Planloses Töten oder notwendige Pflicht?
Treibjagd Die gemeinsame Jagd stößt nicht überall im Kreis auf Zustimmung. Umweltschützer fordern ein Umdenken. Die Jäger wehren sich entschieden gegen Vorwürfe. Die Landwirte unterstützen sie und sehen keinen Handlungsbedarf
Für Jäger ist sie notwendig und auch Pflicht, um den vorgeschriebenen Schalenwildabschuss zu erfüllen, den Tieren dauernde Störungen zu ersparen, den Wald vor Verbiss zu schützen und Landwirte von Ernteschäden zu entlasten. Für andere ist sie planloses Töten, in dem alles geschossen wird, „was vor die Flinte kommt“. So jedenfalls bezeichnet Helmut Schenke, ehemaliger Kreisvorsitzender des Bund Naturschutz, die Treib- und Drückjagd (siehe Infoartikel). Bei einem Spaziergang mit seiner Frau im Pöttmeser Wald machte er im Januar einen für ihn erschreckenden Fund. Auf einem Wildwagen hingen zwei Eichelhäher, drei Fasane, elf Feldhasen und drei Enten. Jäger hatten sie kurz zuvor bei einer Treibjagd geschossen.
Er könne nicht nachvollziehen, warum Tiere, die keine Gefahr für die Umwelt darstellen und geschützt seien, auf diese Weise getötet werden dürfen. Erschüttert hat Schenke auch, dass nach seinen Angaben unter den Enten zwei von einer sehr seltenen Art waren. Er fordert deshalb, dass bei der Jagd vorsichtiger vorgegangen werden müsse. Ihm geht es auch weniger um rechtliche Aspekte, vielmehr stören ihn die Ausmaße, die das Ganze angenommen habe. Es sei dringend ein Kompromiss und ein Umdenken vonnöten, damit für alle Beteiligten, Jäger, Umwelt und Landwirtschaft, das Beste herauskommt. Diese Meinung finde sich auch innerhalb der Jägerschaft, keinesfalls seien dort alle der gleichen Meinung, sagt Schenke.
Dem widerspricht Paul Berchtenbreiter entschieden. Der Vorsitzende des Bayerischen Jagdverbandes Kreis Aichach sagt, er bekomme zwar gelegentlich Beschwerden von Mitgliedern und Bürgern, generell gebe es aber weniger Probleme. Für ihn ist die Jagd nicht nur „ein Ausgleich zum stressigen Arbeitsleben“, sondern vor allem Umweltschutz. Die Drückjagden im Landkreis würden hauptsächlich auf Wildschweine stattfinden, aber auch das Jagen von Kleinwild, wie Hasen und Fasane, hat laut Berchtenbreiter seine Berechtigung. Ziel sei es, auf die Ausgewogenheit des Wildtierbestandes zu achten. Viele der Kritiker würden die Jagdmethoden attackieren, ohne die Zusammenhänge zu verstehen. Beispiel Wildschweinjagd: Das vergangene Jahr wurden im Kreis Aichach rund 1000 Wildschweine geschossen, die meisten bei Drückjagden im Herbst. Weitaus mehr als in den Jahren davor. Die Wildschweine nehmen auch in unserer Region überhand, richten Schäden an, und die schlauen Tiere lassen sich kaum in der Einzeljagd erlegen.
Reinhard Herb ist den rund 400 Mitgliedern des Jagdverbandes Aichach dafür dankbar. Für den Kreisobmann des Bayerischen Bauernverbandes werden die Wildschweine immer mehr zur Plage. Gerade Mais und Raps fallen ihnen zum Opfer. Herb weiß zwar nicht die genauen Zahlen, da über die
keine gesammelte Statistik vorliegt, sie würden aber in letzter Zeit stark steigen. Ein Hektar beschädigtes Feld entspreche einem Schaden von 3000 Euro. Und das pro Ernte. Oft wird auch eine Folgefrucht wie beispielsweise Weizen zerstört. Laut dem Bayerischen Staatsministerium für Landwirtschaft und Forsten wurden letztes Jahr im Landkreis Aichach-Friedberg fast 40000 Hektar als Ackerland genutzt. Bei steigenden Ernteschäden würde die Zahl der Verluste also schnell zu massiven Nachteilen für die Landwirtschaft führen. Aus diesem Grund lobt Herb die örtlichen Jäger und ist froh, dass bis jetzt
„immer eine einvernehmliche Lösung“gefunden wurde und Jäger und Landwirte stets gut zusammengearbeitet hätten.
Berchtenbreiter sieht den steigenden Mitgliederzuwachs der Jäger auch als gutes Zeichen für den Umweltschutz an. Denn die Jäger bekämen vom Landratsamt Vorgaben, die sie zu erfüllen haben. Dazu gehöre auch, den Bestand an Wildschweinen so gering wie möglich zu halten. Hierbei müssen sie allerdings die Schon- und Schießzeiten einhalten.
Sahra Scheffler von der Attis Tierhilfe in Aichach hingegen ist alles andere als ein Freund der DrückSchäden
jagd. Auch wenn ihr Verein keine offizielle Position dazu habe, sei für sie klar, dass die zunehmende Drückjagd auch mit den steigenden Zahlen von verschwundenen Haustieren im Kreis zusammenhängt. Hauptsächlich Katzen, die sich auf Streifzug im Wald befinden, würden immer wieder Opfer von Treib- und Drückjagden werden. Deren Töten sei in Bayern legal, nur in Nordrhein-Westfalen gebe es eine Meldepflicht. Die Tierschutzorganisation Peta schätzt, dass jährlich etwa 400000 Katzen sterben. Auch Sahra Scheffler wünscht sich deshalb, wie Schenke, einen vorsichtigeren Umgang mit der Jagd.