Hier spricht der Papst
Kirche Franziskus ist besorgt über den Priestermangel und deutet eine Lösung des Problems an. Am Zölibat will er allerdings nicht rütteln
Papst Franziskus hat es mal wieder auf die Titelseiten geschafft. So blickt er am Donnerstag sowohl vom Cover der italienischen Ausgabe des Musikmagazins Rolling Stone – als auch von der ersten Seite der deutschen Wochenzeitung Die Zeit. Auf dem einen Titel erscheint er als „Papa Pop“, als „Pop-Papst“; auf dem anderen als Mensch mit Schwächen. „Ich bin Sünder und bin fehlbar“, wird er dort zitiert.
Es ist das erste deutsche PapstInterview. In ihm gibt er Einblicke in sein Innenleben. Und wehrt sich vor allem gegen den Kult, der um seine Person gemacht wird. Dabei sehe er sich nicht als etwas Besonderes. Man dürfe nicht vergessen, dass die Idealisierung eines Menschen auch eine „unterschwellige Art der Aggression ist“. Wenn er idealisiert werde, fühle er sich angegriffen, sagt der Papst. Das Oberhaupt von etwa 1,3 Milliarden Katholiken weltweit, das am kommenden Montag vier Jahre im Amt sein wird, beschreibt sich als „ganz normaler Mensch, der tut, was er kann“.
Was Franziskus so tut, ist nicht unumstritten. Im Gegenteil. Konservative Katholiken kritisieren ihn, weil er streng katholische Positionen – etwa im Bereich der Ehelehre – nicht mit der nötigen Vehemenz verteidige oder gar zu ihrer Auflösung beitrage. Dazu sagt er nun: „Ich kann verstehen, wenn meine Art, die Dinge anzugehen, manchen nicht gefällt, das ist völlig in Ordnung.“
Für Diskussionen sorgen andere Äußerungen. Denn aus dem ZeitGespräch geht auch hervor, über welches Problem die katholische Kirche in Zukunft intensiv streiten wird: den Priestermangel, und wie man ihm am besten begegnen sollte. „Die Berufung von Priestern stellt ein Problem dar, ein enormes Problem“, sagt Franziskus und kündigt an, dass darüber bei der Synode zum Thema Jugend im Herbst 2018 diskutiert werden müsse.
Zudem deutet Franziskus eine Öffnung bei der Weihung „Ständiger Diakone“zu Priestern an. „Wir müssen darüber nachdenken, ob viri probati eine Möglichkeit sind.“Viri probati sind von der Kirche als vorbildlich angesehene verheiratete Männer, die kirchliche Aufgaben übernehmen. Schon jetzt können verheiratete Männer zu Diakonen geweiht werden. Sollten sie künftig Priester werden dürfen? Bereits in der Vergangenheit hatte Franziskus Bischöfe zu „mutigen Lösungen“ermuntert, etwa am brasilianischen Amazonas, wo Gläubige wegen des Priestermangels häufig nur einmal im Jahr die Messe feiern können.
Kritiker sehen in der Weihung Ständiger Diakone zu Priestern allerdings den Anfang vom Ende des Zölibats, der Ehelosigkeit von Priestern also. Daran aber will auch Franziskus nicht rütteln. „Der freiwillige Zölibat ist keine Lösung“, sagt er. Diskutiert wird nach seinen Äußerungen jetzt jedoch umso intensiver, es werde noch eine „muntere Debatte“geben, meint am Donnerstagnachmittag der Münchner Kardinal Reinhard Marx.
Die deutschen Bischöfe haben bei ihrer Frühjahrs-Vollversammlung, die gestern zu Ende ging, über die „Zukunft und Lebensweise des priesterlichen und bischöflichen Dienstes“gesprochen. Zu einem Ergebnis sind sie nicht gekommen. Erst auf mehrmalige Nachfragen von Journalisten sagt Marx, der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, dass die Priesterweihe für viri probati „ein gravierender Einschnitt in die Geschichte der Kirche“wäre. Er wolle keine Denk- und Redeverbote, aber auch keine „Relativierung“des Zölibats. Auf keinen Fall wolle er einen Weg befördern, der zu einem Aufbrechen der zölibatären Lebensform führe.
Für engagierte Katholiken wie liberale Priester bedeutet das einen herben Rückschlag. In Deutschland etwa sinkt seit Jahrzehnten die Zahl der Priester; die Gemeinden, die die Geistlichen betreuen müssen, werden dagegen größer.