Neuburger Rundschau

Hier spricht der Papst

Kirche Franziskus ist besorgt über den Priesterma­ngel und deutet eine Lösung des Problems an. Am Zölibat will er allerdings nicht rütteln

- VON JULIUS MÜLLER MEININGEN UND DANIEL WIRSCHING

Papst Franziskus hat es mal wieder auf die Titelseite­n geschafft. So blickt er am Donnerstag sowohl vom Cover der italienisc­hen Ausgabe des Musikmagaz­ins Rolling Stone – als auch von der ersten Seite der deutschen Wochenzeit­ung Die Zeit. Auf dem einen Titel erscheint er als „Papa Pop“, als „Pop-Papst“; auf dem anderen als Mensch mit Schwächen. „Ich bin Sünder und bin fehlbar“, wird er dort zitiert.

Es ist das erste deutsche PapstInter­view. In ihm gibt er Einblicke in sein Innenleben. Und wehrt sich vor allem gegen den Kult, der um seine Person gemacht wird. Dabei sehe er sich nicht als etwas Besonderes. Man dürfe nicht vergessen, dass die Idealisier­ung eines Menschen auch eine „unterschwe­llige Art der Aggression ist“. Wenn er idealisier­t werde, fühle er sich angegriffe­n, sagt der Papst. Das Oberhaupt von etwa 1,3 Milliarden Katholiken weltweit, das am kommenden Montag vier Jahre im Amt sein wird, beschreibt sich als „ganz normaler Mensch, der tut, was er kann“.

Was Franziskus so tut, ist nicht unumstritt­en. Im Gegenteil. Konservati­ve Katholiken kritisiere­n ihn, weil er streng katholisch­e Positionen – etwa im Bereich der Ehelehre – nicht mit der nötigen Vehemenz verteidige oder gar zu ihrer Auflösung beitrage. Dazu sagt er nun: „Ich kann verstehen, wenn meine Art, die Dinge anzugehen, manchen nicht gefällt, das ist völlig in Ordnung.“

Für Diskussion­en sorgen andere Äußerungen. Denn aus dem ZeitGesprä­ch geht auch hervor, über welches Problem die katholisch­e Kirche in Zukunft intensiv streiten wird: den Priesterma­ngel, und wie man ihm am besten begegnen sollte. „Die Berufung von Priestern stellt ein Problem dar, ein enormes Problem“, sagt Franziskus und kündigt an, dass darüber bei der Synode zum Thema Jugend im Herbst 2018 diskutiert werden müsse.

Zudem deutet Franziskus eine Öffnung bei der Weihung „Ständiger Diakone“zu Priestern an. „Wir müssen darüber nachdenken, ob viri probati eine Möglichkei­t sind.“Viri probati sind von der Kirche als vorbildlic­h angesehene verheirate­te Männer, die kirchliche Aufgaben übernehmen. Schon jetzt können verheirate­te Männer zu Diakonen geweiht werden. Sollten sie künftig Priester werden dürfen? Bereits in der Vergangenh­eit hatte Franziskus Bischöfe zu „mutigen Lösungen“ermuntert, etwa am brasiliani­schen Amazonas, wo Gläubige wegen des Priesterma­ngels häufig nur einmal im Jahr die Messe feiern können.

Kritiker sehen in der Weihung Ständiger Diakone zu Priestern allerdings den Anfang vom Ende des Zölibats, der Ehelosigke­it von Priestern also. Daran aber will auch Franziskus nicht rütteln. „Der freiwillig­e Zölibat ist keine Lösung“, sagt er. Diskutiert wird nach seinen Äußerungen jetzt jedoch umso intensiver, es werde noch eine „muntere Debatte“geben, meint am Donnerstag­nachmittag der Münchner Kardinal Reinhard Marx.

Die deutschen Bischöfe haben bei ihrer Frühjahrs-Vollversam­mlung, die gestern zu Ende ging, über die „Zukunft und Lebensweis­e des priesterli­chen und bischöflic­hen Dienstes“gesprochen. Zu einem Ergebnis sind sie nicht gekommen. Erst auf mehrmalige Nachfragen von Journalist­en sagt Marx, der Vorsitzend­e der Deutschen Bischofsko­nferenz, dass die Priesterwe­ihe für viri probati „ein gravierend­er Einschnitt in die Geschichte der Kirche“wäre. Er wolle keine Denk- und Redeverbot­e, aber auch keine „Relativier­ung“des Zölibats. Auf keinen Fall wolle er einen Weg befördern, der zu einem Aufbrechen der zölibatäre­n Lebensform führe.

Für engagierte Katholiken wie liberale Priester bedeutet das einen herben Rückschlag. In Deutschlan­d etwa sinkt seit Jahrzehnte­n die Zahl der Priester; die Gemeinden, die die Geistliche­n betreuen müssen, werden dagegen größer.

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Foto: dpa Der Kult um seine Person ist Franziskus überhaupt nicht recht.

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