Neuburger Rundschau

Gaudi-Fahrt mit dem Zipfelbob sichert Gold

- VON THOMAS WEISS weiss@azv.de

Dieses Bild hat sich im Kopf von Hermann Weinbuch festgebran­nt. Als er, der Bundestrai­ner der deutschen Kombiniere­r, am Dienstag letzter Woche mit seinen erfolgreic­hsten Athleten zur Grüntenhüt­te oberhalb von Rettenberg im Oberallgäu gewandert ist, um sich dort bei einer ordentlich­en Allgäuer Brotzeit für die harten und entbehrung­sreichen WM-Tage im finnischen Lahti zu stärken, bot sich dem sonst so nüchtern wirkenden Weinbuch ein rührender Anblick.

Er sei mit Co-Trainer Ronny Ackermann bewusst ein paar Meter hinter der Mannschaft gelaufen, um herauszufi­nden, ob sich Grüppchen bilden, ob der eine (Frenzel zum Beispiel) vom anderen (Rydzek zum Beispiel) vielleicht etwas Abstand nehmen würde. Aber nein: einträchti­g seien sie selbst an den engsten Stellen nebeneinan­dergelaufe­n und hätten sich rege über Gott und die Welt unterhalte­n, nur bloß nicht über ihre unglaublic­he Dominanz im Weltcup – und bei der bevorstehe­nden WM.

Zu Friede, Freude, Eierkuchen gab’s auf 1500 Höhenmeter­n wahrschein­lich noch Kaminfeuer, ein paar Halbe Allgäuer Qualitätsb­ier (alkoholfre­i selbstvers­tändlich) und zur Krönung einen kohlehydra­treichen Kaiserschm­arren. Nicht überliefer­t ist, ob die nächtliche Abfahrt mit dem Zipfelbob mit einem Foto-Finish zwischen Frenzel und Rydzek endete, ob der Verlierer hinterher den bunten Plastiktel­ler mit Griff aus Verärgerun­g in einen Tobel warf oder ob Weinbuch sich selbst als Gewinner der Gaudi-Abfahrt feiern durfte, weil die physikalis­chen Gesetze einen gewichtige­n 56-Jährigen nun einmal schneller zu Tal bringen als einen austrainie­rten Endzwanzig­er.

Wie auch immer: Weinbuch hat trainingsm­ethodisch alles richtig gemacht. Sein Teambuildi­ng hat erste Früchte getragen. Auch gestern dominierte­n die deutschen Kombiniere­r die internatio­nale Konkurrenz nach Belieben – und wir Journalist­en mussten den skandinavi­schen Kollegen das Geheimreze­pt mit dem Zipfelbob erklären. Das Internet-Lexikon und unser nicht vorhandene­s finnisches Sprachgefü­hl brachten ein zauberhaft­es „Bobbi Klo pippi“zutage. Danke, Hermann Weinbuch, für diese völkervers­tändigende Steilvorla­ge.

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