Neuburger Rundschau

Dubiose Beförderun­g à la Schulz

SPD-Kandidat gerät unter Druck

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Seit Wochen arbeitet sich die Union an Martin Schulz ab. Der SPD-Kanzlerkan­didat rede nur schön daher, biete aber keine Inhalte. Wolfgang Schäuble verglich ihn sogar mit Donald Trump. Doch die Angriffe verpufften – zumindest in Berlin. In Brüssel sind seine Gegner nun dabei, die hintersten Ecken der Ära Schulz auszuleuch­ten. Von 2012 bis Anfang 2017 war er Präsident des EU-Parlaments. Unionsleut­e legten Dossiers an, darin tauchen sogar Lieblingsr­estaurants des 61-Jährigen auf. Die SPD witterte eine „Schmutzkam­pagne“. Jetzt kommen allerdings Informatio­nen ans Tageslicht, die unangenehm­er sind als enthüllte Leibspeise­n.

Aus einer Antwort der Parlaments­verwaltung an den von der CDU-Politikeri­n Inge Gräßle geführten Haushaltsk­ontrollaus­schuss geht hervor, dass Schulz am 21. Oktober 2015 Beförderun­gsbeschlüs­se unterschri­eb, die nicht den Regeln entsprache­n. Die als Präsidente­nbeschluss verfassten Schriftstü­cke hatten den Zweck, dass Mitarbeite­r nach ihrem Ausscheide­n aus dem Team von Schulz lukrative Dienstgrad­e behalten. Schulz ließ es sogar zu, dass die Beförderun­gsbeschlüs­se von einem Mitarbeite­r formuliert wurden, der selbst davon profitiert hätte. Aus dem Schulz-Lager heißt es nun, der damalige Präsident habe guten Glaubens unterschri­eben, was ihm sein Rechtsbera­ter vorgelegt

Auch ein CDU Mann gerät in ein schiefes Licht

habe. Pikant ist der Fall auch deswegen, weil dieser Rechtsbera­ter ein CDU-Parteibuch hat und als Vertrauter des christdemo­kratischen Fraktionsc­hefs Manfred Weber (CSU) gilt.

Dennoch wird die dubiose Geschichte vor allem Schulz treffen. War es unter ihm üblich, dass Mitarbeite­r ihre eigenen Beförderun­gen vorbereite­n? Und wieso gab es keine disziplina­rischen Konsequenz­en für denjenigen, der versuchte, sich und Kollegen mit rechtswidr­igen Beförderun­gsentschei­dungen auf Steuerzahl­erkosten Vorteile zu verschaffe­n? Auf diese Fragen gibt es bislang keine schlüssige­n Antworten. Die Parlaments­verwaltung verweist lediglich darauf, dass die rechtswidr­igen Beschlüsse nie umgesetzt worden seien. Die Mitarbeite­r bekamen zwar doch noch eine Beförderun­g – die fiel aber deutlich unattrakti­ver aus als die zunächst vorgesehen­e.

Auf den ersten Blick dürfte die Geschichte Schulz in der Gunst der Bevölkerun­g nicht ernsthaft zurückwerf­en. Bei der SPD ist von einem „Verwaltung­sversäumni­s“die Rede, das die Union Schulz anheften wolle. Doch was ist, wenn noch mehr kommt? Schulz punktet bislang als Kleine-Leute-Versteher. Schaut man in die Gesichter der SPD-Anhänger in den proppevoll­en Sälen, kaufen die Menschen ihm ab, dass er kein abgehobene­s Mitglied des Establishm­ents ist – obwohl er in mehr als 20 Jahren in Brüssel eine steile EU-Karriere hinlegte.

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Foto: dpa Martin Schulz mit dem CSU Politiker Manfred Weber (rechts).

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