klärung des Sachverhalts. Das Ordnungsamt hat der Stadt eine einjährige Frist eingeräumt und als Hausaufgabe eine Besucherbefragung aufgegeben. „Die müssen sich ein Konzept überlegen, da ist das Stadtmarketing gefordert. Der Marktsonntag darf kein Feigenblatt sein“, erklärt Birgit Förstl-Wolf ihren Standpunkt. Karlheinz Stephan will allerdings nicht klein beigeben. Lassen unterschiedliche Auffassungen eine Einigung nicht zu, werde es die Stadt Schrobenhausen auf eine gerichtliche Entscheidung ankommen lassen, hat er bereits angekündigt.