Der Weg zurück zum G 9
Bildung Auf die Gymnasien wartet ein Mammutprojekt
Dass es künftig wieder ein neunstufiges Gymnasium in Bayern geben wird, ist faktisch schon so gut wie sicher. Offiziell soll der Landtag Mitte März die Reform beschließen.
Insider rechnen damit, dass Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) und sein Bildungsminister Ludwig Spaenle aber schon Anfang des Monats mit einem Reformplan an die Öffentlichkeit gehen könn- ten. Die Entscheidung hatte sich zuletzt wieder und wieder verzögert. An den Schulen im Freistaat ist der Unmut nach Monaten voller Hin und Her inzwischen groß. Denn nicht nur inhaltlich wäre die Rückkehr zum G9 ein Mammutprojekt. Viele Gymnasien müssen für zig Millionen Euro umgebaut werden, wenn künftig ein Jahrgang mehr dort lernen soll. In Mering im Kreis Augsburg legt der Bauausschuss jetzt sogar den Gymnasiums-Neu- bau auf Eis, bis feststeht, welche Richtung die Regierung vorgibt.
Dass die Mehrheit der Familien wieder neun Jahre Zeit fürs Abitur möchte, ist längst klar. 90 Prozent der Eltern hatten kürzlich in einer Umfrage das G9 gefordert. Das G8 ist seit dem Start 2004 heftig umstritten. Wie die Misere ihren Lauf nahm, welche Fragen offen sind und was eine Reform kostet, zeigt unsere Sonderseite auf Bayern. Eine Einordnung lesen Sie im
Auf der Baustelle am neuen Meringer Gymnasium stehen die Bagger still. Der Bauausschuss im Landkreis Aichach-Friedberg hat einen Baustopp angeordnet.
Solange nicht völlig klar ist, ob und wie das G9 kommt, rührt dort keiner einen Finger. Denn der Neubau ist für ein achtstufiges Gymnasium konzipiert. Mit einem Jahrgang mehr bräuchte das Haus drei zusätzliche Klassenzimmer. Was der Baustopp kostet, sei nicht abzusehen, heißt es aus dem Landratsamt. Man müsste etwa neue Baupläne erstellen, Aufträge neu ausschreiben.
Andere Gymnasien können nicht so flexibel reagieren. Gerade die großen Städte haben ein Problem: Ihre Schulhäuser sind schlicht zu klein für das G 9. In Augsburg müsste zum Beispiel das Holbein-Gymnasium in der Innenstadt vergrößert werden, das mit 1200 Schülern bereits überquillt. Dass weitere Schulen gebaut werden müssen, zeichnet sich nach Informationen unserer Zeitung in Augsburg nicht ab.
In München und Nürnberg ist die Lage noch prekärer. Im dicht bebauten Stadtgebiet fehlt der Platz, um die Schulgebäude zu vergrößern. Die Stadt München rechnet damit, drei ganz neue Schulen bauen zu müssen – zusätzlich zu den fünf, die bis 2030 ohnehin schon geplant sind. Jede davon dürfte etwa 60 Millionen Euro kosten. In Nürnberg ist von einem zusätzlichen Gymnasium die Rede. Doch es gibt noch eine andere Möglichkeit: Überfüllte Schulen könnten in jeder Jahrgangsstufe die Zahl ihrer Klassen soweit reduzieren, dass der Platz wieder reicht.
Städte und Gemeinden hängen in der Luft
Bayerische Eltern fürchten beide Szenarien: Viele sind zwar für die Reform. Doch sie haben Angst, dass ihr Kind keinen Platz an der Wunschschule bekommt und stattdessen woanders lernen muss.
Aber warum sind die Schulen plötzlich zu klein? Die meisten beherbergten doch vor dem G8 auch neun Jahrgänge. Die Erklärung liegt im G 8-Lehrplan, der wohl weiterhin gelten soll. Er sieht mehr Differenzierungsstunden in kleinen Gruppen vor. Dafür braucht es Räume. Und weil Nachmittagsunterricht fester Bestandteil des G 8 ist, mussten Mensen vergrößert werden.
Die große Frage ist nun: Wer zahlt den Ausbau? Von der Regierung gebe es „keinerlei Signale“, bedauert Armin Sing, Sprecher des Städtetags. Das Gremium fordert, dass der Freistaat die Kommunen nicht im Stich lässt und alle Kosten übernimmt: „Wer anschafft, soll bezahlen.“Im Kreis Donau-Ries will man sich darauf nicht verlassen. Der Kreistag plant im Haushalt für jedes seiner drei Gymnasien 10000 Euro ein, falls neue Baupläne nötig werden. Zeitlich wäre der Umbau wohl kein Problem, sagt Gabriele Hoidn, Sprecherin im Landratsamt: „Zusätzliche Räume wären ja erst nötig, wenn der letzte G 8-Jahrgang die Schulen verlässt“– also voraussichtlich Mitte 2020. (mit sev, kru)