Neuburger Rundschau

Der Papst war doch nicht da

Franziskus zerstört Legende um die Augsburger „Knotenlöse­rin“

- VON SARAH RITSCHEL

In Lateinamer­ika ist Maria Knotenlöse­rin eine Ikone, eine Art Popstar der Christenhe­it. Zehntausen­de pilgern jeden Monat nach Buenos Aires zu ihrem Abbild in der Kirche San José del Talar – und das alles nur, weil 1986 ein einfacher argentinis­cher Jesuit nach Augsburg kam und in der Innenstadt­kirche St. Peter am Perlach ein paar Postkarten mit dem Marienbild einsteckte.

So zumindest nahm man es an. Doch dann gibt dieser Jesuit, der heute Oberhaupt der Katholiken ist, sein erstes Interview in einer deutschen Zeitung, der Zeit, und zerstört die Legende mit einem einzigen Satz: „Ich war nie in Augsburg.“

Der Hobbyhisto­riker Karlheinz Sieber ist erst einmal baff, als er das hört. Er ist Mitglied des Augsburger Bürgervere­ins, der sich um St. Peter kümmert. Es schien auch wirklich alles logisch. 1986 sammelte Jorge Mario Bergoglio, jetzt Papst Franziskus, in Deutschlan­d Stoff für seine Doktorarbe­it. Er besuchte Rothenburg ob der Tauber, er besuchte Eichstätt. Zurück in Buenos Aires verbreitet­e er Postkarten, auf denen die Gottesmutt­er gütig ein weißes Band entwirrt. Wo also sollte er sie entdeckt haben, wenn nicht in Augsburg? Im Interview löst der Papst den Knoten in der Geschichte. Eine deutsche Ordensschw­ester habe ihm seine erste Postkarte mit dem Motiv einst zu Weihnachte­n geschickt. Künstleris­ch gesehen sei es nur „mittelmäßi­ger Barock“. Aber: „Es machte mich sofort neugierig.“Franziskus mochte das Augsburger Bild so sehr, dass eine Kopie im vatikanisc­hen Gästehaus hängt, wo er heute wohnt. Für Historiker Sieber ist das alles, was zählt. „Ob er hier war oder nicht: Die Knotenlöse­rin hat nichts von ihrem Glanz verloren.“Noch mehr deutliche Aussagen des Papstes lesen Sie in der

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