Christian Lösel trennt sich von Arbor
Stadtrat Der Ingolstädter Oberbürgermeister gibt seine Anteile an der umstrittenen Firma zurück. Die Opposition kann die Gründe nicht nachvollziehen. Und sie hegt Zweifel, dass der Klinikum-Aufsichtsrat korrekt gehandelt hat
Ingolstadt Es war eine Mammutsitzung des Ingolstädter Stadtrats am Dienstag. Nach mehr als sieben Stunden – um 22.15 Uhr – ging es erneut um den Komplex rund um die Klinikum-Affäre und mögliche Verstrickungen von (ehemaligen) Stadtpolitikern in umstrittene Geschäfte. Dazu hatte die Opposition weitere Fragenkataloge erstellt, die in der Sitzung beantwortet wurden. Da kam dann eine wohl für viele überraschende Erklärung von Oberbürgermeister Christian Lösel (CSU): Er sei bereits vollständig aus der Firma Arbor ausgestiegen, berichtete er, und habe keine Anteile mehr an der Gesellschaft. Die Firma hatte das Ehepaar Lösel zusammen mit Alt-OB Alfred Lehmann (CSU), dessen Frau und einem weiteren Gesellschafter gegründet. Lösel selbst hatte die Firma als eine Art Immobilienfonds beschrieben, das investierte Geld sei seine Altersvorsorge. Lösel betonte am Dienstag erneut, dass diese Vermögensanlage „rechtlich einwandfrei“gewesen wäre, dass aber die Diskussionen rund um die Beteiligung „für mich und meine Familie sehr belastend“gewesen seien. Deshalb nun also der Rückzug aus der Firma. Wie die Stadtverwaltung betont, sei die Beteiligung Lösels an Arbor weder „anzeige- noch genehmigungs- pflichtig“gewesen, das habe eine Prüfung ergeben. Die Opposition kann die Entscheidung Lösels nicht nachvollziehen. Die Gründe für den Ausstieg seien „völlig unklar geblieben“, so Christian Lange von der Bürgergemeinschaft Ingolstadt (BGI). Für Achim Werner (SPD) war der Schritt „längst überfällig“. Die Begründung findet er jedoch „ziemlich unbefriedigend“.
Arbor und Hans Mayr Der Neuburger Unternehmer Hans Mayr war vor allen Dingen aus zwei Gründen ins Visier der Oppositionsparteien gerückt. Zum einen ist er zusammen mit der Neuburger Sparkasse sowie der Firma Arbor, deren Anteilseigner die Ehepaare Lehmann – und bis vor Kurzem auch Lösel – sind beziehungsweise waren, an einer Gewerbehalle im Gewerbegebiet Grünau in Neuburg beteiligt. Zum anderen war Alt-OB Alfred Lehmann nach seiner Amtszeit ab Oktober 2014 bis Ende 2016 als Berater für Mayr tätig. So hatte es der Neuburger Unternehmer der NR bestätigt.
Welche Beziehungen aber gibt oder gab es zwischen der Stadt Ingolstadt und Hans Mayr? Da ist zum einen ein Mietvertrag mit dem Ackerbürgerhaus in der Jesuitenstraße, der im Jahr 2006 geschlossen wurde und bis ins Jahr 2021 dauert. Zum anderen hat Hans Mayr das Gebäude an der Moritzstraße saniert, in dem jetzt die Tourist-Information untergebracht ist. Ab Frühsommer 2014 – während der Planung und des Baus – wurden mit Mayr entsprechende Gespräche geführt. Der Mietvertrag wurde nach Auskunft der Stadtverwaltung im September 2014 zum „marktüblichen Mietzins“unterzeichnet. Lehmann sei erst einen Monat später Berater bei Mayr geworden. Somit habe es keine Interessenskonflikte bei der Abstimmung gegeben.
Aufsichtsrat Klinikum Hätte der Aufsichtsrat des Klinikums bereits früher etwas von Unregelmäßigkeiten in der Geschäftsführung des Klinikums bemerken müssen? Um diese Frage beantworten zu können, fordert die Opposition in einem Antrag einen externen Prüfer. Der sei schon längst beauftragt, so Lösel in
der Sitzung. Er werde sowohl die Tätigkeiten des Aufsichtsrats als auch die der Zweckverbandsversammlung unter die Lupe nehmen. Somit können davon rund 70 bis 80 Stadt- und Bezirksräte betroffen sein. Nach aktuellem Stand könne laut Lösel davon ausgegangen werden, „dass Aufsichtsrat und Verbandsversammlung wohl korrekt gehandelt haben“. In einer Sondersitzung des Stadtrats zur Klinikumsaffäre hatte Aufsichtsrat Gerd Werding (FW) gesagt: „Wir konnten nur bemerken, was man uns bemerken ließ.“
Geschäftsführung Klinikum Die Opposition bohrte auch bei Informationen zum aktuellen Interimsgeschäftsführer des Klinikums, Alexander Zugsbradl, nach. Bekannt wurde, dass der Stadt von mehreren Unternehmensberatungen insgesamt fünf Personen für die Interimsgeschäftsführung im Herbst vergangenen Jahres vorgeschlagen worden sind. Der Name Zugsbradl sei dabei zweimal gefallen.
„Kein Cent“sei für die Vermittlung geflossen, betonte Andrea Steinherr, Leiterin des Beteiligungsmanagements. Der Aufsichtsrat des Klinikums habe sich dann für Alexander Zugsbradl entschieden. Einer Offenlegung seiner Bezüge, wie es sich die Opposition gewünscht hätte, hat Zugsbradl nicht zugestimmt. INGOLSTADT