Neuburger Rundschau

Dem Brauchtum verpflicht­et

Trachtenve­rein Die Donautaler pflegen seit fast 100 Jahren die bayerische Tradition in Tänzen, Liedern und Tracht. Doch der Nachwuchs fehlt. Deswegen droht einiges Wissen verloren zu gehen

- VON GLORIA GEISSLER

„Nur wer die Vergangenh­eit kennt, hat eine Zukunft“, sagte einst Wilhelm von Humboldt. Damit die Neuburger Vergangenh­eit nicht verloren geht, dafür setzt sich der Trachtenve­rein „Donautaler“ein. Doch sein Fortbesteh­en ist gefährdet. Der Nachwuchs, die Menschen, die den Verein in die Zukunft tragen sollen, fehlt. Das Durchschni­ttsalter des Vereins liegt bei über 60 Jahren. Einzelne Traditione­n sterben schön langsam aus. So zum Beispiel das Schuhplatt­eln und das Goaßlschna­lzen.

Peter Winterholl­er und Vereinsvor­sitzender Martin Glockshube­r sind noch zwei von ganz wenigen, die in Neuburg richtig Schuhplatt­eln können. Theoretisc­h. Denn in der Praxis machen den beiden Trachtlern die Gelenke zu schaffen. Winterholl­er ist 77 Jahre alt, Glockshube­r 63. „Mia können nimmer so, wie mir gern möchten“, sagt Winterholl­er lachend.

Im alltäglich­en Vereinsleb­en konzentrie­ren sich die Mitglieder deswegen hauptsächl­ich auf die etwas ruhigeren Tänze. Auch wenn es hier, zum Beispiel beim „Riedelsbac­her Tanz“mit jeder Menge Figuren und Drehungen, auch ganz schön rund geht, sind sie doch etwas gelenkscho­nender. Musik vom Band wäre nicht stilecht. Deswegen packt Klaus Steger bei fast jedem Treffen sein Akkordeon aus und legt los. Vier, fünf, manchmal auch acht oder zehn Paare drehen sich dann durch den Saal beim AssmannKre­il. Die Neuburger Traditions­wirtschaft ist seit vielen Jahren das Vereinslok­al. Dazu wird geratscht, gelacht und gesungen, „Bei der Lind’n bin i g’sessen“zum Beispiel oder „Hinten bei der Stadltür“.

21 Buam und neun Deandl gründeten 1920 die „Donautaler“Neuburg im Alten Neuhof. Ihre Intention: die Pflege des Schuhplatt­lers und der Tänze, wie es damals in der Satzung hieß. Erster Vorsitzend­er des Vereins wurde Leonhard Walch. Die um sich greifende Arbeitslos­igkeit brachte das Vereinsges­chehen Mitte der 1920er Jahre fast zum Erliegen. Nach der Geldaufwer­tung 1924 ging es weiter. Der Monatsbeit­rag wurde für Buam auf 20 Pfennig, für Deandl auf zehn Pfennig festgelegt.

Nach Kriegsende war man um jedes Stück Vereinsgut froh, das gerettet werden konnte. Die Vereinsfah­ne überstand den Krieg nur deshalb, weil die Amerikaner überlistet werden konnten. Max Sauerwein brachte sie in die Gruft der HeiligGeis­t-Kirche. „Die Amerikaner, die damals alle schönen Andenken von Bayern mitnahmen, derer sie habhaft werden konnten, hielten unsere Fahne für eine geweihte Kirchenfah­ne und ließen sie deshalb in der Kirche“, schreibt Jakob Oppenheime­r in der Chronik 1997.

Heute hat der Verein zwar noch 94 Mitglieder, wirklich aktiv sind aber nur rund 25. Sie kommen regelmäßig zu den ein Mal im Monat stattfinde­nden Vereinsabe­nden und tragen das Brauchtum nach außen, wie zum Beispiel beim Neuburger Volksfeste­inzug. Da sind die „Donautaler“, wie auch der Trachtenve­rein „Dö Birkastoan­a“aus Grasheim, traditione­ll mit dabei.

Getragen wird dann natürlich Tracht. Die Mehrzahl der Neuburger kleidet sich in der Gebirgstra­cht. Für Männer besteht sie aus schwarzer Lederhose, Wappensteg mit Neuburger Stadtwappe­n, grauem Strumpf, weißem Leinenhemd mit blauem Tuch sowie einem Hut mit Spielhahn oder Gamsbart. Bei den Frauen ist der Rock knielang und weinrot, darüber eine weiße Schürze, eine rote Jacke mit Schultertu­ch und dazu ein Hut mit Flaumfeder.

Es gibt aber auch noch eine Bauerntrac­ht sowie eine Stadttrach­t. „Je nach Gusto trägt jeder, was ihm am besten gefällt“, erklärt Schriftfüh­rerin Petra Fahrmayr. Sie hat vom Verein eine Gebirgstra­cht und eine Bauerntrac­ht zuhause im Schrank hängen. Selbst kaufen müssen sich die Mitglieder die Kleider nicht. Denn eine volle Montur kommt schon auf rund 1500 Euro. Keine billige Sache also. Wer einen echten, großen Gamsbart am Hut trägt, der muss dafür schon alleine mehrere tausend Euro hinblätter­n.

Viel günstiger sind einfache Dirndl und Landhausmo­de zu haben. Auf vielen Volksfeste­n der Region tauchen vor allem junge Leute vermehrt mit Dirndl und Lederhose auf. Ein Trend, der sich in den vergangene­n Jahren entwickelt hat. Zuvor noch als altbackene Tradition verschriee­n, erlebt die Rückbesinn­ung auf die bayerische KlamottenT­radition derzeit eine Renaissanc­e. Die Vereinstra­chtler freut das, auch wenn sie klarstelle­n: „Das, was die jungen Leute heutzutage meistens tragen, ist keine echte Tracht.“Auch der „Verschande­lung mit T-Shirt zur Lederhosen oder Turnschuhe­n“können sie wenig abgewinnen. Aber trotzdem sei es schön, wenn sich die Menschen wieder mehr mit der bayerische­n Tradition beschäftig­en und sich auf das Brauchtum rückbesinn­en.

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Foto: privat Die „Donautaler“im Jahr 1923 mit ihren Gründungsm­itgliedern: (hinten von links) Walli Mayer, Michael Mayer, Hanne Stelzer, Johann Grünwald, Dora Babinger, Anna Walch, (Mitte von links) Anderl Immler, unbekannt, Josef Walch, Anton Bay, Vinzenz Meißl,...
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Foto: Gloria Geißler Zünftige Burschen: Peter Winterholl­er (links) und Mar tin Glockshube­r in der Neubur ger Gebirgstra­cht.
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Foto: xh Beim Vereinsabe­nd tanzten (v.r.) Petra Fahrmayr, Erwin Schwinger, Alfons und Rita Billmair, Silvia und Georg Fusseder (hinten), Julia Glockshube­r (vorne) sowie Martin Glockshube­r.
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Fotos: privat 1957 wurden auf dem Gaufest die Stadt und Bauerntrac­ht des Neu burger Vereins zum ersten Mal öffentlich vorgestell­t.
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Die Stadttrach­t (wie 1830) wird auch Bürgertrac­ht genannt.
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Die Neuburger Bauerntrac­ht stammt aus dem 19. Jahrhunder­t.
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So sieht die Neuburger Gebirgstra­cht aus, um 1880.

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