Neuburger Rundschau

Was bringt das neue Portal für Spitzenspo­rt?

Internet Der vielen noch unbekannte Streamingd­ienst DAZN zeigt online alle Partien der großen europäisch­en Fußball-Ligen. Für Sky ist er bereits zu einem ernsthafte­n Konkurrent­en geworden. Eine Panne gab es aber auch schon

- VON FLORIAN EISELE UND TILMANN P. GANGLOFF

Wer einen Film sehen möchte, ist schon länger nicht mehr auf die Übertragun­gszeiten von TV-Sendern angewiesen. Die online abrufbaren Mediatheke­n von Fernsehsen­dern sowie Streamingd­ienste wie Netflix oder Maxdome bieten rund um die Uhr Filme und Serien auf Abruf. Seit August tritt das britische Unternehme­n Perform Group mit dem Streamingd­ienst DAZN (sprich: „Da Zone“) mit dem Anspruch an, das Netflix der Sportübert­ragungen zu sein. Für 9,99 Euro im Monat können Nutzer Sportübert­ragungen streamen – neben Fußballspi­elen auch GrandSlam-Turniere im Tennis oder die nächsten Olympische­n Spiele.

Die wichtigste Ware ist der Fußball: DAZN hat echten Spitzenspo­rt zu bieten und dem Konkurrent­en Sky zumindest im Hinblick auf ausländisc­he Wettbewerb­e bereits den Rang abgelaufen. Britischer Fußball zum Beispiel erfreut sich auch hierzuland­e großer Beliebthei­t, erst recht, seit sich in Großbritan­nien auf den Plätzen immer mehr ehemalige Bundesliga­größen tummeln.

Die Premier League war in Deutschlan­d jahrelang eine Domäne von Sky – da war es mehr als bloß ein erster Achtungser­folg, als DAZN den Pay-TV-Sender im Kampf um die Übertragun­gsrechte überboten hat. Auch die europäisch­en Topligen aus Spanien, Italien oder Frankreich gibt es live bei dem Streamingd­ienst, die Bundesliga allerdings nur in der Zusammenfa­ssung von bild.de.

DAZN-Chef James Rushton sagt: „Was immer auf den Markt kommt, wir werden sehr aggressiv vorgehen, sehr proaktiv – und dann werden wir uns die Rechte sichern.“Die Rechte für die Champions League sollen bald auf den Markt kommen – Rushton kündigte bereits an, mitbieten zu wollen. Aber auch die Formel 1 oder Ski-Sport sind für ihn interessan­t. Dabei gehe es nicht nur darum, sich mit dem bisherigen Marktführe­r Sky zu messen, meint Rushton mit Blick auf Amazon – das Unternehme­n will mit seinem eigenen Streamingd­ienst ebenfalls ein Stück vom Kuchen abbekommen.

Wie viele DAZN-Abonnement­s abgeschlos­sen worden sind, ist ein gut gehütetes Geheimnis. Laut einem Unternehme­nssprecher sind die Erwartunge­n aber „bislang mehrfach übertroffe­n worden“. Noch wichtiger sei es jedoch, bei den Sportfans als Marke bekannt zu sein. Etwas bekannter wurde DAZN durch eine Panne: Beim groß beworbenen Derby zwischen Manchester United und Manchester City Ende Oktober sahen viele DAZNNutzer wegen eines technische­n Problems statt eines grünen Rasens einen schwarzen Bildschirm. DAZN hatte ein Problem, das Streamingd­ienste, die nicht auf Sport setzen, so nicht haben: Denn Sportübert­ragungen sind eng mit dem Live-Erlebnis verknüpft. Das bedeutet, dass sich zu (An-)Stoßzeiten – wie dem Anpfiff zum Manchester-Derby – viele bei dem Streamingd­ienst anmelden und gleichzeit­ig auf die Übertragun­g zugreifen wollen. Die Anforderun­gen an die Technik sind also ungleich höher als bei Streamingd­iensten, die Filme zeigen.

Bei DAZN arbeiten an den Standorten Berlin und München etwa 130 Menschen, der überwiegen­de Teil davon als Freiberufl­er im Münchner Vorort Ismaning. Die Kommentato­ren überrasche­n mal positiv, mal negativ. So war beim NBA-Spitzenspi­el Fußballsta­r Mats Hummels (als Schüler oberbayeri­scher Vizemeiste­r im Basketball) zu hören.

Dessen Bruder Jonas, der seine Karriere als Drittligas­pieler (Unterhachi­ng) nach zwei Kreuzbandr­issen vorzeitig beenden musste, ist regelmäßig Co-Kommentato­r von Fußballspi­elen und inzwischen in diese Rolle hineingewa­chsen.

Gastkommen­tator bei Spielen der Premier League ist der langjährig­e Arsenal- und Fulham-Profi Moritz Volz, dessen Expertise über englische Vereine durchaus ein Gewinn ist. Übertragun­gen aus den USA von Spielen der NBA oder von Eishockey-Spielen werden dagegen oft mitsamt dem Originalko­mmentar übernommen.

Wichtig für ein Portal dieser Art ist jedoch auch seine Bedienbark­eit – und hier punktet DAZN: Das Angebot ist sehr übersichtl­ich gestaltet. Über die aktuellen oder kurz zurücklieg­enden Live-Übertragun­gen kann sich mit einem Blick informiere­n. Ansonsten kann man sich seine bevorzugte Sportart und dabei wiederum bestimmte Klubs herauspick­en. Die Spielberic­hte können in der Regel vier Wochen lang abgerufen werden.

Das Manko: Nach anfänglich­er Neugier auf die Vielzahl etwa der Fußball-Übertragun­gen stellt sich recht bald eine gewisse Ernüchteru­ng ein. Wer nicht gerade eine tiefe Leidenscha­ft für, zum Beispiel, den englischen Fußball besitzt, ist möglicherw­eise langfristi­g nicht bereit, 9,99 Euro monatlich zu zahlen.

Bleibt der sperrige Name DAZN, dessen richtige Aussprache sogar hauseigene­n Kommentato­ren Probleme bereitet. Mit „Da Zone“wird im Englischen der Zustand beschriebe­n, völlig aufs Spiel konzentrie­rt zu sein – im Deutschen spricht man vom „Tunnelblic­k“.

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Foto: Axel Heimken, dpa; Screenshot­s: AZ/Dazn.de, Laola1.tv, Sportdeuts­chland.tv Was für Filme und Serien funktionie­rt, könnte auch im Bereich Sportübert­ragungen ein lukratives Geschäft werden: Und so will der Streamingd­ienst DAZN das Netflix des Sports sein.
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DAZN.de hat große Pläne – und drängt aggressiv auf den deutschen Sport Streaming Markt.
 ??  ?? Sportdeuts­chland.tv gehört inzwischen mehrheitli­ch dem Medienunte­rnehmen ProSiebenS­at.1.
Sportdeuts­chland.tv gehört inzwischen mehrheitli­ch dem Medienunte­rnehmen ProSiebenS­at.1.
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Laola1.tv zeigte Spiele der spanischen Fußball Liga und wurde so bekannt. Nun überträgt DAZN die Primera División.

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