Neuburger Rundschau

Sind Jesu Geschwiste­r in Neuburg zu sehen?

Die Bibel erzählt von den Geschwiste­rn des Messias. Hat Rubens sie gemalt?

- VON DR. MANFRED VEIT

Alle Evangelist­en berichten an mehreren Stellen von „Brüdern Jesu“, einer schreibt sogar von „Schwestern Jesu“. Der Evangelist Markus nennt uns die Namen: Jakobus, Joses, Judas und Simon. Was sollen wir darunter verstehen? Selbst Theologen bemühten sich ausführlic­h, die Bibel so auszulegen, dass keine Missverstä­ndnisse aufkommen können.

Keiner der Genannten ist identisch mit einem der gleichnami­gen Apostel und der Name Joses taucht nur hier auf. In der griechisch-orthodoxen Kirche gelten sie als Kinder Josephs aus erster Ehe. Er hatte sich erst als alter Greis und Witwer mit Maria verlobt. Damit wurde er zum Nährvater Jesu. Dadurch wären alle oben Genannten Halb- oder Stiefgesch­wister von Jesus.

In der römischen Kirche ging man der Sache näher auf den Grund. Hier wird nur das Neue Testament als Quelle benutzt. Aus dieser Schrift ist abzuleiten, dass es sich bei den Brüdern und Schwestern Jesu um nahe Verwandte höheren Grades, um Vettern und Basen, handeln muss. Sie gehören im weitesten Sinn zur heiligen Sippe. Jakobus und Joses waren Söhne einer „anderen Maria“(siehe Evangelist Matthäus), die neben der Gottesmutt­er Maria auch unter dem Kreuz stand. Deren Verwandtsc­haftsverhä­ltnis zu Jesus ist nicht ableitbar.

Simon und Judas dagegen waren Söhne des Klopas, eines Bruders von Joseph. Eben dieser Simon hat heute seinen Gedenktag.

Simon wurde nach seinem Vetter Jakobus im Jahr 62 oder 63 der zweite Vorsteher, also Bischof, der urchristli­chen Gemeinde von Jerusalem. Das war in der schweren Zeit des jüdischen Aufstandes gegen die Römer. Im sehr hohen Alter soll Simon im Jahr 107, in der Zeit Kaiser Trajans, gefangen, gefoltert und gekreuzigt worden sein.

In der bildenden Kunst waren die Geschwiste­r Jesu kein Thema. Lediglich auf dem ehemaligen rechten Seitenalta­rbild der Hofkirche Neuburgs von Peter Paul Rubens, das sich heute in der Flämischen Barockgale­rie im Neuburger Schloss befindet, sind beim Pfingstwun­der hinter Maria und den zwölf Aposteln noch drei Männer und eine Frau postiert. Das könnten die nahen Verwandten Jesu, also seine „Geschwiste­r“, sein. Das vermutet auch der ehamlige Kurator der Bayerische­n Staatsgemä­ldesammlun­g Dr. Konrad Renger.

 ?? Repro: Bayr. Staatsgemä­ldesamml., Staatsgale­rie ND, Inv. Nr. 999, Foto: M. Veit ?? Der Ausschnitt aus dem Gemälde „Ausgießung des Heiligen Geistes“, besser bekannt als das Pfingstwun­der, von Peter Paul Rubens zeigt womöglich die Geschwiste­r Jesu.
Repro: Bayr. Staatsgemä­ldesamml., Staatsgale­rie ND, Inv. Nr. 999, Foto: M. Veit Der Ausschnitt aus dem Gemälde „Ausgießung des Heiligen Geistes“, besser bekannt als das Pfingstwun­der, von Peter Paul Rubens zeigt womöglich die Geschwiste­r Jesu.

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