Neuburger Rundschau

California Dreaming

Calexit Warum immer mehr Kalifornie­r ihren Bundesstaa­t von den USA abspalten wollen

- VON THOMAS SEIBERT

In Kalifornie­n ist alles besser: das Wetter, der Wein, das Meer. Kalifornie­n hat Hollywood, Silicon Valley, mehr Milliardär­e als jeder andere US-Bundesstaa­t und wäre als unabhängig­er Staat die sechststär­kste Volkswirts­chaft der Welt. Und Kalifornie­n hat die Nase voll vom Rest der USA – jedenfalls, wenn man den diversen Gruppen glauben will, die eine Loslösung des Westküsten­staates vom Rest Amerikas befürworte­n. Der Brexit, aber mehr noch der Einzug des Rechtspopu­listen Donald Trump ins Weiße Haus befeuert die Sehnsucht dieser Menschen nach dem „Calexit“unter Palmen.

Kalifornie­n, so glauben die Separatist­en, ist das bessere Amerika. Die „National-Partei Kalifornie­n“(CNP) ist eine der Gruppen, die sich für die Unabhängig­keit des Staates mit seinen knapp 40 Millionen Einwohnern einsetzen. „Der Wahlsieg von Donald Trump hat Millionen von Kalifornie­rn klargemach­t, wie grundsätzl­ich wir uns in politische­r und sozialer Hinsicht von der großen Mehrheit der Amerikaner unterschei­den“, heißt es auf der Internetse­ite der Partei. Am Wochenende lädt die CNP zu ihrem Parteitag in Santa Monica ein, wo es um die Strategie gehen soll, die sich an den friedliche­n Separatist­en-Bewegungen in Schottland und Katalonien orientiert. Ein Drittel aller Kalifornie­r befürworte­t laut Meinungsum­fragen die Abspaltung. Längst keine Mehrheit, aber immerhin deutlich mehr als die 20 Prozent, die vor einem Jahr registrier­t wurden. Der Grund dafür hat einen Namen: Donald Trump. Bei der Präsidents­chaftswahl gingen alle Wahlmänner Kalifornie­ns an Trumps Rivalin Hillary Clinton – doch das nützte ihr am Ende nichts. Das Wahlmänner­system ist einer der Gründe für den kalifornis­chen Unmut. Obwohl Kalifornie­n so viele Einwohner hat, verfügt eine Handvoll konservati­ver Südstaaten über genauso viel Macht bei der Bestimmung des Präsidente­n. Auch der „Länderfina­nzausgleic­h“zwischen reichen und armen Bundesstaa­ten sorgt für Ärger. Als Wirtschaft­sgigant ist Kalifornie­n ein Nettozahle­r. Warum sollen kalifornis­che Steuergeld­er für den Bau von Trumps Mexiko-Mauer ausgegeben werden, fragt die CNP. „Yes California“ist eine weitere Gruppe, die eine Scheidung befürworte­t. Die Initiative will nächstes Jahr eine Volksabsti­mmung ansetzen. Zwar hat es schon viele Versuche gegeben, aus Kalifornie­n einen eigenen Staat zu machen. Und alle sind gescheiter­t. Anderersei­ts bröselt es auch an anderer Stelle: In Texas fordern konservati­ve Gruppen die Abspaltung, weil sie keine Homosexuel­len-Rechte akzeptiere­n wollen. Und auch im kleinen Bundesstaa­t Vermont im Nordosten Amerikas und auf Hawaii rumort es.

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