Kinderfasching ohne Colt?
Erziehung Colt oder kein Colt? Diese Regeln haben Kindergärten in der Region für den Fasching aufgestellt
Pfeil, Bogen, Schießeisen? Sollen Kinder am Fasching Waffen bei sich tragen oder gehören sie verboten? Das sagen die Erzieherinnen in der Region.
Hände hoch! Oder... Der kleine Cowboy greift in das Halfter und was ist da? Nichts. Gähnende Leere. Und das ausgerechnet zur einzigen Zeit des Jahres, wenn sich Kinder zu zig Faschingsfeiern aufmachen, um einen, zwei oder drei Tage Mann zu sein. War wohl nix.
In Familien und Kindergärten ist eine Glaubensfrage entbrannt: Muss die Spielzeugwaffe für Kinder an Fasching verboten werden, weil die Welt eh schon brutal genug ist? Weil der Nachwuchs damit eher einem Lebensstil anheim fällt, der nach Macht giert und Schwäche straft? Oder aber ist es ganz natürlich, dass ein Cowboy einen Colt trägt, ein Indianer Pfeil samt Bogen und der Polizist auch nie einen Einsatz ohne Waffe bestreitet? Kindliches Spiel oder knüppelharte Realität?
Diplom-Pädagoge Günther Gugel warnt vor Überreaktionen. Aggression muss bei Kindern nicht mit Gewalt gleichgesetzt werden. Kinder verarbeiten ihre Probleme mit Kriegsspielen und haben außerdem eine blühende Fantasie. Ein Colt kann auch einfach ein Finger sein. Für Gugel hört dann der Spaß auf, wenn Attrappen von Schnellfeuergewehren Schüsse imitieren. Dann ist die Grenze überschritten. Aber wie halten es die Kindergärten in der Region an den heute, morgen und nächste Woche bevorstehenden Faschingsfeiern?
„Der Pirat darf seinen Säbel mitbringen und der Cowboy seine Pistole“, sagt die Leiterin des städtischen Kindergartens Franziskaner
straße, Elisabeth Kausch. Das gehöre eben zum Kostüm dazu. Doch für den Umgang mit den Spielzeugwaffen gebe es klare Regeln, erklärt Leiterin Kausch. Patronen sind verboten und auf Menschen darf auch nicht geschossen werden. Die Erzieherinnen erarbeiten deshalb mit den Kindern, dass der Pirat seinen Säbel vor allem dafür nutzt, Seile zu kappen, ja für den alltäglichen Gebrauch auf einer Fahrt unter schwarzer Flagge.
Auch Antje Fries zieht für den Fall der Fälle einen kreativen Umgang mit der Waffe vor. „Eine Pistole kann auch Bäume pflanzen“, sagt die Leiterin des Waldkindergar
tens bei Gietlhausen. „Geschossen
wird definitiv nicht.“Man funktioniert das Wesen der Waffe um, sollte es überhaupt soweit kommen, dass ein Kind eine Attrappe bei sich trägt. Denn als Thema haben sich die Kinder in diesem Jahr „Mär-
chen“gewünscht – und eben nicht Wild West. Das strikte Verbieten führe jedenfalls nicht zu dem Ziel, das man sich erhoffe, sagt Antje Fries. Stattdessen wird den Kindern eine produktive Kreativität zuge- traut, beim Leben in der Natur. Auch ein Ast könne alles mögliche sein, sagt die Leiterin. Nur eben keine Waffe. Im katholischen Kindergarten St.
Ulrich erklärt man den kleinen Westernhelden, dass sie zum Fasching keine Waffen mitbringen sollen. „Der Cowboy ist jetzt nicht auf der Weide, sondern beim Feiern“, sagt Leiterin Angelika Hatwagner. Sollte doch der ein oder andere Colt auftauchen, landet der auf dem Taschenwagen. „Das machen wir schon seit Jahren so.“Ein ähnliches Konzept hat der BRK-Kindergarten „Marstall“. Dort wandern Plastikcolt und -schwert in den Gruppenraum. „Die Verletzungsgefahr ist einfach zu groß“, erklärt Leiterin Silvia Kurz. Auch in Karlshuld, im Kindergar
ten St. Ludwig, wird seit Jahren die Regel befolgt, dass Kinder keine Spielzeugwaffen mit zum Fasching bringen dürfen. Und wenn der erste Nachwuchs-Sheriff doch sein Eisen am Eingang zückt? „Dann wird es der kleine Cowboy verkraften, wenn der Colt mal weg ist.“Er verschwindet in der Ablage und dann wird ganz ohne Peng-Peng Fasching gefeiert.
„Ich darf niemandem weh tun, mir darf niemand weh tun“, lautet eine der Regeln im Kindergarten
Burgheim. Das Gesetz der gegenseitigen Achtung gelte immer: beim Spielen im Garten und eben auch beim Fasching, erklärt Leiterin Renate Schmid. Doch für die Faschingsfeier „Im Zauberwald“brauchen die Kinder eh beide Hände und Beine für friedliche Spiele und ein schönes Fest, erklärt sie. „Die Kinder kommen selbst darauf“, dass sie keine Waffe brauchen und auch im Elternbrief habe man das erklärt, sagt Leiterin Schmid.
In einer Sache sind sich alle Erzieherinnen einig, die auch Pädagoge Gugel so empfiehlt: Statt Spielzeugwaffen zu verbieten, lohnt es sich, den Umgang zu thematisieren. Denn Kinder wissen intuitiv, dass Waffen zerstören, Krieg und Leid verursachen können.