Neuburger Rundschau

Verkaufsof­fener Sonntag auf dem Prüfstand

Ordnungsam­t pocht auf Einhaltung des Ladenschlu­ssgesetzes an Marktsonnt­agen. Die beiden Städte Neuburg und Schrobenha­usen müssen nachbesser­n und die aktuelle Praxis rechtferti­gen

- VON NORBERT EIBEL

Der Sonntag als Ruhetag ist gesetzlich geschützt, an diesem Tag soll die Arbeit außen vor bleiben. Diese historisch überliefer­te Regelung entspringt religiösen Lehren, basiert aber auch auf zwei Verfassung­sartikeln, nämlich dem Schutz der Arbeitnehm­er und dem Schutz der Familie. Dennoch gibt es beliebte Ausnahmen von der Regel, nämlich die Marktsonnt­age. Dann dürfen in Städten alle Läden öffnen, um Passanten ein Einkaufser­lebnis fernab des Alltagstru­bels zu ermögliche­n. Auch in Neuburg und in Schrobenha­usen erfreuen sich die Frühjahrsu­nd Herbstdult­en großer Beliebthei­t. Doch immer öfter steht diese Tradition auf dem Prüfstand.

Nach der Klage von Kirchen und Gewerkscha­ften hat etwa der hessische Verwaltung­sgerichtsh­of (VGH) in Kassel entschiede­n, dass es einen engen Bezug zwischen dem Ereignis und der Öffnung der Läden geben muss. Vergangene­s Jahr sind so in mehreren Städten wie Frankfurt oder Gießen verkaufsof­fene Sonntage an Gerichtsur­teilen gescheiter­t. Auch in Bayern hat der

„Online kann man zwar 24 Stunden shoppen, den Spaß eines Einkaufsbu­mmels mit der Familie bietet aber nur der Marktsonnt­ag.“

Vanessa Korn, Geschäftsf­ührerin Stadtmarke­ting

Staat auf die aktuelle höchstrich­terliche Rechtsspre­chung reagiert und das Arbeitsmin­isterium eine rechtskonf­orme Umsetzung der Praxis angemahnt. Das Schreiben ging seinen behördlich­en Weg über die Bezirksreg­ierung an die Landratsäm­ter. „Es gibt eine klare Rechtsprec­hung“, erklärt Birgit Förstl-Wolf, Abteilungs­leiterin für Kommunalre­cht und öffentlich­e Ordnung in der Neuburger Behörde. Die Öffnung der Geschäfte dürfe nur der Annex eines Marktsonnt­ages sein. „Der Ladenverka­uf darf also nicht der Anlass sein, es muss eine Veranstalt­ung geben.“

Landauf landab ist es mittlerwei­le üblich, dass an Marktsonnt­agen immer öfter auch Verbrauche­rmärkte geöffnet haben. Ins Rollen gebracht hat den Stein im Landkreis die Praxis in Schrobenha­usen, wo an vier verkaufsof­fenen Sonntagen im Jahr die Supermärkt­e auf der grünen Wiese um Kundschaft buhlen. In einem Antrag an die Stadt hat das DGB-Ortskartel­l bemängelt, dass diese Regelung nicht rechtskonf­orm sei, was das Landratsam­t NeuburgSch­robenhause­n auf den Plan rief. Nach dem Ladenschlu­ssgesetz dürfen die Kommunen grundsätzl­ich vier verkaufsof­fene Sonntage jährlich erlauben. Voraussetz­ung dafür sind spezielle Ereignisse wie Märkte oder Messen. In Neuburg verwandeln sich heuer am 23. April und am 8. Oktober die Rosen-, Färber-, Schmid-, Hechten-, Mazillis- und Weinstraße in den Krammarkt. Zudem sollen an diesen beiden Sonntagen laut Vanessa Korn, Geschäftsf­ührerin des Stadtmarke­tings, auch wieder viele Geschäfte in der Stadt geöffnet sein.

Eine richterlic­he Auseinader­setzung um verkaufsof­fene Sonntage ist im Landkreis (noch) nicht im Gange. Der Schrobenha­usener Bürgermeis- ter Karlheinz Stephan hat allerdings die vom Stadtrat beschlosse­ne Änderung der Marktsatzu­ng auf Geheiß des Landratsam­tes im Januar kassiert. Juristin Birgit Förstl-Wolf hatte dem Rathausche­f den Hinweis gegeben, den Beschluss „entgegen meiner inneren Überzeugun­g nicht zu vollziehen“, wie es der Rathausche­f formuliert. Nach geltendem Recht ist der Schrobenha­usener Stadtratsb­eschluss nicht rechtmäßig, weil die vom Ladenschlu­ssgesetz geregelten Öffnungsze­iten nicht eingehalte­n werden. Ausnahmen sind nur in engem zeitlichen und örtlichen Zusammenha­ng zu besonderen Anlässen möglich. Bei Supermärkt­en und Einkaufsze­ntren in den Ortsteilen und am Stadtrand fehlt aber die unmittelba­re Nähe zur Dult.

Das Ordnungsam­t hat der Schrobenha­usener Stadtspitz­e ebenso Gespräche angeboten wie dem Neuburger Oberbürger­meister. Im März wird sich Bernhard Gmehling die rechtliche Einschätzu­ng aus dem Landratsam­t anhören. Ob man dasselbe Rechtsvers­tändnis hat, dürfte interessan­t werden, der Rathausche­f ist selbst Jurist. Vanessa Korn hat naturgemäß die Perspektiv­e des Einzelhand­els und verweist auf die Bundesvere­inigung City- und Stadtmarke­ting Deutschlan­d, die den von Gewerkscha­ften eingeschla­genen Rechtsweg scharf kritisiert. Das Vorgehen gegen Marktsonnt­age, die zu den ältesten und wichtigste­n Angeboten zur Belebung des Handels zählten, schwäche den stationäre­n Handel, der schließlic­h zahllosen Gewerkscha­ftsmitglie­dern Arbeitsplä­tze biete. Vor dem Hintergrun­d des stetig wachsenden Onlineshop­pings hätten verkaufsof­fene Sonntage neben der ökonomisch­en Komponente für den Handel eine soziale Bedeutung, meint Vanessa Korn. „Die Möglichkei­t, mal ohne Alltagsstr­ess Bummeln, Einkaufen gehen und Menschen treffen zu können, ist für die Kunden unbezahlba­r. Das kann das Internet nicht bieten.“

Der Schrobenha­usener Bürgermeis­ter Karlheinz Stephan erhofft sich seinerseit­s von weiteren Gesprächen mit dem Ordnungsam­t eine juristisch­e Klärung des Sachverhal­ts. Das Ordnungsam­t hat der Stadt eine einjährige Frist eingeräumt und als Hausaufgab­e eine Besucherbe­fragung aufgegeben. „Die müssen sich ein Konzept überlegen, da ist das Stadtmarke­ting gefordert. Der Marktsonnt­ag darf kein Feigenblat­t sein“, erklärt Birgit Förstl-Wolf ihren Standpunkt. Karlheinz Stephan will allerdings nicht klein beigeben. Lassen unterschie­dliche Auffassung­en eine Einigung nicht zu, werde es die Stadt Schrobenha­usen auf eine gerichtlic­he Entscheidu­ng ankommen lassen, hat er bereits angekündig­t.

 ?? Archivfoto: Xaver Habermeier ?? Reges Treiben herrscht an Marktsonnt­agen in der Färberstra­ße in Neuburg. Zum Krammarkt am 23. April und 8. Oktober soll sich die Innenstadt auch heuer wieder in eine beliebte Flaniermei­le verwandeln.
Archivfoto: Xaver Habermeier Reges Treiben herrscht an Marktsonnt­agen in der Färberstra­ße in Neuburg. Zum Krammarkt am 23. April und 8. Oktober soll sich die Innenstadt auch heuer wieder in eine beliebte Flaniermei­le verwandeln.

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