Neuburger Rundschau

Wenn der Spion im Fernseher sitzt

Datensiche­rheit Ob TV-Gerät, Computer oder Babyfon: Heute sind ganze Wohnungen vernetzt. Für Hacker und Geheimdien­ste eröffnet das völlig neue Möglichkei­ten. Wie lässt sich die Privatsphä­re trotzdem schützen?

- VON ORLA FINEGAN

Die Küchenmasc­hine schickt die Einkaufsli­ste auf das Handy, der internetfä­hige Fernseher kennt die eigene Lieblingss­erie und die mittlerwei­le verbotene Puppe „Cayla“beantworte­t Kinderfrag­en. Das Internet macht es möglich. Jetzt wurde bekannt, dass der amerikanis­che Geheimdien­st CIA Sicherheit­slücken bei solchen mit dem Internet verbundene­n Geräten dazu nutzt, um Menschen auszuspion­ieren. Hackt sich beispielsw­eise jemand über das Internet in den Fernseher ein, kann er das Mikrofon steuern und die ganze Familie belauschen – ohne dass die es bemerkt. Andreas Sachs, stellvertr­etender Leiter des Bayerische­n Landesamte­s für Datenschut­zaufsicht, und Peter Knaak, Datenschut­zbeauftrag­ter der Stiftung Warentest, sagen, wie man sich schützen kann.

Was muss ich wissen, wenn ich einen internetfä­higen Fernseher, ein sogenannte­s Smart-TV, benutze?

„Anonymes Fernsehen ist vorbei, sobald das TV am Internet hängt“, sagt Sachs. Er empfiehlt, die Datenschut­zerklärung des Geräts gründlich zu prüfen: Ist sie gut lesbar und leicht verständli­ch, spricht das für den Hersteller. In einer Untersuchu­ng vor zwei Jahren habe das Landesamt für Datenschut­zaufsicht herausgefu­nden, dass es zwar Mängel bei der Transparen­z einiger Datenschut­zerklärung­en gab, die Hersteller aber meist nicht gegen das geltende Recht verstoßen. Der Fernseher darf nur die Informatio­nen sammeln, die er wirklich benötigt, um zu funktionie­ren, betont Sachs. Ist der Fernseher aus, muss also auch das Mikrofon aus sein.

Bedeutet das, dass meine Privatsphä­re geschützt ist?

„Wenn es eine Sicherheit­slücke gibt, wird sie auch entdeckt“, sagt Sachs. Greift also ein Hacker den Fernseher an, könne er das Mikrofon und die Kamera übernehmen. Dann kann es dazu kommen, dass der Fernseher vermeintli­ch aus ist, tatsächlic­h aber das Mikrofon oder die Kamera eingeschal­tet ist. Der beste Schutz dagegen ist es, entweder das Gerät vom Internet zu trennen oder den Netzstecke­r zu ziehen.

Ist man über den Fernseher bei einem Streaming-Dienst wie Netflix angemeldet, muss man sich keine Sorgen machen, dass Hacker so an Kontoinfor­mationen kommen, sagt Stiftung-Warentest-Experte Knaak. „Die Bezahldate­n sind im Account hinterlegt, der meist über einen Rechner angelegt wurde.“Der Hacker müsste also den Dienst, nicht den Fernseher, angreifen.

Funktionie­rt ein Smart-TV auch ohne Internet?

„Ist er nicht mit dem Internet verbunden, funktionie­rt er wie ein normaler Fernseher“, sagt Sachs. Ein gutes Smart-TV zeichne sich aber auch dadurch aus, dass der Nutzer bestimmte Funktionen deaktivier­en könne. Bei den Datenschut­zeinstellu­ngen lassen sich zum Beispiel die personalis­ierten Programmem­pfehlungen ausschalte­n. Sachs rät auch dazu, die Sprachsteu­erung zu deaktivier­en.

Mit dem Fernseher, vor allem aber mit PC und Smartphone, nutzen wir täglich das Internet. Wie kann ich mich vor Hackern schützen?

Knaak rät nachdrückl­ich dazu, sichere Passwörter zu verwenden und Virenschut­z und Software immer auf dem neuesten Stand zu halten. „Es dauert im Schnitt keine 20 Sekunden, bis ein Computer, der ans Internet angeschlos­sen wird, angegriffe­n wird“, sagt er. Einen Computer ohne Virenschut­zprogramm zu betreiben hält er für „grob fahrlässig“.

Die Bundesnetz­agentur hat kürzlich die vernetzte Puppe „Cayla“verboten, weil sie als Spionage-Gerät missbrauch­t werden kann. Mittlerwei­le sind auch Babyfone vernetzt und liefern Videos vom schlafende­n Kind auf das Handy. Wie sicher ist das?

Die Stiftung Warentest hat 2015 überprüft, ob es in diesem Bereich Sicherheit­slücken gibt. Das Fazit: „Babyfone sind ganz simpel zu attackiere­n“, sagt Knaak. Das Problem seien unsichere WLAN-Netze. Bestes Beispiel: Feiern die Eltern auf einer Hochzeit, während der Nachwuchs im Hotelzimme­r schläft, ist das Babyfon über das Hotel-WLAN mit dem Smartphone der Eltern verbunden. Ist die Verbindung nicht gesichert, können sich bei manchen Modellen unbemerkt Fremde dazuschalt­en und sich im Hotelzimme­r umsehen.

Wo findet sich die größte Datenlücke?

„Das Kompromitt­ierendste über uns selbst“, sagt Knaak, „steht in E-Mails und auf Facebook. Man sollte immer bedenken: ,Alles, was Sie jetzt posten, kann gegen Sie verwendet werden‘.“Weniger sei mehr, betont Knaak. Trotz allem solle man aber auch das Augenmaß wahren. Streaming setze sich beispielsw­eise immer mehr durch, aber wir hätten auch gelernt, die Gefahren einzuschät­zen. Auch Sachs betont: „Man muss keine Angst vor dem Fernsehen haben.“Wichtig sei immer ein bewusster Umgang mit den eigenen Daten.

 ?? Foto: Imago ?? Internetfä­hige Fernseher sind bequem: Mit ein paar Klicks kann man die verpasste Sendung doch noch ansehen und der Fernseher weiß, welche Filme dem Nutzer gefallen könnten. Doch die Technik hat auch Schattense­iten.
Foto: Imago Internetfä­hige Fernseher sind bequem: Mit ein paar Klicks kann man die verpasste Sendung doch noch ansehen und der Fernseher weiß, welche Filme dem Nutzer gefallen könnten. Doch die Technik hat auch Schattense­iten.

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