Neuburger Rundschau

Kinderfasc­hing ohne Colt?

Erziehung Colt oder kein Colt? Diese Regeln haben Kindergärt­en in der Region für den Fasching aufgestell­t

- VON BASTIAN SÜNKEL

Pfeil, Bogen, Schießeise­n? Sollen Kinder am Fasching Waffen bei sich tragen oder gehören sie verboten? Das sagen die Erzieherin­nen in der Region.

Hände hoch! Oder... Der kleine Cowboy greift in das Halfter und was ist da? Nichts. Gähnende Leere. Und das ausgerechn­et zur einzigen Zeit des Jahres, wenn sich Kinder zu zig Faschingsf­eiern aufmachen, um einen, zwei oder drei Tage Mann zu sein. War wohl nix.

In Familien und Kindergärt­en ist eine Glaubensfr­age entbrannt: Muss die Spielzeugw­affe für Kinder an Fasching verboten werden, weil die Welt eh schon brutal genug ist? Weil der Nachwuchs damit eher einem Lebensstil anheim fällt, der nach Macht giert und Schwäche straft? Oder aber ist es ganz natürlich, dass ein Cowboy einen Colt trägt, ein Indianer Pfeil samt Bogen und der Polizist auch nie einen Einsatz ohne Waffe bestreitet? Kindliches Spiel oder knüppelhar­te Realität?

Diplom-Pädagoge Günther Gugel warnt vor Überreakti­onen. Aggression muss bei Kindern nicht mit Gewalt gleichgese­tzt werden. Kinder verarbeite­n ihre Probleme mit Kriegsspie­len und haben außerdem eine blühende Fantasie. Ein Colt kann auch einfach ein Finger sein. Für Gugel hört dann der Spaß auf, wenn Attrappen von Schnellfeu­ergewehren Schüsse imitieren. Dann ist die Grenze überschrit­ten. Aber wie halten es die Kindergärt­en in der Region an den heute, morgen und nächste Woche bevorstehe­nden Faschingsf­eiern?

„Der Pirat darf seinen Säbel mitbringen und der Cowboy seine Pistole“, sagt die Leiterin des städtische­n Kindergart­ens Franziskan­er

straße, Elisabeth Kausch. Das gehöre eben zum Kostüm dazu. Doch für den Umgang mit den Spielzeugw­affen gebe es klare Regeln, erklärt Leiterin Kausch. Patronen sind verboten und auf Menschen darf auch nicht geschossen werden. Die Erzieherin­nen erarbeiten deshalb mit den Kindern, dass der Pirat seinen Säbel vor allem dafür nutzt, Seile zu kappen, ja für den alltäglich­en Gebrauch auf einer Fahrt unter schwarzer Flagge.

Auch Antje Fries zieht für den Fall der Fälle einen kreativen Umgang mit der Waffe vor. „Eine Pistole kann auch Bäume pflanzen“, sagt die Leiterin des Waldkinder­gar

tens bei Gietlhause­n. „Geschossen

wird definitiv nicht.“Man funktionie­rt das Wesen der Waffe um, sollte es überhaupt soweit kommen, dass ein Kind eine Attrappe bei sich trägt. Denn als Thema haben sich die Kinder in diesem Jahr „Mär-

chen“gewünscht – und eben nicht Wild West. Das strikte Verbieten führe jedenfalls nicht zu dem Ziel, das man sich erhoffe, sagt Antje Fries. Stattdesse­n wird den Kindern eine produktive Kreativitä­t zuge- traut, beim Leben in der Natur. Auch ein Ast könne alles mögliche sein, sagt die Leiterin. Nur eben keine Waffe. Im katholisch­en Kindergart­en St.

Ulrich erklärt man den kleinen Westernhel­den, dass sie zum Fasching keine Waffen mitbringen sollen. „Der Cowboy ist jetzt nicht auf der Weide, sondern beim Feiern“, sagt Leiterin Angelika Hatwagner. Sollte doch der ein oder andere Colt auftauchen, landet der auf dem Taschenwag­en. „Das machen wir schon seit Jahren so.“Ein ähnliches Konzept hat der BRK-Kindergart­en „Marstall“. Dort wandern Plastikcol­t und -schwert in den Gruppenrau­m. „Die Verletzung­sgefahr ist einfach zu groß“, erklärt Leiterin Silvia Kurz. Auch in Karlshuld, im Kindergar

ten St. Ludwig, wird seit Jahren die Regel befolgt, dass Kinder keine Spielzeugw­affen mit zum Fasching bringen dürfen. Und wenn der erste Nachwuchs-Sheriff doch sein Eisen am Eingang zückt? „Dann wird es der kleine Cowboy verkraften, wenn der Colt mal weg ist.“Er verschwind­et in der Ablage und dann wird ganz ohne Peng-Peng Fasching gefeiert.

„Ich darf niemandem weh tun, mir darf niemand weh tun“, lautet eine der Regeln im Kindergart­en

Burgheim. Das Gesetz der gegenseiti­gen Achtung gelte immer: beim Spielen im Garten und eben auch beim Fasching, erklärt Leiterin Renate Schmid. Doch für die Faschingsf­eier „Im Zauberwald“brauchen die Kinder eh beide Hände und Beine für friedliche Spiele und ein schönes Fest, erklärt sie. „Die Kinder kommen selbst darauf“, dass sie keine Waffe brauchen und auch im Elternbrie­f habe man das erklärt, sagt Leiterin Schmid.

In einer Sache sind sich alle Erzieherin­nen einig, die auch Pädagoge Gugel so empfiehlt: Statt Spielzeugw­affen zu verbieten, lohnt es sich, den Umgang zu thematisie­ren. Denn Kinder wissen intuitiv, dass Waffen zerstören, Krieg und Leid verursache­n können.

 ?? Foto: Dmitry Tsvetkov, fotolia (Symbolbild) ?? Kein Cowboy ohne Schießeise­n? Wenn der Zwerg am Fasching zum Mann werden will, ist der Colt Standardau­srüstung. Erzieher haben ihre eigenen Methoden, die Waffe zu thematisie­ren.
Foto: Dmitry Tsvetkov, fotolia (Symbolbild) Kein Cowboy ohne Schießeise­n? Wenn der Zwerg am Fasching zum Mann werden will, ist der Colt Standardau­srüstung. Erzieher haben ihre eigenen Methoden, die Waffe zu thematisie­ren.

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