Qualität, Mentalität – und Cleverness
Eishockey Panther-Headcoach Tommy Samuelsson erklärt im NR-Interview, welche Eigenschaften vor dem heutigen zweiten Pre-Play-off-Spiel in Bremerhaven gefragt sind. Zudem verrät er, welche Akteure in den Kader zurückkehren
Der ERC Ingolstadt steht vor dem heutigen zweiten Pre-Playoff-Spiel bei den Fischtown Pinguins Bremerhaven (19.30 Uhr) mit dem Rücken zur Wand. Nach der 1:4-Niederlage im ersten Aufeinandertreffen am Mittwoch müssen die Panther unbedingt gewinnen, um den sportlichen Super-GAU, sprich das vorzeitige Saisonende, abzuwenden. Wir haben mit ERCIHeadcoach Tommy Samuelsson gesprochen.
Herr Samuelsson, wie haben Sie nach der Auftaktpleite gegen Bremerhaven geschlafen?
Samuelsson: Nun, ich war um 2.30 Uhr im Bett. Allerdings ist das jetzt nichts Außergewöhnliches. In der Regel schaue ich mir ein Spiel, egal ob wir gewonnen oder verloren haben, nochmals auf Video an, um mir einen zweiten Eindruck zu verschaffen. Der erste ist während der Partie oftmals mit Emotionen verbunden. Aber zumeist stimmen der erste und zweite Eindruck schon überein (lacht).
Welchen ersten und zweiten Eindruck haben Sie letztlich aus dieser Begegnung gewonnen?
Samuelsson: Ich denke, dass wir insgesamt sehr gut angefangen haben und auch verdient in Führung gegangen sind. Nach dem 1:1-Ausgleich haben wir auf die erneute Führung gedrängt, aber Bremerhaven hat das nächste Tor geschossen. Danach ist das Momentum an den Gegner gegangen. Nach dem Rückstand haben wir auch unsere Linie verloren. Jeder wollte gerade kreativ zu viel, anstatt ruhig zu bleiben und weiter den Gameplan zu verfolgen. Bremerhaven hat das am Ende deutlich besser gemacht als wir.
Die Play-offs stellen bekanntlich die wichtigste und schönste Phase einer Saison dar. Gerade hier sind die Leistungsträger eines Teams gefragt, die den Unterschied ausmachen sollen. Konkret gefragt: Hätten Sie sich von Ihren „Schlüsselspielern“im ersten Match nicht deutlich mehr gewünscht?
Samuelsson: Grundsätzlich erwarte ich von jedem Spieler, dass er solche Partien nutzt, um seine besten Leistungen zu zeigen. Als ich noch selbst aktiv war, waren das für mich die absoluten Highlight-Spiele in der Saison, in denen ich mich unbedingt beweisen wollte. Aber klar, für einen Führungsspieler beziehungsweise einen Akteur, der eine solche Rolle beansprucht, muss es das Ziel sein, in solchen Begegnungen abzuliefern und letztlich den Unterschied zu machen. Für die Entwicklung eines Charakters ist es deshalb wichtig, dass man erkennt, wann genau ein solches Match bevorsteht. Am Freitag in Bremerhaven ist das beispielsweise der Fall.
Aber war nicht auch schon am Mittwoch genau eine derartige Begegnung?
Samuelsson: Das stimmt – aber die Partie am Freitag ist noch wichtiger! Und da muss man als Führungsspieler einfach glänzen. Wir sprechen hier von einem „Do-or-die“-Game! Genau das macht den Unterschied zwischen einem Weltklasse-Spieler und einem normalen Akteur aus. Diese Jungs liefern ihre Top-Leistung ab, wenn es darauf ankommt.
Sich in einer derartigen Situation zu beweisen: Ist das eine Frage der Qualität, Mentalität oder einer Mischung aus beidem?
Samuelsson: (überlegt) Das ist eine schwierige Frage – gerade auf unsere Mannschaft bezogen! Ich kenne jetzt nicht die genaue Historie von jedem meiner Spieler. Man braucht sicherlich viel Erfahrung mit solch besonderen Partien, in denen es um alles geht. Das habe ich in meiner Organisation in Schweden gelernt. Man muss mindestens einmal durch diese ganze Play-off-Geschichte gegangen sein. Letztlich geht es nicht nur um Qualität und Mentalität, sondern auch um Cleverness. Man muss aus seiner eigenen Erfahrung heraus wissen, was man in bestimmten Situationen zu tun hat, um dann darauf reagieren zu können. Das sind am Ende viele kleine Details, die den Unterschied ausmachen.
Gibt es denn überhaupt genügend Akteure in Ihrem Kader, die genau diese Fähigkeiten miteinander vereinen?
Samuelsson: Das kann man letztlich erst nach der Saison beantworten, wenn man die gesamte Situation und den ganzjährigen Prozess genau analysiert. Dazu zählt sicherlich auch die Partie am Freitag in Bremerhaven, die weiteren Aufschluss darüber geben wird.
Was stimmt Sie optimistisch, dass die Panther die heutige Begegnung in Bremerhaven gewinnen beziehungsweise diese Serie noch drehen?
Samuelsson: Darüber habe ich nach dem Donnerstags-Training mit dem Team gesprochen. Natürlich kann man sagen, dass dieses oder jenes im ersten Spiel falsch gelaufen ist. Viel wichtiger ist aber, dass wir den Kopf freibekommen und positiv an diese Aufgabe herangehen. Wir wissen, dass wir in dieser Saison schon vier Punkte aus Bremerhaven mitgenommen haben. Und auch, dass es kein Zufall ist, dass Bremerhaven gerade auswärts sehr erfolgreich war. Wenn man in Köln, Nürnberg oder Augsburg gewinnt, dann spricht das für deren Qualität. Nichtsdestotrotz müssen wir aber natürlich einiges besser machen als am Mittwoch – unter anderem deutlich mehr Druck erzeugen auf den gegnerischen Goalie! Wir haben es ihm viel zu einfach gemacht.
Haben Sie sich schon entschieden, ob es einen Personalwechsel geben wird?
Samuelsson: Möglicherweise werden wir mit sechs Verteidigern und 13 Stürmern agieren, wobei Benedikt Kohl mit Sicherheit wieder dabei sein wird. Auch Petr Pohl könnte aufgrund seiner individuellen Fähigkeiten eine wichtige Alternative, gerade in der offensiven Zone, sein.